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Zuschusskürzung

Locherer: Kommunen fehlen 3,3 Millionen

Kißlegg / Lesedauer: 4 min

Vorwurf: Land lässt Gemeinden beim Bahn-Ausbau im Stich – Grüne kontern
Veröffentlicht:30.01.2015, 20:55

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Durch Zuschusskürzungen des Landes müssen die Städte und Gemeinden des Württembergischen Allgäu rund 3,3 Millionen mehr als geplant aus eigener Tasche für Bauprojekte im Zuge der Elektrifizierung der Allgäubahn zahlen. Diese Zahl nannte CDU-Landtagsabgeordneter Paul Locherer am Donnerstagabend bei einer verkehrspolitischen Diskussion in Kißlegg. Über die Ursachen der Mehrkosten gab es einen zum Teil heftigen Disput zwischen CDU und Grünen.

Die Zielrichtung des von den CDU-Verbänden Kißlegg und Leutkirch im Gasthaus Ochsen organisierten Veranstaltung war klar: Es kamen Zahlen auf den Tisch, die belegen sollen, die aktuelle Landesregierung lasse die Städte und Gemeinden zwischen Aitrach und Wangen finanziell im Regen stehen. So sagte Paul Locherer: „Wir befinden uns auf der Ziellinie, aber der Ärger ist riesengroß.“

Nur noch 50 Prozent Zuschuss

Konkret gemeint ist die Anfang 2014 in Kraft getretene Kürzung der Fördermittel des Landesverkehrsfinanzierungsgesetzes. So erhalten die Städte und Gemeinden nicht mehr einen Zuschuss von 75, sondern nur noch von 50 Prozent, wenn sie etwa Bahnübergänge beseitigen lassen, damit die Schienenstrecke zwischen München und Zürich zu einer Hauptverkehrsachse wird. Die Folgen schilderten aus ihrer Sicht Aitrachs Bürgermeister Thomas Kellenberger und Robert Rühfel vom Tiefbauamt der Stadt Leutkirch (siehe Texte unten). Und Locherers CDU-Landtagskollege Rudolf Köberle pflichtete bei: „Jetzt diskutieren wir über die Folgen, und es wird schwierig.

Es wehte also ein Hauch von Vorwahlkampf an diesem Abend durch den Ochsen, auch als Siegfried Spangenberg (Grüne) die Landesregierung verteidigte. Die Mittelkürzungen begründete er mit den Fehlern früherer CDU-Regierungen: „Wir haben bei den Versprechungen abgespeckt, weil sie unfinanzierbar waren.“

Mit Kißleggs Bürgermeister Dieter Krattenmacher übernahm ein CDU-Vertreter die Rolle des Vertreters der Kommunen. Er sagte: „Wir Gemeinden haben den Spielregeln vertraut und stellen jetzt fest, dass unser Partner, das Land, seine Versprechungen nicht einhält.“

Ungeachtet der Zuschussfrage pochte Krattenmacher neuerlich aufs Tempo beim Ausbau der Allgäubahn. Dazu hat Deutschland bis 2021 Zeit. Ansonsten verfällt der Staatsvertrag, und damit wären auch die geplanten Lärmschutzmaßnahmen hinfällig.

Krattenmacher drängt auf Tempo

Wie wichtig diese seien, erläuterte Krattenmacher anhand von Prognosen der Bahn. In einigen Jahren rollten 14 bis 17 Güterzüge auf der Strecke, unabhängig davon ob die Allgäubahn elektrifiziert wird. Krattenmacher: „Wenn der Staatsvertrag platzt, dann kommen die Züge trotzdem, aber wir haben ein Lärmschutzrecht aus Kaisers Zeiten.“

Voraussetzung dafür, dass der Bahnausbau innerhalb des im Staatsvertrag vorgegebenen Zeitrahmens kommt, sei die Einigung zwischen Baden-Württemberg und Bayern bei der Frage, welche Züge fahren. „Wenn wir das in den nächsten Monaten nicht hinbekommen, dann wird es schwierig.“

Offen ist laut Krattenmacher ein weiterer Punkt, der in den Rathäusern des Württembergischen Allgäu immer wieder debattiert wird: In welchen Orten hält der Fernverkehr? Und wer hat damit den Bahndirekt-Anschluss an die weite Eisenbahn-Welt? „Darauf gibt es keine seriöse Antwort“, erklärte er. Wohl aber sei die Chance gegeben, dass die Region im Zwei-Stunden-Takt an den Fernverkehr angeschlossen werde.

Aitrach trägt besondere Last

Aitrachs Bürgermeister Thomas Kellenberger rechnete die Kostensteigerungen vor, die sich bei der Allgäubahn seit 1999 für die Gemeinde ergeben hätten. Seinerzeit war man von einem Gemeindeanteil von 600 000 D-Mark ausgegangen. Dieser hätte sich bei einem seinerzeitigen Zuschusssatz von 80 Prozent auf 120 000 Mark reduziert. 2013 habe die Kostenaufstellung der Bahn einen Aitracher Anteil von 800 000 Euro ergeben, heute liege er bei 1,6 Millionen – ungeachtet des in der Zwischenzeit auf 50 Prozent gesunkenen Zuschusssatzes. Der letztlich an der Gemeinde tatsächlich hängen bleibende Betrag liege bei einer Summe, die den Investitionen Aitrachs von drei bis vier Jahren zusammengenommen entspreche. Kellenberger schließt daraus: „Wir müssen der Bahn klar sagen: Wenn wir keine weitere Förderung bekommen, dann kann ich das nicht unterzeichnen.“ Aitrach muss mit neun die meisten Bahnübergänge in der Region beseitigen.

Die Kosten in Leutkirch steigen

Seit 2009 arbeitet die Stadt Leutkirch am Programm zur Bahnhofsmodernisierung. Dabei geht es um den Umbau der Bahnsteige und den behindertengerechten Ausbau. Robert Rühfel schilderte in Kißlegg die Kostenentwicklung seither. 2009 lag man bei 1,22 Millionen Euro Gesamtkosten, 2012 bei 2,93 Millionen. Im Juni 2014 ergaben Schätzungen 4,2 Millionen Euro – bei einem städtischen Anteil von 1,6 Millionen.

Beschlüsse und planerische Vorleistungen seien „im Vertrauen“ auf konstante Landeszuschuss-Sätze gefasst worden. Die Verteilung der Lasten liegen laut Rüphel zu 75 Prozent beim Land, den Rest muss die Kommune tragen.

„Im Juni 2014 kam aber die Wende“, erklärte er. Seither sage das Land: Die Risiken weiterer Kostensteigerungen trügen fortan die Kommunen. Rüphel sagte, die Stadt Leutkirch wolle eigentlich bis 2017 fertig sein. Dieser Plan sei nicht mehr haltbar. „Die Realisierung des Projekts muss noch einmal überdacht werden.“