StartseiteRegionalRegion AllgäuIsnyIsnyer Gymnasiasten planen Jugendkongress zum Klimawandel

Jugendkongress

Isnyer Gymnasiasten planen Jugendkongress zum Klimawandel

Isny / Lesedauer: 13 min

Die Schüler wollen über Ursachen und Folgen des Klimawandels informieren und zum tätig werden motivieren.
Veröffentlicht:07.03.2020, 07:00

Artikel teilen:

Leo Maus und Ludwig Moch besuchen die 11. Klasse des Isnyer Gymnasiums. Für ihre Seminararbeit haben sie das Thema Klima und Klimaschutz gewählt. Mit Physik- und Mathematiklehrer David Amann , der sie betreut, erarbeiteten sie das Konzept für einen Jugendkongress zum Klimawandel, der im Rahmen des „12. Isnyer Energiegipfels“ am 21. März von 11.30 bis 17 Uhr im Kurhaus über Ursachen und Folgen des Klimawandels informieren und zum tätig werden motivieren soll. Christiane Brockhoff hat mit den drei Organisatoren gesprochen.

Warum beschäftigt Ihr Euch mit dem Klimawandel und organisiert einen Kongress dazu?

Ludwig Moch: Dass es den Klimawandel gibt, kann man nicht mehr bestreiten. Es ist ein Thema, das der Jugend zugeschrieben wird, weil das unsere Zukunft betrifft und wir später mit den Folgen leben müssen. Deshalb müssen wir jetzt handeln und Druck ausüben. Zu der Idee, einen Kongress zu organisieren, sind wir bei der „Local Conference of Youth (LCOY)“ in Heidelberg gekommen. Da waren wir letztes Jahr im Oktober und haben gedacht, das ist eigentlich interessant, das sollten wir auch machen. Da sich der Energiegipfel im März mit dem Thema beschäftigt, hat das vom Termin her gut gepasst, wir wollten uns einbringen.

David Amann: Hellen Maus vom „Regionalen Energieforum Isny e.V.“ und ich machen uns schon seit ein paar Jahren Gedanken, wie wir mehr junge Menschen zum Energiegipfel bringen können. Das ist immer so ein Erwachsenenthema. Einzelne Schüler kann ich akquirieren. Ich kann sagen: „Kommt doch da hin, das ist interessant und es geht um Eure Zukunft“. Aber es kommen immer nur wenige Schüler. Die Idee, eine eigene Veranstaltung für die Jugend zu organisieren, ist auf fruchtbaren Boden gefallen und die beiden Jungs haben es dann angepackt.

Gibt es unter jungen Menschen großes Interesse an dem Thema?

Leo Maus: Auf jeden Fall. Auf der LCOY waren richtig viele junge Leute, teilweise sogar aus Hamburg. Wir sehen das auch hier in der Schule: Wir haben in der zehnten, elften und zwölften Klasse eine Umfrage gemacht, welche Klimaschutz-Themen die Schüler interessieren und wo sie bereit wären, etwas zu bewegen. Da kam viel positive Rückmeldung von allen Seiten. Und auch die Fridays-for-Future-Bewegung hat gezeigt, dass das Thema viele beschäftigt und es eine Bereitschaft gibt, sich mit dem Klimaschutz auseinanderzusetzen und etwas zu verändern.

Was haltet Ihr von Greta Thunberg und der Fridays-for-Future-Bewegung?

Ludwig Moch: Greta ist der Auslöser von „ Fridays for Future “ und die Bewegung hat viel Aufsehen erregt. Sie hat es geschafft, mehr Menschen für das Thema zu interessieren und die Politik unter Druck zu setzen. Man sieht, dass die Jungen was machen wollen, sich engagieren und für ihre Zukunft einstehen.

Was ist das Ziel des Jugendkongresses, was wollt Ihr erreichen?

Leo Maus: Wir wollen informieren, dass jeder weiß, was in Sachen Klimawandel passiert, besonders hier in der Region. Und wir wollen zu Aktionen motivieren, dass die Leute rausgehen und sagen, das und das wollen wir jetzt konkret machen. Dafür haben wir Workshops, bei denen sie erarbeiten können, was man tun kann. Zum Beispiel, dass sie sagen, sie gehen am nächsten Samstag Bäume pflanzen. Wir hoffen, dass viele Leute kommen, vielleicht auch Leute, die sich noch nicht mit dem Thema beschäftigt haben; und dass die Leute mit mehr Wissen und dem Mut und der Lust zum Handeln rausgehen.

