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Notfallpraxis

HNO-Notdienst im Allgäu wird eingestellt

Leutkirch / Lesedauer: 3 min

Zum 1. Oktober streicht die KV Baden-Württemberg den fachärztlichen Dienst endgültig
Veröffentlicht:18.09.2014, 16:13

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Zum 1. Oktober ist der HNO-Notdienst im Württembergischen Allgäu Geschichte. Insbesondere an Wochenenden werden künftig Patienten mit Hals-, Nasen- oder Ohrenleiden über die Notfallpraxis am Krankenhaus Wagen betreut. Da dort jedoch keine HNO-Abteilung existiert, kann dies bedeuten, dass Patienten im akuten Notfall an die Unikliniken Ulm oder Tübingen gebracht werden.

Dies sei bei heiklen Fällen bisher auch schon so, bestätigt Kai Sonntag, Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württembergs (KV). Ebenfalls bestätigt er, dass der HNO-Bereitschaftsdienst – zumindest im württembergischen Bereich des Allgäus – endgültig aufgegeben wird. Umfassende Reformen im Ländle hätten dazu geführt, fachärztlichen Dienste auf den Prüfstand zu stellen. „Nach den gesetzlichen Bestimmungen sind wir nur verpflichtet, einen allgemeinärztlichen Notdienst anzubieten“, sagt Sonntag. Um die Attraktivität des Arztberufs auch auf dem Land zu erhalten, werde der Notdienst auf mehrere Schultern verteilt. Auch alle Fachärzte seien verpflichtet, am allgemeinärtzlichen Notdienst in den Notfallpraxen, die ausschließlich an Krankenhäuser angesiedelt sind, teilzunehmen. Flächendeckend würden künftig lediglich augenärztliche und kinderärztliche Dienste angeboten. Vorausgesetzt, es gibt genügend Ärzte dieser Fachrichtungen in der Region.

Im württembergischen Allgäu und in Oberschwaben seien letztlich keine HNO-Notdienste mehr möglich, weil weder am Krankenhaus Wangen , noch am Elisabethenkrankenhaus in Ravensburg eigene HNO-Abteilung existierten. Niedergelassene HNO-Ärzte halten in diesen Häusern zwar Betten vor. Diese Ärzte seien aber nicht verpflichtet, für alle Patienten aus der Region einen Notdienst zu organisieren, sondern lediglich für die eigenen. Eine länderübergreifende Zusammenarbeit könne sich die KV zwar vorstellen, so Sonntag weiter, jedoch nur, „wenn es die Rahmenbedingungen zulassen“. Außerdem müsse dies erst noch geprüft werden. Will heißen: es dauert.

Ärzte sorgen sich um Patienten

Um die Notfallversorgung ihrer Patienten im Bereich Leutkirch, Isny und Wangen sorgen sich derweil der Leutkircher HNO-Arzt Martin Krause sowie sein Isnyer Kollege Eckhard Morgen . „Zusammen mit den Kollegen im bayerischen Allgäu decken wir bisher die Bereiche Leutkirch, Isny, Wangen, Immenstadt, Kempten, Lindau, Lindenberg und Sonthofen ab“, erläutert Krause. Patienten mit Tumorblutungen im Mund- oder Halsbereich, mit Abszessen und Atemstörungen sowie mit Hörstürzen landeten in Zukunft in der Notfallpraxis Wangen. Sollte dort nicht zufällig ein HNO-Arzt den allgemeinärztlichen Dienst verrichten, seien Fahrten bis in die Uniklinik Ulm nötig, bis der erste Facharzt erreichbar ist. „Das ist unangenehm und die Situation könnte sich zuspitzen“, sagt der Leutkircher. Außerdem könne es auch zu falschen Diagnosen kommen, weil kein entsprechender HNO-Facharzt hinzugezogen werden kann.

Auch der Isnyer Morgen sieht das Risiko für die Patienten, weist aber zusätzlich auf „hohe Kosten“ hin, die durch Fahrten in die Uniklinik entstünden. Und, ans Klinikum Kempten zu gehen, sei auch nicht so einfach möglich. Auch dort gebe es nur HNO-Belegärzte, die nicht verpflichtet sind, einen 24-Stunden-Notdienst aufrecht zu erhalten – ähnlich wie in Wangen und Ravensburg. Die Intention der KV, die Belastung durch die Notdienste für die Ärzte niedrig zu halten, ist Morgen einsichtig. Schließlich sei es immer schwieriger, Nachwuchs für die Landpraxen zu finden. Überhaupt nicht einsichtig ist dem Isnyer dagegen die Tatsache, dass ein über Landesgrenzen hinweg funktionierender gebietsärztlicher Dienst einfach abgeschafft wird.

Jürgen Nagel, Obmann der bisherigen HNO-Notdienstgruppe Allgäu, stuft den „Verlust“ der vier Kollegen aus Württemberg gar als dramatisch ein. Zwar werde die Gruppe aus dann noch elf HNOs den Dienst für dieses Jahr aufrecht erhalten. Zum 1. Januar kommenden Jahres sei es jedoch durchaus möglich, dass sich die Gruppe komplett auflöst. Dann wäre auch der HNO-Notdienst im Ober-, West- und dem Württembergischen Allgäu sowie im Bereich Lindau Geschichte.