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Behandlung auf Plastikstühlen: So hilft ein Berger Zahnmedizinstudent in Afrika

Berg / Lesedauer: 4 min

Wie der Student Christian Brauchle in Afrika Kinder und Erwachsene behandelt
Veröffentlicht:10.07.2019, 15:15

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Ein Praktikum hat ihn in entlegene Dörfer Afrikas und sogar in ein Frauengefängnis geführt: Christian Brauchle aus Berg hat im Frühjahr einen Monat in Kenia verbracht. Der 24-Jährige, der in Mainz Zahnmedizin studiert, engagierte sich dort für die Hilfsorganisation „Dentists for Africa “.

„Eigentlich hat die ganze Geschichte im Gemeindehaus in Berg begonnen“, erzählt Christian Brauchle. Eine Zahnärztin aus Weingarten hielt dort 2018 einen Vortrag über verschiedene Projekte, die sie bereits mit Dentists for Africa (DfA) durchgeführt hat. „Damals hatte ich mein Studium bereits begonnen, von daher fand ich es auch fachlich unheimlich spannend“, sagt Brauchle. Für Zahnmedizin interessierte er sich aber bereits als Schüler. „Es ist für mich eine ideale Mischung aus medizinischem Grundwissen und einer handwerklichen Komponente, die man so in wenigen Berufen findet.“ Pflicht-Praktika außerhalb des klinischen Alltages sind in seinem Studiengang nicht vorgesehen. „Viele von uns nutzen für ihre Famulatur (Praktikum) deshalb die Semesterferien, um die nötige Praxis zu bekommen. Auf der Suche nach einem Praktikumsplatz erinnerte ich mich an den Vortrag im Gemeindehaus und nahm Kontakt zu Dentists for Africa auf“, sagt Brauchle.

So mitreißend kann ein Zahnarztbesuch an einer kenianischen Schule sein.

Im Februar dieses Jahres macht er sich schließlich gemeinsam mit einem befreundeten Kommilitonen nach Kisii auf. In der 70 000-Einwohner Stadt, im Südwesten Kenias , kommen sie im Gästehaus einer Privatklinik unter, die einer der örtlichen Projektpartner von Dentists for Africa ist. Seit 20 Jahren engagiert sich die Organisation in Kenia mit zahnärztlichen und sozialen Projekten, inzwischen wurden 13 Zahnstationen eingerichtet, in denen Kinder und Bedürftige meist kostenfrei behandelt werden. Die langjährige Aufklärungsarbeit mache sich, laut Brauchle, bereits bemerkbar. „In einigen Schulen, in denen wir zu Prophylaxe-Einsätzen waren, hatten die Kinder wirklich gute Zähne. Eine eigene Zahnbürste hat trotzdem jedes Kind von uns bekommen, worüber sich alle riesig gefreut haben.“

Zahnpflege nach unserem Verständnis findet dort schlicht nicht statt

Christian Brauchle

Ein anderes Bild bot sich hingegen in den ländlichen Regionen, die Christian Brauchle mit den mobilen Einsatzteams besuchte. Während seine Patienten in Kisii bereits zahnmedizinisch betreut wurden, erlebten viele Dorfbewohner ihren dentistischen Erstkontakt. „Ich traf dort auf Menschen, die noch nie einen Zahnarzt gesehen hatten. Zahnpflege nach unserem Verständnis findet dort schlicht nicht statt“, sagt Brauchle. Während der Besuch der Mediziner für die Dorfjugend eine Art gesellschaftliches Großereignis darstellte, war die Visite für die älteren Bewohner weniger feierlich. „Leider mussten wir dort viele Zähne ziehen, um den Menschen wenigstens die Schmerzen zu nehmen. Trotzdem ist uns dort eine große Dankbarkeit entgegengebracht worden.“

So wird´s gemacht: spielerisch erklärte Christian Brauchle den Schülern in Kisii den richtigen Dreh mit der Zahnbürste.

Dankbarkeit erfuhr Christian Brauchle auch an einem Einsatzort, den er eigentlich lieber gemieden hätte: dem Frauengefängnis in Kisumu. „Ich hatte keine Ahnung, worauf ich mich da einlasse. Es war auch ein mulmiges Gefühl, bei der Behandlung stets einen Wachmann an der Seite zu haben“, erinnert er sich. Neben der düsteren Atmosphäre, die ein solcher Ort naturgemäß vermittelt, lauerte hier aber auch eine Gefahr, gegen die jeder Wachmann machtlos ist. „Wir waren immer informiert, sobald eine Patientin zu uns kam, die HIV-positiv war. Für alle chirurgischen Eingriffe haben wir uns dann zwei Paar Handschuhe angezogen und sind besonders aufmerksam vorgegangen“, so Brauchle. Seine schlimmsten Befürchtungen erfüllten sich allerdings nicht.

Brauchle möchte sich weiter für Dentists for Africa engagieren

Im nächsten Jahr möchte Christian Brauchle sein Studium an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz abschließen. Dann wird es ihn, so glaubt er, auch wieder in die oberschwäbische Heimat zurückziehen. Ein weiteres Engagement für Dentists for Africa kann er sich unabhängig von seiner beruflichen Zukunft sehr gut vorstellen. „Es war sehr spannend, andere Sichtweisen und Erfahrungen der Behandler aus völlig unterschiedlichen Ländern kennenzulernen. Mit dem klinischen Alltag in Deutschland ist das nicht vergleichbar“, sagt Brauchle.