Sollen beim Kongress Aktionen beschlossen werden?

Ludwig Moch: Wir stellen Leitthemen vor, zu denen sich hoffentlich Projekte entwickeln. Dann ist aber jeder frei, sich selbst zu organisieren.

Wie soll der der Kongress ablaufen?

Ludwig Moch: Wir starten mit Vorträgen von 11.30 bis 14 Uhr. Dafür haben wir Professor Dr. Werner Aeschbach und Dr. Nicole Aeschbach von der Uni Heidelberg eingeladen, die wir bei der LCOY kennengelernt haben. Professor Dr. Wolfgang Ertel von der Hochschule Ravensburg-Weingarten hält einen zweiten Vortrag zum Konsumverhalten. Anschließend sind die Workshops geplant, wo man selbst produktiv arbeiten kann. Am Ende wird es eine Vorstellungsrunde geben über die erarbeiteten Ergebnisse.

Wie sehen die Workshops aus, was habt Ihr vor?

Leo Maus: Wir geben vier Hauptthemen vor mit jeweils vier Unterpunkten. Dann stellen wir Tische auf und verteilen die Themen auf den Tischen. Die Leute können sich dann hinsetzen und zu allen Themen ihre Ideen aufschreiben. Jeder kann die Tische wechseln und zu jedem Thema etwas aufschreiben. Am Ende wird alles zusammengefasst und präsentiert.

Ludwig Moch: Wir haben ja die Umfrage gemacht, welche Themen in Sachen Klimaschutz die Leute am interessantesten und am meisten relevant finden. Daraus wollen wir die Themen nehmen...

Leo Maus: ...unter anderem das Konsumverhalten und Mobilität...

Ludwig Moch: ...erneuerbare Energien wurden auch als wichtig benannt.

Wen wollt ihr mit dem Kongress ansprechen?

Leo Maus: Der Kongress ist für die Jugend, für alle bis 30 Jahre gedacht. Das ist uns wichtig, weil so die Jugendlichen merken, dass auch junge Leute was auf die Beine stellen, und das motiviert hoffentlich. Der Kongress findet zwar am gleichen Tag wie der Energiegipfel statt, ist aber eine eigene Veranstaltung mit eigenem Publikum und eigenen Themen.

David Amann: Es gibt einen gemeinsamen Vortrag, bei dem die Erwachsenen im kleinen Saal zu den Jugendlichen stoßen und der für alle gedacht ist. Das ist der Vortrag um 13 Uhr von Professor Dr. Ertel. Danach gehen die Erwachsenen wieder und die Jugend kann unter sich weiterarbeiten.

Wie und wo macht ihr den Jugendkongress bekannt?

Ludwig Moch: Wir wollen an Schulen gehen und gezielt junge Leute in den Städten der Umgebung ansprechen, in Leutkirch, Wangen, Ravensburg und Kempten. Wir wollen direkt mit den Jugendlichen in Kontakt treten und sie bewegen, zum Kongress zu kommen. Und natürlich Social Media: Wir wollen online verschiedene Kanäle nutzen und aufmerksam machen. Es gibt zum Beispiel eine Fridays-for-Future-Gruppe, da sind alle drin, die auch in Leutkirch bei den Demos waren, da können wir das gut bewerben.

Wieso habt Ihr Euch in Eurer schulischen Seminararbeit für die Organisation eines Jugendkongresses entschieden?

Leo Maus: Bevor man in die elfte Klasse kommt, wählt man die Fächer, in denen man sein Abitur machen will, dabei kann man auch einen Seminarkurs wählen. Der wird als das mündliche Abitur in einem Wahlfach gewertet. Es gab den Seminarkurs Klima, das interessierte uns, den haben wir gewählt. Von Herrn Amann kam der Vorschlag, dass wir nach Heidelberg fahren, um einen Input zu bekommen und darauf sollten unsere Vorträge aufbauen. Dann hat sich das so entwickelt.

