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Durchhaltevermögen

Maisam Vatanpoor hat sich eine Karriere erarbeitet

Leutkirch / Lesedauer: 3 min

Mit 15 Jahren kam der Deutsch-Afghane alleine ins Allgäu und ist nun staatlich geprüfter Textiltechniker
Veröffentlicht:19.09.2019, 12:00

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Es klingt einfach, doch jahrelanges lernen, arbeiten, Ausbildung, Studium und viel Durchhaltevermögen liegen hinter ihm: Maisam Vatanpoor aus Afghanistan hat nach zwei Jahren an der Textil-Fachschule die Urkunde zum staatlich geprüften Textiltechniker in der Tasche. Zuvor hat er erfolgreich eine dreijährige Ausbildung bei der Gruschwitz Textilwerke AG zum Produktionsmechaniker Textil absolviert – eine positive und selbst erarbeitete Integration.

Der 30-Jährige fühlt sich in Leutkirch sehr wohl und zu Hause. Seit 2014 ist er mit Fariba verheiratet und hat zwei Söhne, den dreijährigen Ekram Saud und Baby Emran. Seit sieben Jahren arbeitet er nebenbei im Service beim Stadtwirt. Dadurch hat er viele Leutkircher kennengelernt. „Es macht mir Spaß und es ist ein guter Ausgleich zur Arbeit. Die Familie De Nard ist sehr aufgeschlossen und immer an meiner Seite gestanden“, betont Vatanpoor.

Als Schneider kam er ins Allgäu

Maisam Vatanpoor wurde 1989 in Herat geboren und wuchs dort auf. Nach der Schule lernte er das Schneiderhandwerk. Seine Mutter sowie Onkel und Tante hatten diesen Beruf, es sei etwas Sicheres und Selbstständiges gewesen. Die politische Lage im Land sei aber immer kritischer geworden. Und so habe er beschlossen, sich 2004 mit gerade mal 15 Jahren alleine nach Deutschland durchzuschlagen. Das Allgäu war ihm nicht ganz fremd, wohnten doch Verwandte und Bekannte aus seiner Heimat hier. Er reiste auf dem Landweg über Griechenland und Österreich ein. Zunächst wohnte er bei der Schwester in Kißlegg.

Die deutsche Sprache lernte Maisam Vatanpoor schnell, erst durch die Schule und dann durch die Arbeit in der Gastronomie. Zwei Jahre leitete er als Assistent Manager bei Burger-King ein Team von 20 Teilzeitkräften. Zwei Jahre lang war er bei Uniprint Knauer in Aichstetten, später in Leutkirch, wo er 2012 auch hinzog.

2014 bezeichnet Vatanpoor als ein Jahr der Entscheidung. Er hatte sich mit seiner zukünftigen Frau Fariba verlobt, wollte heiraten. Das hieß Verantwortung übernehmen, und so sei der Entschluss gereift, eine Berufsausbildung zu beginnen. „Ich wollte einen Beruf lernen, der mit Textilien zu tun hat. Bei der Firma Gruschwitz bekam ich die Chance, eine Ausbildung zum Produktmechaniker Textil zu machen“, erzählt er. Das seien drei schwierige Jahre gewesen, doch 2017 habe er den Abschluss in der Hand gehalten.

Unterstützung durch die Familie

Genug sei es ihm aber nicht gewesen. Um beruflich weiterzukommen, hat Vatanpoor im Herbst 2017 ein Studium bei der Fachschule in Münchberg begonnen. „Von Sonntag bis Freitag war ich in Oberfranken und kam oft nur am Wochenende heim, um meine Frau und meinen Sohn zu sehen“, berichtet er über weitere zwei harte Jahre: „Ohne die finanzielle Unterstützung meiner Familie hätte ich es nicht geschafft. Sie und meine Frau haben mich immer bestärkt, dass ich durchhalten konnte.“ Auch sein Vater wäre stolz auf ihn, doch er ist 2017 verstorben.

2015 erhielt Maisam Vatanpoor die deutsche Staatsbürgerschaft. Der Juli 2019 sei im Leben des jungen Mannes etwas Besonderes. Sein zweiter Sohn kam auf die Welt und er erhielt die Urkunde zum staatlich geprüften Textiltechniker. „Ich möchte das meinen Kindern mal sagen können und ihnen ein Vorbild sein“, erklärt er. Seit Anfang September arbeitet er wieder bei Gruschwitz in der Endkontrolle und Packerei.

In den 15 Jahren im Allgäu habe Maisam Vatanpoor viele positive Erfahrungen gemacht. Er lebe gerne hier. Er habe andere europäische Länder kennengelernt, doch er sei überzeugt: „Leutkirch ist etwas Besonders. Nirgends kann man so gut leben und wird akzeptiert wie hier. Auch für die Kinder ist es ein Paradies. Ich fühle mich wie ein richtiger Leutkircher.“ Beruflich habe er noch weitere Pläne.