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Hobbyrennstrecke: Anwohner fordern Maßnahmen gegen Raser

Kißlegg / Lesedauer: 5 min

Warum auf einer Strecke zwischen Kißlegg und Wangen oft zu schnell gefahren wird – Was dagegen getan werden soll
Veröffentlicht:20.10.2019, 18:00

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Griffige Kurven, weite Felder und Wiesen, wenig Verkehr. Zwar fehlen die echten Berge, trotzdem herrscht hier für Motorradfahrer 40 Kilometer lang das pure Glück. Die zweitschönste Motorradtour durch das Allgäu führt von Wangen durch Kißlegg bis nach Aichstetten, zumindest wenn man einem Onlineportal für Motorradfans Glauben schenkt.

Wen das überhaupt nicht freut, sind die Anwohner des Kißlegger Teilorts Schurtannen, die ihre Häuser direkt an den Kreisstraßen K8008 und K8007 haben – einem Teil dieser Strecke. Auf Initiative der Bürger haben sich der baden-württembergische CDU-Landtagsabgeordnete Raimund Haser und Bürgermeister Dieter Krattenmacher deshalb am Freitag ein Bild von der Situation gemacht.

Die Stimmung ist aufgeheizt in Schurtannen: Rund 40 Menschen sind gekommen, Anwohner aber auch Mitglieder der Motorradclubs Kißlegg und Argenbühl. Sie wollen reden über die Probleme die an den beiden Kreisstraßen herrschen: die zunehmende Raserei, die dadurch sinkende Verkehrssicherheit, die steigende Lärmbelästigung. Elf Kilometer komme auf der Strecke kein Kreisel, keine Ortschaft, kein Hindernis, sagt Mario Kohler , der das Treffen mit initiiert hat. „Bestens geeignet für Raser.“ Nicht nur auf dem Motorrad, sondern auch immer häufiger im Porsche, Ferrari oder Maserati.

Gefahr für Schulkinder

Besonders gefährdet sind die Kinder, sagt Kohler. Denn: Ein Schulbus hält an der Straße, um nach Hause zu kommen müssen vieler der Schüler die Straße überqueren. „Ich hab da jedes mal einen Kloß im Hals“, sagt eine Anwohnerin. Ihre beiden Kinder fahren mit dem Bus. Beide seien klein und werden so schlecht von nahenden Auto- oder Motorradfahren gesehen. „Ich möchte gerne, dass meine Kinder erwachsen werden.“

Ein anderer Punkt ist die Lautstärke. Vor allem im Sommer und am Wochenende potenziert sich die Anzahl von Rasern, sagt Kohler. „Man kann nicht mehr auf dem Balkon sitzen und gemütlich Kaffee trinken.“ Manche Motorradfahrer würden ihre Maschinen noch extra frisieren, damit diese lauter werden. Leute, die beim Fahren extra Krach machen gehen gar nicht, finden nicht nur die Anwohner sondern auch die anwesenden Mitglieder des Motorradclubs.

Warum muss immer erst jemand zu Tode kommen, bevor etwas passiert.

Georgia Mühleis, Anwohnerin

Hinzu komme das erhöhte Unfallrisiko, nicht nur bei den Schulkindern. Zur Erntezeit werde dieses durch die vielen Traktoren auf der Straße zusätzlich verstärkt. „Erst letzten Samstag ist ein Motorradfahrer auf ein Auto aufgefahren“, sagt Kohler. Nicht zu vergessen, ein junger Mann der bei einem Unfall im vergangen Jahr auf dieser Strecke ums Leben gekommen ist.

Dass in die Kreisstraße K8007 auch noch ein Fahrradweg mündet, setze noch einen drauf. Aus diesem Grund sind an sommerlichen Tagen auch noch viele Fahrradtouristen auf der Strecke unterwegs, sagt Georgia Mühleis, die sich schon seit Jahren darum bemüht auf diese Probleme aufmerksam zu machen. „All diese Menschen und auch wir Anwohner sind mittlerweile von vielen Beinahe-Unfällen betroffen“, sagt sie. „Warum muss immer erst jemand zu Tode kommen, bevor etwas passiert.“

Verschiedene Lösungen

Wie also das Problem lösen? „Wichtig ist, nicht alle über einen Kamm zu scheren“, sagt Henry Frey vom Motorradclub Kißlegg. „Es gibt immer welche, die sich nicht an regeln halten.“ Eine allgemeine Geschwindigkeitsreduzierung – derzeit ist auf der Strecke eine Geschwindigkeit von 100 Kilometern pro Stunde erlaubt – sei deswegen nicht die richtige Lösung, viel mehr müssten die bestehenden Regeln besser eingehalten werden. Dafür brauche es mehr Kontrollen, am besten von Polizisten in zivil, sagt Johannes Haas, ebenfalls Motorradfahrer aus Argenbühl . „Wir haben im Club auch über die Strecke geredet“, erzählt Haas. „Das ist die einzige Lösung.“ Es müsse richtig wehtun, wenn man zu schnell fährt.

Eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung kann auch Haser nicht versprechen. Denn diese kann nur nach einer Verkehrsschau angeordnet werden: Wenn eine bestimmte Unfallhäufigkeit und -Schwere vorliegt und bei einem entsprechenden Verkehrsaufkommen. Der Landtagsabgeordnete nimmt die Probleme der Anwohner aber durchaus ernst. „Es ist gut, dass so viele hier sind und wir über die Lage sprechen“, sagt er.

Am besten wäre es, alle würden sich an das Tempolimit halten

Es gebe noch mehrere „Rennstrecken“ in Baden-Württemberg und auch mehrere Ansätze, dem entgegenzuwirken. Bestimmte Straßen für Motorradfahrer zu sperren, zum Beispiel. Klar sei, dass es hier ein Signal brauche. Der Landtagsabgeordnete verspricht deshalb sowohl mit der Verkehrskommission als auch mit dem Landratsamt zu sprechen und auf mehr Kontrollen zu drängen.

Die Gemeinde Kißlegg will ebenfalls einiges machen, um die Situation zu entschärfen und vor allem, um die Straße für die Kinder sicherer zu machen. Eine weitere Bushaltestelle soll in der nächsten Zeit entstehen, damit die Schüler nicht mehr die Straße überqueren müssen. Außerdem habe der Gemeinderat in der jüngsten Sitzung beschlossen, den Radweg von Oberhaid nach Unterhaid zu sanieren und einen Schotterweg daraus zu machen. Und auch der geplante Kreisverkehr bei der Lorettokapelle soll als Hindernis zukünftig die Raser bremsen. „Das dauert aber noch ein paar Jahre“, sagt Krattenmacher.

Letztendlich sind sich alle einig, dass es am meisten bringt, wenn Motorrad- und Autofahrer einfach die vorgegebene Geschwindigkeitsbegrenzung einhalten.