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Unstetigkeit

Unstetigkeit, Unbestimmtheit, Unentscheidbarkeit

Bad Wurzach / Lesedauer: 2 min

Ernst Peter Fischer spricht beim biologischen Kolloquium über das Jahrhundert des „Un-“
Veröffentlicht:01.04.2019, 14:46

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Ernst Peter Fischer, habilitierter Wissenschaftsgeschichtler und Wissenschaftspublizist sowie als Herausgeber des „Mannheimer Forums“ Nachfolger von Hoimar von Dithfurth, war am Samstag Gastredner des Biologischen Kolloquiums . Diese Reihe findet seit 1953 einmal jährlich statt.

Trotz des herrlichen Frühlingswetters hatten sich mehr als 50 Interessierte eingefunden, um den Vortrag „Die Unbelehrbarkeit des Menschen“ zu hören und mit Fischer zu diskutieren. In seiner Begrüßung fragte Horst Weisser vom Naturschutzzentrum Bad Wurzach, warum sich nichts ändere – trotz aller Umweltkrisen: „Wir wissen es, aber handeln nicht – warum?“ Darauf gab Fischer in seinem mitreißenden Vortrag viele Antworten, indem er die menschliche Art philosophisch-biologisch beleuchtete: „Eigentlich wissen wir nicht, wer wir sind, und wenn wir anfangen, darüber nachzudenken, sind wir schon wieder jemand anderer.“

Überhaupt sei unser Jahrhundert das des „Un-“ Unstetigkeit, Unbestimmtheit, Unentscheidbarkeit, Ungenauigkeit, Unvorhersagbarkeit, Unerklärbarkeit und Unbelehrbarkeit, wobei Fischer eindrückliche Beispiele dazu gab. Um im Anschluss die Frage zu beleuchten, was der Mensch eigentlich sei – aus anthropologischer als auch theologischer Sichtweise. Mit einem Augenzwinkern zu Gastgeber Pater Friedrich Emde verglich er die Alchemie – den Versuch, einen Menschen vollkommen zu machen – mit der Pädagogik, die ebenso versucht, das Beste aus einem Menschen herauszuholen.

Zum Thema „Nachhaltigkeit“, die auch vorsieht, dass es jeder Generation besser gehen möge als der vorherigen, stellte Fischer die provokante Frage: Was heißt „besser leben“? Nachhaltigkeit muss zur Natur des Menschen passen – sonst funktioniert sie nicht. Außerdem sind wir überfordert angesichts der „big data“, oder warum haben wir mehr Mitleid für den kranken Nachbarn als für Tausende Tote, beispielsweise beim Genozid in Ruanda.

Zum Thema „Wachstum“ meint Fischer, es „ist das einzige, wonach der Mensch strebt – egal, ob in Wirtschaft oder Sport“. Es liege in der Natur des Menschen, immer einen Überschuss zu erzeugen. Sein Appell an die Zuhörer: mehr Bauchgefühl, Herz und Instinkt – mit Vernunft und Rationalität lasse sich die Welt nicht retten. „Wenn man die Welt fühlt, dann bewahrt man sie auch.“

Nach einer Kaffeepause kamen die meisten Zuhörer zu einer lebhaften Diskussion zusammen, die damit endete, dass Fischer zu mehr Entspannung aufrief. Passend dazu übergab Urs Fuchs als Dankeschön selbst gebrautes Bier der Brauerei-AG des Kollegs zur Entspannung des Referenten.