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Center Parcs

Gemeinderat wollte statt Center Parcs ein Sägewerk

Leutkirch / Lesedauer: 4 min

Vor dem Ja zu Center Parcs tobte in Leutkirch der Streit um das geplante Großsägewerk
Veröffentlicht:11.08.2017, 16:43

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Sommerpause, Handwerkerferien im großen Stil, alles Fehlanzeige. Die Arbeiten im Urlauer Tann für den Park Allgäu des Ferienkonzerns Center Parcs laufen. Der Zeitplan ist straff. Wäre es einzig nach dem Leutkircher Gemeinderat gegangen, stünde dort heute aber ein Großsägewerk. Die Diskussion um die Verwendung des Areals hat vor knapp zehn Jahren auch die Leutkircher Kommunalpolitik stark beeinflusst.

Am 27. September 2009 machte ein Bürgerentscheid den Weg für den Ferienpark frei. Damals stimmten, bei einer Wahlbeteiligung von 73,5 Prozent, 11 610 Leutkircherinnen und Leutkirch für dieses Projekt. Das entsprach einer Zustimmung von 95,1 Prozent, und Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle war baff. „An ein solches Ergebnis habe ich nicht mal im Traum gedacht“, sagte er nach dieser Entscheidung im zweiten Bürgerentscheid innerhalb von 20 Monaten. Schon am 13. Januar 2008 war die Bürgerschaft zu den Urnen gerufen worden. Da ging es um ein von der Firma Klenk auf rund 90 Hektar Fläche geplantes Großsägewerk samt Holzkompetenzzentrum. Ohne Gegenstimme hatte während der Beratungen zuvor der Gemeinderat dieses Projekt gutgeheißen. Doch es gab Widerstände und massiven Protest.

Schon 2005 war eine Interessengemeinschaft „Hart an der Grenze“ gegründet worden, aus der die „Aktion Bürgerentscheid Leutkirch“ (Abel) hervorging. Das Ziel war klar umschrieben. Kein Sägewerk. Hubert Moosmayer , später Chef der sechs Köpfe starken Abel-Gemeinderatsfraktion, die fünf Jahre lang im Kommunalparlament mitwirkte, hält sich und den Mitstreitern auch im Sommer 2017 eines zugute: „Letztlich haben wir das Sägewerk verhindert.“ Die geplante Ansiedlung wurde trotz des bereits unter dem damaligen Oberbürgermeister Elmar Stegmann eingeleiteten beschleunigten Genehmigungsverfahrens zunächst verzögert. Es folgte die Finanzkrise, damit geriet auch der Klenk-Konzern in eine Schieflage. Vor allem der US-Markt brach zusammen, auch in Urlau gefälltes oder gesägtes Holz war dafür bestimmt. Im Januar 2013, fünf Jahre nach dem ersten Bürgerentscheid pro Klenk, rang zwar auch noch Center Parcs um die Finanzierung der Urlaubslandschaft. Doch Klaus Wellmann von Abel hielt damals fest: „Wir hätten heute im Urlauer Tann eine Industrieruine stehen.“

Vor dem ersten Bürgerentscheid aber machten sich die Gegner nicht beliebt mit ihrem Protest. Auch neun Jahre später spricht Moosmayer davon, dass Gräben aufgerissen worden seien, „das war alles wahnsinnig emotional“. Die Klenk-Befürworter argumentierten vor allem damit, der Großsäger werde Arbeitsplätze schaffen. Die Gegner wiesen auf die Gefahren für die vielen kleinen Betriebe in der Region hin, auf den Raubbau an der Natur und auf die starke Belastung durch den Holztransport. Knapp 40 Prozent der Bürgerschaft, die abstimmte, folgten dieser Argumentation. Die Konsequenz daraus war dann auch das starke Abschneiden der Wählervereinigung Abel bei den Kommunalwahlen 2009.

Hubert Moosmayer, im Hauptberuf Förster, kennt sich zwar aus im Wald. Aber er gibt zu, dass der Einstieg in die Politik Überwindung gekostet habe. „Wir waren ja letztlich ein bunt zusammen gewürfelter Haufen und unerfahren.“ Zur Kommunalwahl 2014 trat Abel nicht mehr an. Zusammen mit der Leutkircher Liste entstand das neue Bündnis Bürgerforum, das im aktuellen Gemeinderat mit sechs Sitzen vertreten ist.

Die große Zustimmung zum Ferienpark beim zweiten Bürgerentscheid hat die Diskussionen in den vergangenen Jahren beruhigt und versachlicht. Vorübergehend herrschte zwar auch Ruhe, bis der Konzern das Geld für die 350-Millionen-Euro-Investition zusammen hatte. Jetzt aber werden im Urlauer Tann Fakten geschaffen, um nach dem Endausbau Platz für bis zu 5000 Touristen zu schaffen. „Der Park wird Leutkirch und das Allgäu verändern“, da ist sich Moosmayer sicher. Aber trotz der auch mit dem Bau des Parks verbundenen Eingriffe in den Wald schwingt bei seinem Rückblick Erleichterung darüber mit, dass das Großsägewerk nicht gekommen ist. Bis zu 1,3 Millionen Festmeter Holz sollten dort jährlich gesägt werden.

„Zukunft statt Holzweg – Für ein l(i)ebenswertes Leutkirch“ hatte Abel als Programm ausgegeben. Beim Bürgerentscheid zu Klenk fanden vor allem die Herlazhofener und Winterstettener das einleuchtend – in direkter Nachbarschaft zum Urlauer Tann. Die größten Befürworter des Sägewerks fanden sich in Willerazhofen und Reichenhofen.