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Friedhof hat eigenes Feld für Muslime

Bad Wurzach / Lesedauer: 3 min

Noch keine Beerdigung in Bad Wurzach – Bestattungsrecht im Land soll geändert werden
Veröffentlicht:16.04.2013, 14:35

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Nach ihrer Tradition bestatten Muslime ihre Verstorbenen sofort oder möglichst innerhalb der ersten 24 Stunden nach dem Tod – in Tüchern, nicht in Särgen wie in Deutschland üblich. Zu diesem Thema hat Integrationsministerin Bilkay Öney im Frühjahr 2012 eine Diskussion um eine Änderung des Bestattungsrechts für Muslime angestoßen. In Zukunft solle es keine Sargpflicht mehr geben, die Toten sollen schneller bestattet werden können – in Baden-Württemberg kann man das nach 48 Stunden – und Muslime sollen sogenannte „ewige Grabstätten“ erhalten, die nicht nach 15 oder mehr Jahren wieder zurückgegeben werden müssen.

„Auf dem neuen Friedhof in Bad Wurzach gibt es ein eigenes Feld für Muslime, damit die Leiche Richtung Mekka ausgerichtet werden kann“, erklärt Paul Riß, Leiter des Ordnungsamts Bad Wurzach. Und auch sonst stehe das Bestattungsrecht in Baden-Württemberg der Ausrichtung muslimischer Anforderungen nicht unbedingt entgegen. „In den Fällen, in denen die Religion eine Bestattung ohne Sarg vorsieht, kann der Sargdeckel bei der Bestattung abgenommen und neben den Sarg in das Grab gelegt werden“, erläutert Riß weiter. Dies sei allerdings nur möglich, solange keine gesundheitlichen Gefahren zu befürchten sind. Außerdem sieht Paragraph 36 des Bestattungsrechts auch Ausnahmen bezüglich der 48-Stunden-Regelung vor. Gibt es keine gesundheitlichen Gefahren, können Angehörige beim Ordnungsamt eine Sondergenehmigung erhalten und den Verstorbenen schneller bestatten.

In den anderen Bundesländern ist die Rechtslage unterschiedlich. Teilweise besteht kein Sargzwang mehr oder es werden Ausnahmen aus religiösen Gründen zugelassen. „In Bad Wurzach wurden allerdings noch keine Muslime beerdigt“, sagt der Leiter des Ordnungsamts. Auf Nachfrage bei der Bad Wurzacher DITIB-Gemeinde (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion) war das Gräberfeld für Muslime in Wurzach noch nicht bekannt. „Jede Familie ist anders, einige leben schon so lange in Deutschland, dass sie keine Wurzeln mehr in der Türkei haben, andere wollen nach wie vor in der Türkei beerdigt werden“, erklärt DITIB-Vorsitzender Güven Cicek. Eine Beerdigung in einem Sarg sei ein Problem, da der Leichnam von Erde umgeben sein müsse.

Fehlgeburten können in einem normalen Grab beerdigt werden

Volkan Yilmaz ist in dritter Generation in Deutschland: „Würde meine Tochter jung sterben, würden wir sie hier beerdigen, damit wir am Grab regelmäßig um sie trauern könnten.“ Doch er selbst möchte später einmal in der Türkei beerdigt werden.

Kinder können und konnten schon immer in einem Grab beerdigt werden. Anders war das bisher bei Fehlgeburten. „Neu ist, dass Fehlgeburten dem Standesamt angezeigt werden können, und dass dieses auf Wunsch darüber eine Bescheinigung erteilt“, erklärt Paul Riß. Das bedeutet, dass diese Fehlgeburten dann auch in einem normalen Grab beerdigt werden können. Nach Paragraph 31 der Personenstandsverordnung ist eine Fehlgeburt eine Leibesfrucht, die keine Lebensmerkmale gezeigt hat und ein Gewicht von 500 Gramm nicht erreicht hat. „Wir hier in Bad Wurzach sind einer der wenigen Friedhöfe, die vor dieser Änderung ein Feld für sogenannte Sternenkinder hatten“, sagt Riß.

Außerdem sei der Stadt wichtig, dass keine Grabsteine aus ausbeuterischer Kinderarbeit aufgestellt werden. „Wir verteilen an Hinterbliebene und Steinmetze dazu ein Informationsblatt“, berichtet der Leiter des Bad Wurzacher Ordnungsamts. Es sollen nur noch Grabsteine aus legaler Produktion aufgestellt werden. „Da erwiesenermaßen Granitsteine aus Indien und anderen südlichen Ländern oft in Kinder- oder Sklavenarbeit erstellt werden, sollen nur noch zertifizierte Steine aus Entwicklungsländern aufgestellt werden“, sagte Riß. Derzeit gibt es dazu das XertifiX-Siegel.