StartseiteRegionalRegion AllgäuBad WurzachPunktgenauen Pointen mitten ins Schwarze

Weiblichkeit

Punktgenauen Pointen mitten ins Schwarze

Bad Wurzach / Lesedauer: 4 min

„Wandelnder Ostfriesenwitz“ Inka Meyer fesselt ihr Publikum im Dietmannser Adler
Veröffentlicht:19.04.2018, 13:18

Artikel teilen:

Es geht um Weiblichkeit und Emanzipation, wenn die Kabarettistin Inka Meyer mit ihrem Programm „Kill me, Kate“ von der Bühne aus ihr Publikum in die Welt der Literatur und des Theaters mitnimmt. Zu Gast war der selbsternannte „wandelnde Ostfriesenwitz“ im restlos ausverkauften Adler in Dietmanns, wo sie mit Charme und Wortwitz begeisterte und mit ihren punktgenauen Pointen exakt ins Schwarze und mitten in die Herzen der Zuhörer traf.

Ihr Handwerk hat sie von der Pike auf gelernt: Nach ihrem Abitur studierte Meyer Kommunikationsdesign und Schauspiel und setzt ihr Wissen und ihre internationalen Erfahrungen als Designerin, Schauspielerin und Kabarettistin ein.

Die Bühnenbeleuchtung ging an. Auf die Bühne trat eine Frau, die die Geschichte ihrer Trennung von „Didi“ zu verarbeiten scheint. Sie hat seine Sachen auf die Straße gestellt, denn bald schon ist Sperrmüll. Gefühle, betrogen worden zu sein, verarbeitete sie mit Aussagen wie „Siehst du den Ex im Moore winken, wink zurück und lass ihn sinken“ oder „ich habe schon als Kind gelernt, gebrauchtes Spielzeug den Armen zu geben“. Ein Blick ins Publikum zeigte, dass sie mit dieser Szenerie vielen Frauen aus dem Herzen sprach.

Wie aktuell ist Shakespeare heute noch? Lässt sich Othello als Macho, als venezianischer Mittelalter-Bu-shido darstellen? Wie veraltet ist die Rolle der Frau in „Der Widerspenstigen Zähmung?“ Wie emanzipiert ist frau heute tatsächlich? Was machen Internetpartnerbörsen („Kommt Lebensgefährte von Lebensgefahr?“), „digitaler Straßenstrich“ und deutsche TV-Entertainmentkloaken rund um die Modellmaße der Frau mit dem Selbstbild der modernen Frau? Wie bedeutsam ist die Benachteiligung der Frau in der Sprache?

Mit diesen Fragestellungen setzte sich Inka Meyer sowohl in ihrer Rolle als Theatermacherin als auch als Frau intensiv auseinander und warf in atemberaubendem Tempo Denkanstöße ins Publikum, die sie dann mit einem bezaubernden Lächeln und einer frechen Pointe charmant auflöste. „Ist die Sprache genderfair, versteht sie leider keiner mehr.“ Ob die genderfaire Bibel zur Travestieshow würde oder die Straßenverkehrsordnung heute erst auch für Frauen gültig sei – Inka Meyer betrachtete Probleme der Gleichstellung, wie beispielsweise die Unterrepräsentanz von Frauen in Führungsebenen oder die Ungleichbehandlung bei der Bezahlung und der damit drohenden Altersarmut mit kritischem Blick und einem schelmischen Augenzwinkern.

Frau sollte bei aller Emanzipation nie die eigene Weiblichkeit vergessen, weder im realen Leben oder im Internet. Doch Weiblichkeit zeichnet sich nicht durch „Botox to go“ oder den Besuch bei „Douglas“, dem Obi für Frauen, aus. Frau sein, das ist mehr, das ist Selbstbewusstsein mit Charme und Esprit. Das vermittelt die Kabarettistin nicht nur, sie lebt das auch. Auf der Bühne steht sie in einem ganz normalen Alltagsdress – nicht aufgebrezelt, aber mit viel Ausstrahlung. Damit begeistert sie die Frauen und erteilt den Männern ganz nebenbei ein paar Lektionen als Frauenversteher. „Der beste Weg zum Herz einer Frau führt über die Klobürste.“ Denn Frauen wünschen sich heute einen Partner, der nicht nur das Bett, sondern auch den Alltag teilt.

Wieselflink mitdenken und kritisch hinschauen

Rasant, mit nur wenigen Showelementen, aber mit präzise und messerscharf eingesetzten rhetorischen Mitteln, aber immer im direkten Kontakt zu ihrem Publikum, fesselte Inka Meyer wieder einmal ihre Zuhörer. Mit ihren Themenvariationen zur Weiblichkeit und zur Emanzipation forderte sie die Kabarettbesucher zum wieselflinken Mitdenken und zum kritischen Hinschauen in das eigene Leben auf. Der schier nicht endende Applaus der rund 100 Besucher belohnte die Künstlerin und bewies eindrucksvoll, dass Inka Meyer mit ihren Gedanken und Worten über die Kunst, heute eine Frau zu sein, genau richtig ist.

Bescheiden verbeugte sie sich mit den Worten: „Ohne Sie wäre der Abend für mich ganz anders verlaufen.“ Und als Dank für den tosenden Beifall präsentierte sie noch ein paar Appetithäppchen aus ihrem neuen Programm „Der Teufel trägt Parka“, in dem sie neue Aspekte zum selben facettenreichen Thema aufzeigt.