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Im selbst gebauten Campingbus durch Asien

Leutkirch / Lesedauer: 4 min

Die Leutkircherin Teresa Dieckmann berichtet im Interview von spannenden und ernüchternden Erlebnissen
Veröffentlicht:27.02.2018, 17:59

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Mit einem selbstgebauten Campingbus ist die Leutkircherin Teresa Dieckmann – gemeinsam mit ihrem Freund Martin Zech – mehr als ein halbes Jahr lang durch Asien gereist. Zu den Zielen gehörten Russland, die Mongolei oder Kasachstan.

Sämtliche Erlebnisse hat das Paar in Videoaufnahmen festgehalten, die im Internet zu sehen sind. Im Interview mit der „ Schwäbischen Zeitung “ beantwortet die 26-jährige Medizin-Studentin Fragen von Redakteur Simon Nill.

Frau Dieckmann, welche Länder haben Sie in den vergangenen Monaten bereist?

Wir waren in Russland, der Mongolei, Kasachstan, Kirgistan, Georgien, Armenien und im Iran . Dann sind wir durch die Türkei und mit der Fähre über das Schwarze Meer in die Ukraine und über Polen zurück nach Deutschland gereist.

Was hat sie am Abenteuer gereizt?

Es hat mir immer großen Spaß gemacht, neues kennenzulernen, andere Kulturen und Landschaften zu entdecken und eigene Vorurteile zu hinterfragen. Außerdem wollte ich raus aus der eigenen Komfortzone und den eingefahrenen Mustern in Deutschland.

Sie reisen mit Ihrem Freund in einem Campingbus. Was daran ist selbstgebaut?

Alles. Dazu gehört ein Allrad-Umbau, eine Höherlegung, der Bau einer Kabine sowie deren Innenausbau mit Elektrik (Solaranlage) und Wassersystem – alles in Leichtbauweise, offroad-tauglich und vollkommen autark. Martin hatte an diesem Mitsubishi-L300-Bus also jede Schraube in der Hand.

Was gefällt Ihnen am sogenannten Vanlife?

Die Unabhängigkeit, das Leben in und mit der Natur und, dass man mit dem Bus sein Zuhause überall dabei hat. Außerdem der sehr befreiende materielle Minimalismus – man braucht zum Beispiel einfach keine zehn Hosen. Ebenso sind vier Liter zum Duschen völlig ausreichend. Gleichzeitig ist das „Vanlife“ auch oft anstrengend. Man schlägt sich mit Visa-Bürokratie-Angelegenheiten herum, muss jeden Abend einen Stellplatz und Wasser an Brunnen finden und sich in neuen Umgebungen zurechtfinden.

Können Sie sich ein solches Leben dauerhaft vorstellen?

Grundsätzlich ja. Wir werden auch weiterhin erst einmal gemeinsam im Bus wohnen bleiben. Zu zweit auf acht Quadratmetern zu leben, ist auch nicht immer einfach, obwohl es bei uns super geklappt hat. Eine gewisse Grundgelassenheit und Ehrlichkeit sind förderlich.

Was waren die interessantesten Erlebnisse und Begegnungen?

Die grenzenlose Weite der mongolischen Steppe. Das ist Freiheit pur. Eine Woche haben wir bei Nomaden in der Mongolei verbracht. Diesen anderen Lebensstil mitzuerleben, war sehr eindrücklich. In Erinnerung bleibt das Versagen unseres Navis bei schwindendem Wasservorrat mit einer Fahrzeugpanne mitten in der Wüste Gobi. Da war Erfindungsreichtum und innere Ruhe gefragt. Beeindruckend waren auch die Dimensionen in Russland . Einmal sagte das Navi: „In 927 Kilometern rechts abbiegen.“ Ein ganz besonderes Erlebnis war das orientalische Leben und die Mentalität im Iran. Es war spannend, dort die Rolle der Frau und die vielen religiös bedingten Einschränkungen mitzuerleben.

Was hat Sie überrascht?

Die grenzenlose Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft im Iran. Noch nie haben wir so eine herzliche Mentalität erlebt. Wir wurden fast täglich zum Tee oder Essen eingeladen. Auf dem Markt wurden wir beschenkt, genauso in Bäckereien und beim Autoreparieren. Das im Westen aufgebaute Bild des Irans ist leider ein anderes, geprägt von Misstrauen und Ablehnung.

Was hat Sie enttäuscht?

Wie rücksichtslos Menschen mit der Natur umgehen. Müll scheint ein riesiges Problem zu sein. Egal ob an den Supermarktkassen, in der Steppe oder am Meer: Plastik ohne Ende. Außerdem war der Smog in größeren Städten immens, sodass sich der Horizont im gelben Dunst verlor. Auch Korruption ist in vielen Ländern noch sehr präsent.

Sie haben mit Ihrem Freund Material für eine Dokumentation gedreht. Was ist der Reiz daran?

Wir haben so viele spannende, ernüchternde und schöne Dinge erlebt. Die wollen wir mit interessierten Menschen teilen. Und außerdem die Angst vor der Fremde nehmen. Es ist einfacher als man oft denkt, aufzubrechen und ein Abenteuer zu wagen. Der Rest ergibt sich unterwegs und geholfen wird einem überall.

Wie wird die Reise finanziert?

Durch Ersparnisse und einen sparsamen Lebensstil. Viele – vor allem junge Leute – glauben, sich eine solche Reise nicht leisten zu können. Dabei gibt man unterwegs oft weniger Geld aus, als man dies in Deutschland tun würde.

Weitere Informationen gibt’s unter www.herrlehmanns-weltreise.de und auf Youtube (Mr Pink goes Asia).