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Schatzkammer

Viel Barock, doch das ist längst nicht alles

Isny / Lesedauer: 3 min

Rolf Waldvogel stellt den Bildband „Schatzkammer Oberschwaben“ im Refektorium vor
Veröffentlicht:01.11.2015, 13:04

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Von Ulm bis an den Bodensee führte der Vortrag über die „Schatzkammer Oberschwaben “ von Rolf Waldvogel am Freitagabend im Refektorium. Seinen 320 Seiten schweren Bildband stellte er auf Einladung der Volkshochschule Isny und der Arbeitsgemeinschaft Heimatpflege einem nur sehr kleinen Publikum vor. Via Lichtbildvortrag machte die Reise an 26 Stationen quer durch Oberschwaben Halt.

„Unterwegs zur Kunst zwischen Ulm und Bodensee “ titelt der Band. Den Autor stellte Rudolf Daumann als Vertreter der Arbeitsgemeinschaft Heimatpflege als exzellenten Kenner dieser Kulturregion vor. Was Oberschwaben so außergewöhnlich mache, darauf gebe Waldvogel viele Antworten, und wie er selber betonte, habe er etwas zur Ehrenrettung der anderen Kunstwerke tun wollen. Was hinter dem Motto „Barock – und noch viel mehr“ steckt, Oberschwaben weiter sehen als die absoluten Meister, führte er aus. Von hoher Qualität sind die fotografischen Reproduktionen von Volker Strohmaier. Sie erschienen am Abend auf der Leinwand. Den Fotografien kommt die tragende Rolle zu, dem Text die dienende, erläuterte Waldvogel.

Aus Gotik wird barocke Pracht

Waldvogel gliederte seinen Vortrag geographisch, so dass das Ulmer Münster als größte protestantische Kirche Deutschlands und zweitgrößte Kirche nach dem Kölner Dom den Anfang machte. 20000 Besucher würden dort hineinpassen, stehend versteht sich. Woran Waldvogels Herz hängt, sind die so genannten Schönen Madonnen der Spätgotik, die leider nur allzu oft nicht gerade zu ihrem Vorteil barockisiert wurden. Aus vielen der gotischen Kirchen und Klöstern wurden die Altäre und Heiligen entfernt, durch barockes Mobiliar ersetzt, so entstand ein selten schöner Stilmischmasch.

Waldvogels offene Art zu reden verwies immer wieder auf kenntnisreiche Details. Zum Beispiel, dass sich die Figur des römischen Philosophen Seneca gerade die Pulsadern öffnet oder Sybillen die Mode der Ulmer Bürgerfrauen tragen. Der Weg führte über das Benediktinerkloster in Wiblingen, dessen Türme nie vollendet wurden, nach Blaubeuren in dessen 1085 gegründetes Kloster, wo sich der Abt Wilhelm von Hirsau erfolgreich gegen die Entfernung des gotischen Marienaltars geweigert hat. So ist bis heute der Hochaltar mit der Johanneslegende als Glanzleistung der Ulmer Schule zu bewundern. Verbunden mit Künstlernamen wie Michael und Gregor Erhart, Bartholomäus Zeitblom, Bernhard Striegel und Jörg Syrlin, die weniger geläufig sind wie die der Stuckateursfamilie rund um Anton Feuchtmayer in der Birnauer Wallfahrtskirche.

Diese fehlt natürlich nicht in ihrer allerschönsten Prachtentfaltung und, wie die Zuhörer am Abend erfuhren, ihren zehn Uhren, hätten die Zisterzienser doch ständig an die Vergänglichkeit gedacht. Das ehemalige Zisterzienserinnenkloster Heiligkreuztal bei Riedlingen leiste mit seiner spätgotischen Darstellung des Jüngers Johannes an der Brust von Jesus einen Beitrag Oberschwabens zur Weltkunst. So befände sich dieses Werk von insgesamt 28 erhaltenen weltweit als einziges noch am Originalschauplatz.

Über Sigmaringen, Bad Schussenried, Steinhausen ging es an den Bodensee nach Überlingen, Meersburg, auf die Mainau und Reichenau, wo sich in der Oberzeller Stiftskirche St. Georg die ältesten Ottonischen Wandmalereien erhalten haben.

Was Waldvogel bei allem Überhang gotischer und barocker Kunst nicht ausspart, ist Modernes und Zeitgenössisches. Exemplarisch stehen hierfür die Museen in Biberach, Ravensburg oder die Ulmer Kunsthalle Weishaupt. Dass Städte wie Isny oder Kißlegg in dem Band fehlen, begründete er damit, dass sich die Seitenzahl immer wieder erhöht habe, doch irgendwann war einfach Schluss.

Rolf Waldvogel/ Volker Strohmaier , „Schatzkammer Oberschwaben. Unterwegs zur Kunst zwischen Ulm und Bodensee“. Bildband. Biberacher Verlagsdruckerei, 2014. 320 Seiten. 49,90 Euro.