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Partnerschaftsverein

Für Europa und gegen die Scharfmacher

Leutkirch / Lesedauer: 3 min

Die Vorsitzenden der Partnerschaftsvereine über den engen Kontakt zwischen Leutkirch und Südfrankreich
Veröffentlicht:16.07.2018, 19:00

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„Wenn die Menschen einmal Leutkirch und diese große Gastfreundschaft erlebt haben, dann sind sie total begeistert und kommen gerne wieder.“ Jean-Pierre Calas, der Vorsitzende des Partnerschaftsvereins aus den südfranzösischen Kommunen Bédarieux, Hérépian und Lamalou , sagt diesen Satz. Seit 2009 ist er Vorsitzender des Komitees für die drei Gemeinden. Er macht das gerne.

Zum Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“ erscheint er in Begleitung von Susanne Joser-Schmidt, der Vorsitzenden des Leutkircher Partnervereins. Die beiden nehmen sich für ein Foto auf dem Balkon der Geschäftsstelle in die Arme, im Hintergrund flattern die Fahnen für Europa , Frankreich, Italien und Deutschland. „Wir müssen immer offen sein für unsere Nachbarländer“, betont Susanne Joser-Schmidt.

Wichtiger Schüleraustausch

Die Bande zwischen Leutkirch und Südfrankreich sind in diesen Tagen des Kinderfestes besonders präsent, offiziell befinden sich 117 Gäste aus Südfrankreich in der Stadt. Auch viele Jugendliche. „Im Bus, in dem ich saß, waren 60 Prozent junge Leute“, berichtet Calas. Als den Motor, der solches Interesse am Allgäu ausgelöst hat, sieht er wie Susanne Joser-Schmidt den Schüleraustausch: „Da entstehen neue Beziehungen und Kontakte“, sagt die Französisch-Lehrerin vom Hans-Multscher-Gymnasium, die als entscheidenden Schlüssel für die Völkerverständigung die Sprache sieht.

Jean-Pierre Calas ist 2001 mit dem Chor aus Bédarieux zum ersten Mal nach Leutkirch gekommen. Er gibt zu, dass es in seiner Heimat durchaus schon schwierig gewesen sei, Menschen für diese Partnerschaft zu motivieren. Wegen sprachlicher Hindernisse, auch wegen der langen Distanz. „Doch es ist uns gelungen, neue Begeisterung über die Vereine zu wecken.“ Die Folge: Auch die Gemeinden bringen sich wieder verstärkt in die Pflege dieser Jumelage ein. So gehört in diesem Jahr auch der Bürgermeister aus der Partnergemeinde Lamalou zur Gästeschar. Dort verfolgte er am Sonntag wie Calas auf dem Marktplatz das WM-Endspiel zwischen Frankreich und Kroatien, und Calas ist neben der Freude über den französischen Sieg in Erinnerung geblieben, dass er danach auch von den am Nachbartisch sitzenden kroatischen Anhängern in den Arm genommen wurde.

Calas schätzt an Susanne Joser-Schmidt, dass diese und viele andere Mitglieder des Partnerschaftsverein so „aktiv und lebendig“ diese Freundschaft hochhalten. Längst existieren feste Beziehungen zwischen beteiligten Familien. Calas räumt aber ein, dass in Frankreich die Vorbehalte gegenüber den Deutschen noch längst nicht ausgeräumt sind. In diesem Jahr, am 11. November, wird im Nachbarland bei vielen Gedenkveranstaltungen an das Ende des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren erinnert. „Dieses Datum ist in Frankreich viel präsenter als bei uns“, erläutert Susanne Joser-Schmidt. Deswegen sei ihr ein großes Anliegen, im Französisch-Unterricht neben der Sprache auch Verständnis für die Nachbarn zu fördern. „Wer in der Oberstufe vier Stunden Französisch belegt hat, der wird damit konfrontiert.“

Dazu gehört dann auch die Textanalyse der Marseillaise, der französischen Nationalhymne, entstanden im April 1792 . Mit Inbrunst haben am Sonntag auch die vielen jungen Franzosen diese gesungen. „Ihnen ist gar nicht so bewusst, dass es sich dabei um eine Kriegshymne handelt. Um eine blutrünstige“, meint die Deutsche. Der Franzose gibt zu verstehen, dass er Distanz zu dem Text aufgebaut hat.

„Wir dürfen diese Themen nicht ausblenden“, sagt Susanne Joser-Schmidt. Wichtiger ist ihr ein anderer Appell: „Wir alle müssen Europa stärken und müssen uns gegen Scharfmacherei stemmen.“ Auch der nge Zusammenhalt mit den Freunden aus Castiglione zählt natürlich darunter.