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Erkenntnisgewinn

Esprit, Humor und heiterer Erkenntnisgewinn: Multitalent Manfred Lütz beim Talk im Bock

Leutkirch / Lesedauer: 3 min

Manfred Lütz, Mediziner, Theologe und Erfolgsautor zu Gast beim 204. Talk im Bock
Veröffentlicht:20.11.2019, 14:11

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Glücklich, wer diesen Abend miterlebt hat! Einen Talk-Abend voller Temperament und Esprit, Humor und heiterem Erkenntnisgewinn – rund ums Thema Glück. „Wie Sie unvermeidlich glücklich werden“: Es war ein offensichtlich verlockendes Motto für den 204. Talk im Bock am Dienstagabend in der Leutkircher Festhalle. So mancher der annähernd 500 Besucher, zum Teil von weit her angereist, fand nur mehr einen Stehplatz. Dem Vergnügen am Dialog von Moderator Joachim Rogosch mit seinem Gast Manfred Lütz dürfte das kaum Abbruch getan haben.

Manfred Lütz – ein Multitalent, das staunen macht: Chefarzt, Psychotherapeut, Theologe, Berater in Gremien des Vatikans, Bestseller-Autor, Kabarettist – und, wie am Dienstag auch im Allgäu zu erleben, geistreicher und unterhaltsamer Talk-Gast. Rheinländer zudem und mit einem derart flotten Sprachrhythmus gesegnet, dass ihn das hiesige Publikum schon mal mit einem „langsam!“-Zuruf zu bremsen versucht. Was nur bedingt funktioniert. Der Mann mit dem gepflegten Vollbart, in hellbraunen Cord-Jeans, gestreifter Krawatte und Jackett, er hat einfach zu viel zu sagen. Ob Lebensfreud’ und Lebensleid, ob kirchliches Versagen oder christliche Grundwerte: Lütz nimmt Stellung, Lütz schreibt – gern gegen den Strich, Lütz hält den Spiegel vor.

Auch und gerade der katholischen Kirche . Der hat er als 14-Jähriger den Rücken gekehrt, um sich später nur umso vehementer für sie einzusetzen. Intensive Auseinandersetzung mit dem Thema bringt ihn zur Feststellung: „Christen schämen sich sicherheitshalber für die Geschichte der Kirche – ohne sie zu kennen.“ Dabei seien Werte wie Toleranz oder Mitmenschlichkeit zutiefst mit dem Christentum verbunden. Aufklären will er deshalb, informieren – und scheut dabei auch nicht die Auseinandersetzung mit Andersdenkenden: „Ich rede lieber mit 1000 Atheisten über den lieben Gott, als fromme Menschen frömmer zu machen.“

Natürlich muss einer, der sich für die katholische Kirche stark macht, auch zum Thema Missbrauch Stellung beziehen. Schon 2003 hat er dazu einen Kongress im Vatikan organisiert, heute sagt er klar und deutlich: „Der Missbrauch durch Priester und Ordensleute ist schlimmer als jeder andere Missbrauch, weil die Betroffenen nicht nur Vertrauen in Menschen verlieren, sondern oft auch in Gott.“ Dennoch: Die neue Studie der Bischofskonferenz hat ihn „entsetzt und enttäuscht“, weil sie „nicht in der Lage ist, wissenschaftliche Texte richtig auszuwerten“. Auch die Entschädigung der Opfer sieht er kritisch: „Wirkliche Opfer fühlen sich mit 5000 Euro nicht ernst genommen.“ Andererseits dürften 300 000 Euro nicht ohne Plausibilitätsprüfung ausgegeben werden: „Das ist Veruntreuung von kirchlichen Geldern.“

Trotz aller nachdenklichen Töne: Es ist das Thema Glück, auf das Moderator Joachim Rogosch immer wieder zurückkommt. Schließlich ist Manfred Lütz Psychotherapeut von Beruf, schließlich hat er auch einen Glücksratgeber geschrieben. Nein, korrigiert der Autor, dies sei ein „Anti-Ratgeber“. Ein Aufklärungsbuch gewissermaßen, das ermutigen will, das eigene Leben selbst in die Hand zu nehmen. „Die Gesellschaft wird unglücklicher durch Glücksratgeber“, ruft er in den Saal. Denn die forderten, das Leben aus der Hand zu geben. Was er selbst macht, um glücklich zu sein? „Einfach lecker essen gehen“, sagt der 65-Jährige.

Das mag für den Augenblick gut tun, ein wenig Hilfe von oben nimmt Manfred Lütz aber schon auch in Anspruch: die Beichte. Die, sagt er, sei hilfreicher als jede Psychotherapie, weil sie nicht manipuliere, sondern entlaste. „Wir brauchen die Gnade Gottes und die Beichte, um Schuld, von der wir uns nicht befreien können, loszuwerden.“ Für den Mediziner, Psychiater, Theologen und Buchautor ein vielversprechender Weg zum Glück.