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Geschosswohnungsbau

Geschosswohnungsbau könnte Wohnungsnot lindern

Bad Waldsee / Lesedauer: 4 min

Landtagsabgeordnete Susanne Bay zu Gast beim „Vor-Ort-Gespräch“ in der Burg Michelwinnaden
Veröffentlicht:07.06.2018, 13:45

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Auf Einladung des grünen Ortsverbandes Bad Waldsee war die Landtagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, Susanne Bay , am Mittwoch zu Gast in der Burg Michelwinnaden. Bei einem zweistündigen „Vor-Ort-Gespräch“ ging es im Beisein von Bürgermeister Roland Weinschenk sowie den Ortsvorstehern Rosa Eisele, Frieder Skowronski und Achim Strobel um „Bauen und Wohnen auf dem Land im Spannungsfeld von Flächen- und Naturverbrauch“. Ein hochaktuelles Thema, zumal auch im wirtschaftsstarken Raum Bodensee-Oberschwaben aufgrund starken Zuzugs von Arbeitskräften akute Wohnungsnot herrscht und die Mietpreise durch die Decke gehen.

Zunächst war es an Gastgeber Skowronski, der Abgeordneten aus dem Wahlkreis Heilbronn , ihrer Fraktionskollegin Petra Krebs (Wangen) sowie den Vertretern des grünen Orts- und Kreisvorstandes die mit 680 Einwohnern kleinste Waldseer Ortschaft vorzustellen. Von einst 48 Bauernhöfen seien vier im Vollerwerb übriggeblieben. „Unser großes Thema ist neben Nahversorgung, ÖPNV und schnellem Internet vor allem die Baulandentwicklung und Lückenschließung mit neuem Wohnraum im Ort, weil es viele bauwillige Familien gibt und Bürger, die nach Wohnungen suchen“, betonte der Ortsvorsteher.

Das Problem daran: „Viele ältere Höfe werden nur noch von einer Person bewohnt und wegen des Emissionsschutzes kann drum herum kein Wohnungsbau stattfinden“, weiß Skowronski. „Wir freuen uns, wenn unsere Senioren bei uns auch ihren Lebensabend verbringen möchten. Es wäre aber schön, wenn wir ihnen im Alter barrierefreien Wohnraum anbieten könnten und im Gegenzug dazu manche ehemalige Hoffläche innerorts für junge Familien erschließen könnten.“

Ähnliches berichteten Eisele und Strobel aus Haisterkirch, Gaisbeuren und Reute. Zudem gibt es nach ihren Aussagen auch in den kleinen Ortschaften immer mehr unbewohnte Wohnungen, wie dies aus der Kernstadt schon länger bekannt ist. Strobel redete deshalb einem „Bauzwang“ das Wort und als hilfreiche Maßnahme könnte er sich eine höhere Besteuerung leerstehender Häuser vorstellen. „Wir haben in der Praxis täglich mit Anfragen nach Wohnungen und Bauland zu tun, aber wir können leider nichts anbieten“, bedauerte der Ortsvorsteher.

Kaum Flächen in Innenstadt

Bürgermeister Roland Weinschenk beklagte, dass die Verfahrensdauer bei der Aufstellung von Bebauungsplänen „viel zu lange“ sei. „Wir bemühen uns auch in Bad Waldsee darum, freie Flächen innerorts zu nutzen und zu bebauen. Aber die Möglichkeiten dazu sind sehr eingeschränkt und wir müssen deshalb weitere Baugebiete am Stadtrand ausweisen, um der großen Nachfrage überhaupt noch gerecht zu werden“, so Weinschenk zum „Credo“ der Grünen, rücksichtsvoll mit Naturflächen umzugehen und „innen vor außen“ zu überbauen.

Bay sicherte zu, diese praxisnahen Statements mit in den Landtag zu nehmen, wo sie als Fraktionssprecherin für „Bauen und Wohnen“ auftritt. Die Abgeordnete kennt die aktuellen Probleme der Kommunalpolitik in Sachen „Bauen und Wohnen“ auch aus eigenem Erleben, weil sie sich ehrenamtlich als Stadträtin in Heilbronn engagiert. Sie verstand es in ihrem gut halbstündigen Vortrag deshalb gut, kreative Bau-Beispiele aus ihrer Heimatstadt einzuflechten. „Bei allen Problemen, dass die Kommunen nicht an Grundstücke kommen für den dringend benötigten Wohnraum, gibt es doch immer wieder gelungene Bau-Projekte in Sachen ‚Geschossbau’: Man muss nur etwas Mut haben und vor Ort kommunal steuernd eingreifen.“

Auch wenn der Oberschwabe am liebsten sein Einfamilienhaus baue „mit viel Platz ums Haus herum“, so Bay, dürfe der (staatlich geförderte) Geschosswohnungsbau in neuen Wohngebieten nicht länger vernachlässigt werden, um die vielen Anfragen befriedigen zu können. „Wir reden hier nicht mehr nur von Menschen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind beim Wohnen: Die Wohnungsnot ist längst in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen, weil auch der Polizist und die Krankenschwester die hohen Mieten auf dem überreizten Immobilienmarkt nicht mehr aufbringen können“, weiß die Abgeordnete. Sie informierte ihre Zuhörer über die Bemühungen der Landesregierung, mehr neuen Wohnraum zu generieren und staatliche Fördergelder zur Verfügung zu stellen.

Bay rät den Gemeinden im Land, keine „reinen Generationen-Wohngebiete“ mehr auszuweisen, sondern Einfamilien-, Doppel- und Mehrfamilienhäuser „sinnvoll zu mischen. Kaum sind die Kinder aus dem Haus, ist den Älteren Haus und Garten zu groß. Sie könnten dann aber im angestammten Wohngebiet bleiben, eine kleinere Geschosswohnung beziehen und ihr Haus jungen Familien anbieten, dann ist allen geholfen“. Und was „innen vor außen“ angehe, da ließ Bay bei ihrem Besuch in Michelwinnaden doch noch etwas „luck“ beim grünen „Credo“: „Wenn innen halt wirklich gar nichts mehr geht mit neuem Wohnraum, dann kann auch der Maisacker am Stadtrand bebaut werden, der im Zweifelsfall ökologisch weniger wertvoll ist als manch andere, gewachsene Fläche im Ort.“