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Wasserschutzgebiet

Kiesabbau im Wasserschutzgebiet ist zulässig

Baienfurt / Lesedauer: 4 min

Landratsamt Ravensburg sieht keinen Hinderungsgrund – Geologisches Gutachten ist allerdings von 2004
Veröffentlicht:16.11.2017, 19:01

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Kiesabbau im Wasserschutzgebiet ist zulässig. Das heißt im Umkehrschluss, dass selbst wenn das Wasserschutzgebiet Weißenbronnen im Altdorfer Wald erweitert und auf das Abbaugebiet ausgedehnt werden sollte, Kies in dem Gebiet abgebaut werden könnte. Das geht aus einer Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“ beim Landratsamt Ravensburg hervor.

Wie bereits berichtet, sorgt sich der Wasserzweckverband Baienfurt-Baindt um das Trinkwasser für die beiden Schussentalgemeinden, weil in nächster Nähe zu ihrer Quelle Weißenbronnen (nahe des Vogter Ortsteils Grund) ein rund elf Hektar großes Kiesabbaugebiet entstehen soll. Das Wasser aus der Quelle versorgt rund 12 200 Bürger in Baienfurt und Baindt.

Dass Kies im Wasserschutzgebiet abgebaut wird, ist bereits gängige Praxis im Landkreis Ravensburg . Ein Beispiel ist die Leutkircher Heide. Dort wird derzeit am meisten Kies im ganzen Landkreis abgebaut. Probleme mit dem Trinkwasser gibt es laut Stadtverwaltung dort allerdings nicht. „Leutkirch hat große Grundwasservorkommen. Die halbe Kernstadt ist über Grundwasser gebaut“, sagt Leutkirchs Pressesprecher Thomas Stupka. Der Kiesabbau habe in keinster Form negative Auswirkungen auf das Wasser und die Wasserversorgung gehabt. Das Grundwasser werde auch regelmäßig kontrolliert und es wurde auch kontrolliert, bevor überhaupt gestartet wurde.

Ein Wasserschutzgebiet ist in drei Zonen gegliedert. Zone I umfasst den unmittelbaren Fassungsbereich, der bei Brunnen je nach Quellfassung unterschiedlich ausfällt. Das sind etwa 20 mal 20 Meter. Die Zone II umfasst die 50-Tage-Linie, also den Bereich, den das Grundwasser in 50 Tagen zurücklegt. Zone III betrifft das Einzugsgebiet der Trinkwasserfassung. Und eben in jener Zone III ist Kiesabbau im Trockenabbau möglich. In Zone I und II ist er verboten.

Binder: Schutzgebiet zu klein

Je mehr Wasser eine Quelle gibt, desto größer ist auch das Wasserschutzgebiet. Bisher ging man im Fall von Weißenbronnen von einer Wassermenge von etwa 50 Litern pro Sekunde aus. Doch das ist veraltet, sagt der Vorsitzende des Wasserzweckverbands Baienfurt-Baindt Günter A. Binder , der auch Bürgermeister von Baienfurt ist. „Heute geht man von mindestens rund 80 Litern pro Sekunde aus. Deswegen ist das Wasserschutzgebiet zu knapp bemessen“, sagt Binder. Heute misst das Wasserschutzgebiet Weißenbronnen 3,3 Quadratkilometer, müsste aber laut Binder mindestens fünf Quadratkilometer umfassen.

Rechne man bei der Quelle noch das Wasser für den Fischzuchtbetrieb in der Nähe mit und andere Faktoren, käme man auf eine Zahl von rund 120 Litern pro Sekunde. „Das ist eine neue Situation, die berücksichtigt werden sollte“, sagt der Bürgermeister. Außerdem habe die Quelle eine steigende Wassermenge. „Wir könnten das halbe Schussental mit Wasser versorgen.“

Der geplante Abbau in Grund befindet sich nicht im ausgewiesenen Wasserschutzgebiet. Grundlage für die Ausdehnung des Wasserschutzgebiets Weißenbronnen ist allerdings ein hydrogeologisches Gutachten des „Landesamtes für Geologie, Rohstoffe und Bergbau, Baden-Württemberg“ (LGRB) – einer Landesbehörde –, das laut Angaben des Landratsamtes auf den 18. Oktober 2004 datiert ist. „Eine Ausdehnung des Wasserschutzgebietes ist nach derzeitigem Kenntnisstand nicht zu erwarten“, heißt es dazu aus dem Landratsamt. Gestützt werde das auf Informationen des LGRB wie etwa Karten und wissenschaftliche Abhandlungen. Das Trinkwasser und die genutzten Fassungen seien „nach derzeitigem Kenntnisstand des LGRB durch den geplanten Kiesabbau nicht gefährdet“.

Das ist dem Wasserzweckverband und der Gemeinde Vogt, die ihr Trinkwasser aus dem Altdorfer Wald bezieht, nicht genug. Deswegen haben beide einen Geologen mit einem neuen Gutachten beauftragt und einen Rechtsanwalt hinzugezogen. Kiesunternehmer Rolf Mohr versicherte bei einer Informationsveranstaltung am Montag: Sollte ernsthafte Gefahr für das Trinkwasser bestehen, werde man das Vorhaben stoppen.

Das sind die Vorschriften:

Wer im Wasserschutzgebiet Kies abbaut, muss sich an bestimmte Regeln halten. Die Abbausohle muss bei einem Trockenabbau mindestens ein Meter über dem höchsten Grundwasserstand liegen. Das Kiesunternehmen „Meichle und Mohr“ will eigenen Aussagen zufolge zwei Meter einhalten. Es dürfen nur Maschinen und Geräte mit biologisch abbaubarem Hydrauliköl eingesetzt werden, auch das kündigte das Unternehmen an. Vorgeschrieben ist zudem, dass für die Dauer des Kiesabbaus Grundwassermessstellen eingerichtet werden, heißt es auf Nachfrage beim Landratsamt. Die Überwachung der Messstellen erfolge durch das Bau- und Umweltamt und werde gegebenenfalls durch Sachverständige unterstützt. Die Kontrollen finden jährlich statt. „Das Beprobungsintervall kann allerdings fallspezifisch angepasst werden“, so die Auskunft aus dem Landratsamt Ravensburg.