Wann habt Ihr mit den Vorbereitungen für den Kongress begonnen, ist die Organisation aufwendig?

Ludwig Moch: Es geht, man muss schon einiges machen, sich auch in der Freizeit mal hinsetzen. Aber es ist nicht so, dass wir zwölf oder vierzehn Stunden die Woche daran arbeiten. Man macht das ja auch gerne, weil man was bewegt. Die ersten Ideen sind Ende Oktober entstanden und haben nach und nach Gestalt angenommen. Richtig intensiv arbeiten wir seit Mitte, Ende November.

Leo Maus: Wir treffen uns regelmäßig jede Woche mit Herrn Amann und ich glaube, dass die Treffen wirklich gut sind, weil man immer wieder wachgerüttelt wird. Das hilft, am Ball zu bleiben.

David Amann: Ich komme jede Woche mit einem Zettel, auf dem steht, wo es noch etwas zu tun gäbe. Das heißt, es sind eher die strategischen und übergeordneten Fragen, die ich reinwerfe. Dann nehme ich mich aber auch wieder raus und warte auf die Ergebnisse. Die Entscheidungen treffen die Schüler selbst, und das machen die beiden wirklich super.

Was konkret habt Ihr alles zu tun?

Ludwig Moch: Als Erstes haben wir geschaut, wie in etwa das Programm aussehen könnte, wie wir den Kongress gestalten könnten und wen wir für die Vorträge anfragen. Schon im November haben wir Professor Aeschbach gefragt, ob er teilnehmen kann. Auch am Programm haben wir lange gearbeitet, bis klar war, so kann es bleiben.

Leo Maus: Viel Organisatorisches läuft jetzt erst richtig an, Themen für ein „World Café“ müssen wir noch festlegen – und die ganze Feinarbeit eben.

Wie nehmt ihr Erderwärmung, Umweltverschmutzung etc. in Isny und global wahr? Wo läuft Eurer Meinung nach etwas schief?

Ludwig Moch: Man kann beispielsweise diesen Winter sehen, dass kein Schnee liegt. Das nimmt man natürlich wahr. Und man weiß, dass es insgesamt wärmer wird. Da fängt man an zu überlegen und fragt sich, was man machen kann. Für mich ist wichtig, Plastik zu vermeiden und lieber das Fahrrad zu nehmen als das Auto. Die Medien berichten zum Beispiel über die Waldbrände in Australien und Kalifornien. Die gab es zwar auch schon früher, aber sie treten viel stärker und häufiger auf als normal. Es gibt einfach immer mehr Klimakatastrophen, Dürren, Überschwemmungen, auch in Deutschland.

Leo Maus: Man sieht überall Müll. Wenn man nur von der Schule bis zum „Rewe“ läuft, liegt überall Müll, an der Straße, im Wald. Was ich schlimm finde ist, dass es immer noch Leute gibt, die das nicht wahrnehmen und, dass das alles Einfluss auf das Klima hat. Das ist für mich unbegreiflich.

Was meint ihr, kann jeder Einzelne tun?

Ludwig Moch: Es gibt so viele Möglichkeiten – viele kleine Faktoren, die eine Rolle spielen und die jeder angehen kann. Man kann zu Hause Energie sparen, indem man Geräte ausschaltet, die man gerade nicht benötigt, oder man kann Schalterstecker benutzen. Man kann das Fahrrad statt dem Auto nehmen. Ich esse seit Anfang Juli kein Fleisch mehr, sondern nur noch vegetarisch, wegen der Massentierhaltung und auch, weil ich weiß, dass der hohe Fleischkonsum klimaschädlich ist. Es gibt genug Alternativen, das ist gar nicht schwierig. Man merkt auch, dass die Geschäfte mehr darauf schauen, Plastik zu vermeiden. Es muss nicht mehr alles in Plastik verpackt sein, man kann auch loses Gemüse kaufen.

Leo Maus: Das Konsumverhalten ist wichtig. Man muss nicht jede Woche neue Klamotten kaufen, und man kann Plastik vermeiden. Man muss nicht immer eine neue Plastiktüte mitnehmen, wenn man sich irgendwo etwas zum Essen holt, die werfe ich daheim sowieso nur weg, man kann auch Jutebeutel nehmen. Die kosten zwar etwas mehr, aber man kann sie immer wieder benutzen.

