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Trockenheit

Hitze-Sommer wirkt sich massiv auf Wälder aus

Bad Waldsee / Lesedauer: 4 min

Bad Waldsees Stadtförster Martin Nuber über die Folgen des Hitzesommers für den Stadtwald
Veröffentlicht:19.10.2018, 14:46

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Nach dem Hitze-Sommer hat auch die Forstwirtschaft mit den Folgen der Trockenheit zu kämpfen. In manchen Städten mussten schon große Bäume in Parkanlagen und Wohnstraßen gefällt werden. Ob es solche Probleme auch in Bad Waldsee gibt, wollte Sabine Ziegler für die „Schwäbische Zeitung“ von Stadtförster Martin Nuber wissen.

Sind die großen Bäume in der Altstadt und am Stadtsee noch standsicher oder müssen Sie mit der Motorsäge ran?

Nach fünf Monaten mit überdurchschnittlichen Temperaturen und unterdurchschnittlichen Niederschlägen sind tatsächlich viele Bäume an der Grenze ihrer Belastbarkeit angekommen und gerade „noch so“ durch die Hitze gekommen. Es gibt aber auch einzelne Exemplare an ungünstigen Standorten mit Schäden. Ob sie sich wieder regenerieren, wird sich im nächsten Jahr zeigen. Zu Fällungen an Stadtbäumen wird es aktuell noch nicht kommen.

Und wie geht’s dem Stadtwald im Tannenbühl oder im Steinacher Ried nach diesem Ausnahmesommer?

Auch der Wald leidet enorm. Im Frühjahr hatten wir eine sehr starke Blüte an den Waldbäumen und infolgedessen eine außergewöhnlich starke Fruchtbildung. Der aufmerksame Waldbesucher hat sich vielleicht schon über die Massen an Eicheln und Bucheckern gewundert; auch die Fichte hat sehr viele Zapfen gebildet. Dies bedeutete an sich schon einen enormen Kraftaufwand für die Bäume. Und die Hitze und Trockenheit des Sommers bringen nun viele Bäume tatsächlich in existenzielle Nöte.

Wie wirkt sich das konkret aus?

Man konnte an den großkronigen Buchen bereits im Juli erste braune Blätter beobachten, weil die Bäume zunächst mit ausbleibendem Wachstum reagieren. Es sind sicher Millionen von Festmetern an Holz nicht zugewachsen. Spätere Generationen können dies anhand der sehr kleinen Jahresringe feststellen, die 2018 gebildet wurden. Alles in allem sind wir im Vergleich zu anderen Regionen Deutschlands aber noch sehr glimpflich davongekommen.

Dennoch vermehrt sich der Borkenkäfer auch in Oberschwaben rasant.

Ja, der Käfer gab ab Anfang August richtig Gas. Inzwischen haben wir trotz ständiger Kontrollgänge und unmittelbarem Einschreiten 1400 Festmeter an Kalamitätsholz einschlagen müssen, das auf das Konto des Schädlings geht. Dessen Aufhalten erscheint unmöglich, wenn nicht bald die Witterung zu Hilfe kommt. Wir versuchen dessen Vermehrung einzugrenzen, indem wir befallene Bäume sofort fällen und auf den Poltern entseuchen. Der Waldbesucher versteht dabei oft nicht, warum mitten im Sommer ein großes Loch in einen gesund erscheinenden Wald geschlagen wird.

Wie geht eine solche Entseuchung vor sich?

Sie geschieht ausnahmsweise durch zugelassene Insektizide oder durch Entrindung. Eine sofortige Abfuhr wäre eine weitere Möglichkeit. Leider stockt der Absatz derzeit aufgrund der enormen Mengen auf dem Markt. Mit jedem befallenen Baum, den wir rechtzeitig entdecken, können wir potenziell 15 neu befallene Bäume retten. Der Insektizid-Einsatz ist im Kampf gegen den Käfer aber nur nach gründlicher Abwägung das letzte Mittel, um seine weitere Ausbreitung zu verhindern.

Und die Verbissschäden, die das Rehwild im Stadtwald verursacht, dürften für zusätzlichen Verdruss sorgen.

Der vergangene Sommer hat uns ja deutlich vor Augen geführt, dass es unabdingbar ist, Baumarten im Wald zu etablieren, die besser mit Hitze und Trockenheit zurechtkommen als die Fichte. Es ist aber frustrierend, wenn diese als Alternative gepflanzten Baumarten vom Rehwild verbissen oder verfegt werden. Es ist aber nicht so, dass es generell eine Zunahme an Rehwild im Wald gibt. Vielmehr ist es so, dass die Aufgabe zu dessen Reduktion sehr individuell unterschiedlich ernst genommen wird. Im Großen und Ganzen klappt die Zusammenarbeit mit der Jägerschaft im Stadtwald aber ganz gut. Und sie ist auch notwendig, denn nur gemeinsam lässt sich das Ziel, einen „klimastabilen Wald“ zu hinterlassen, erreichen.

Wie weit sind Ihre diesbezüglichen Bemühungen vor Ort inzwischen gediehen?

Wir pflanzen zwischenzeitlich so gut wie keine Fichten mehr. Eine höhere Artenvielfalt und damit einen resistenteren Baumbestand bekommen wir nur hin, wenn wir jedes Jahr etwa fünf Hektar Wald mit den Baumarten Tanne, Douglasie, Lärche, Eiche und Erle anreichern und Lücken im Fichtenbestand durch diese Arten ergänzen. Wir haben im Stadtwald inzwischen auch Flächen mit Nussbäumen, Edelkastanie, Baumhasel, Bronze-Birke, Robinie, Mammutbäumen oder der seltenen Paulowinia bepflanzt. Der gewohnte Anblick unserer Wälder wird sich daher langfristig erheblich verändern. Dies ist eine anspruchsvolle Aufgabe, da der Stadtförster neben der Ökologie auch die Ökonomie nicht vernachlässigen darf.

Wenn Sie beim „Wettergott“ drei Wünsche freihätten, welche wären das?

Da schlagen zwei Herzen in meiner Brust: Als Alpinist und Motorradfahrer freue ich mich über das schöne Wetter. Aber als Förster würde ich mich zum Wohle der Bäume über ergiebige Niederschläge, moderate Temperaturen und ausbleibende Stürme freuen.