Was könnte die Stadt Isny in Sachen Klimaschutz noch besser machen?

Ludwig Moch: Die regenerativen Energien könnten weiter ausgebaut werden, und die müsste man stärker für die Stromversorgung in der Stadt nutzen. Mehr Fahrradwege wären super.

Herr Amann, wieso bieten Sie Klimaschutz als Seminararbeit an?

David Amann: Ich engagiere mich schon recht lange für die Themen Umwelt und Energie, auch hier in Isny, habe an der Schule immer wieder Projekte in der Richtung gemacht, beispielsweise 2004 die Energie-AG mitgegründet. Nun biete ich den Seminarkurs an. Den gab es vor ein paar Jahren schon einmal, da war die Resonanz bei den Schülern aber nicht so gut. Nachdem die „Fridays-for-Future-Bewegung“ das Thema mehr ins öffentliche Bewusstsein gerückt hat, waren es nun auf Anhieb 15 Anmeldungen. Es freut mich, dass sich jetzt mehr Leute mit dem Klimaschutz auseinandersetzen.

Im Seminarkurs können sich Elftklässler einen Teil vom Abitur schon vorher erarbeiten. Die Intention ist, unsere Schüler studierfähig zu machen, die Seminararbeit hat den Charakter eines Proseminars an der Uni. Das heißt, wir haben für ein Thema ein Jahr lang Zeit, die Bearbeitung mündet in eine schriftliche Arbeit und einen Vortrag. Auf dem Weg dahin sollen die Schüler lernen, eigenständig zu arbeiten, zu planen, Ziele zu erreichen und zu recherchieren – alles Dinge, die man später braucht. Wir waren zum Beispiel auch in der Bibliothek und haben uns das Fernleihe-System erklären lassen.

Am Anfang des Schuljahres gibt es eine gemeinsame Phase, dann arbeitet jeder Schüler selbstständig. Ich versuche, alle individuell zu betreuen. Mit Leo und Ludwig habe ich einen wöchentlichen Termin, mit anderen läuft das anders, je nachdem, was notwendig ist. Aber ich komme immer wieder mit den einzelnen Schülern zusammen, und gegen Ende des Schuljahrs kommt dann die Phase, in der die Schüler ihre Vorträge halten und die Ergebnisse vorstellen, außerdem gibt es die schriftliche Arbeit über ein jeweiliges Projekt. Das wird alles von mir bewertet.

Welche Rolle spielen Sie in der Vorbereitung des Jugendkongresses?

David Amann: Im dem Fall ist es gut, dass die beiden zu zweit arbeiten, allein wäre das zu schwierig. Für die Präsentation am Ende und die schriftliche Arbeit werden wir das Thema aber nochmal aufteilen.

Was erwarten Sie sich vom Jugendkongress, ist das eine sinnvolle Veranstaltung?

David Amann: Ich dachte von Anfang an, dass es gut ist, wenn die Jugend auf die Straße geht und die Politik und die Erwachsenen mit dem Thema Klimaschutz konfrontiert. Dann hatte ich aber auch die Befürchtung, dass es beim Protest bleibt und nicht viel passiert. Protest muss in eine konstruktive Bewegung münden. Diese Hoffnung bestätigt sich an verschiedenen Stellen. Die Leute merken, dass es nicht nur beim Protest bleiben kann. Man kann ja nicht nur sagen: „Die Politik muss irgendetwas ändern, wir brauchen Gesetze, wir brauchen Vorgaben.“ Man muss auch fragen: „Was bin ich bereit zu ändern?“ Ich hoffe, dass die Isnyer Jugend und die jungen Leute aus der Region beim Kongress einen Startpunkt finden in eine konstruktive Bewegung und in Aktionen; dass sie sagen: „Wir nehmen jetzt unsere Zukunft in die Hand und gestalten an den Stellen, wo wir jetzt schon was machen können.“ Und wenn man das noch ein wenig weiterdenkt, ist meine Hoffnung, dass sie diese Motivation auch in ihre nächste Lebens- und Ausbildungsphase hineintragen und damit in ihre Familien und ihr Leben.