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Ehepaar

Genügend Zwerge für 20 Schneewittchen

Bad Waldsee / Lesedauer: 6 min

Der Garten von Osi und Karl Dachs ist mit 140 Gartenzwergen geschmückt–Jeden Morgen wird neu dekoriert
Veröffentlicht:02.09.2012, 17:20

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Wer den Garten des Ehepaar Dachs betritt, dem wird erst einmal frech hinterher gepfiffen. Schaut man sich nach dem Übeltäter um, blickt man in 140 Gesichter, die in Frage kommen könnten. Denn für das freche Pfeifen ist einer der Gartenzwerge verantwortlich. Und von denen hat das Ehepaar Dachs nun einmal 140. Oswina Dachs ist sofort bereit, mehr über die beträchtliche Sammlung in ihrem Garten zu erzählen. Sie möchte aber Osi genannt werden. „In Bad Waldsee kennen mich alle als Osi“, erklärt sie. Wie gut, dass der Platz neben ihr auf der Gartenbank gerade frei geworden ist – ein älterer Herr macht sich extra auf den Weg, um dem nächsten Besucher Platz zu machen.

„Die Gartenzwerge sind inzwischen zu einem Hobby von uns geworden“, sagt Osi Dachs. „Angefangen zu sammeln haben wir vor fünf Jahren. Davor wohnten wir nämlich noch nicht hier, sondern da vorne.“ Sie deutet auf die gegenüberliegende Straßenseite der Friedhofstraße, ein paar Häuser weiter. „Da hatten wir noch keinen Garten.“ Mit dem Garten kam dann die Begeisterung für die Figuren. „Immer, wenn ich eine schöne Figur irgendwo sehe, muss ich sie für unseren Garten mitnehmen“, sagt Osi Dachs. Weiter kann sie nicht erzählen, denn auf der Straße nähert sich von links ein Auto. Schon von weitem winkt die Beifahrerin begeistert zum Fenster heraus. Osi Dachs winkt zurück. So lange, bis die Beifahrerin nicht mehr zu sehen ist.

Sitzt man auf der Gartenbank des Ehepaars, blickt man direkt auf den gegenüberliegenden Parkplatz. „Es bleiben immer viele Leute an unserem Garten stehen“, erzählt Osi Dachs, unterbricht sich aber sofort selbst: „Haben Sie das gesehen?“ Ein Auto hat den Weg auf den Parkplatz abgekürzt. Wenige Zentimeter neben der Fußgängerampel hat der Wagen einfach den Bordstein überfahren, um auf den Parkplatz zu kommen. „Das darf der doch gar nicht“, meint Osi Dachs empört.

Aber zurück zu den Gartenzwergen. 70 von ihnen säumen ordentlich aufgereiht den kleinen Weg, der zur Gartenbank führt. „Diese 70 waren bei meinem letzten Geburtstag die Tischdekoration. Meine Kinder haben mir die geschenkt“, erzählt Dachs. „Und wissen Sie was? Heute ist nämlich auch mein Geburtstag“, fügt sie hinzu. Hinter dem Haus sei schon für etwa 20 Gäste gedeckt.

Der Alltag bei den Dachses ist gesellig. „Wir kommen wegen unserem Garten ganz oft mit den Kurgästen ins Gespräch“, sagt Osi Dachs. Gerne setzen sich die Kurgäste dann auch aufs Bänkchen, um sich den Garten in Ruhe anschauen zu können. „Wir machen das mit den vielen Figuren nicht nur für uns, sondern auch für andere. Wir freuen uns, wenn die Leute sich freuen.“ Darum ist auch bis spät abends der Springbrunnen in ihrem Garten beleuchtet. Damit sich Spaziergänger an ihm freuen können. Über ihren Garten haben die Dachses schon viele Kontakte geknüpft, manchmal sogar Freundschaften geschlossen – die auch halten, wenn die Kurgäste nach Hause zurückkehren.

Jeden Abend werden die Gartenzwerge, ausgestopften Dachse, Engel und Keramik-Tiere von Karl und Osi Dachs eingesammelt und in der Garage in passenden Kisten verstaut. Am nächsten Morgen werden sie dann liebevoll wieder aufgestellt. Eine Stunde Zeit nimmt diese Prozedur täglich ein. Eine halbe Stunde morgens, eine halbe Stunde abends. „Das ist leider notwendig“, sagt Osi Dachs. „Erst letztens habe ich ein Mädchen, sie war so um die 17, erwischt, wie sie eine von unseren Laternen stehlen wollte. Die Laternen werden mit Solar betrieben und leuchten die ganze Nacht.“

Vier von den großen Gartenzwergen sind den Dachses tatsächlich schon gestohlen worden. „Mein Mann hat daraufhin ein Plakat im Garten aufgestellt. Auf dem stand: ‚Wer unsere Gartenzwerge gestohlen hat, dem sollen die Finger abfaulen‘“, erzählt Dachs. Einer Frau, die am Garten vorbeiging, fiel das Schild auf. Sie erzählte den Dachses von vier Gartenzwergen, die von einer Nacht auf die andere auf einem Grab auf dem Friedhof standen. Es stellte sich heraus, dass es tatsächlich die Zwerge aus dem Garten der Dachses waren. Die Übeltäter wurden jedoch nicht gefunden.

Apropos Übeltäter während des Gesprächs ist schon wieder ein Auto – dieses Mal mit Biberacher Kennzeichen – unerlaubter Weise direkt an der Fußgängerampel über den Bordstein auf den Parkplatz gefahren. Osi Dachs ist das nicht entgangen. „Da stehen doch sonst Kinder“, sagt sie und winkt der zuständigen Stadtangestellten zu, die gerade vorbeiradelt. Osi Dachs erklärt ihr, was gerade – zum zweiten Mal an diesem Tag – passiert ist. Die Frau macht sich auf den Weg, um die Übeltäter, in diesem Fall zwei ältere Damen, ins Gebet zu nehmen. Nach einigen Minuten kommt sie zurück: „Das war eine ehemalige Waldseerin. Sie meinte sie sei so erschrocken gewesen, wie sehr sich die Stadt in den vergangenen Jahren verändert hat, dass sie aus Versehen über den Bordstein gefahren ist.“ Das wäre also auch geklärt. Die Mitarbeiterin der Stadt klagt noch ein bisschen darüber, dass die Parkuhren so oft falsch bedient und damit kaputt gemacht werden, dann radelt sie weiter. Und Osi Dachs kann wieder von den Zwergen erzählen.

Im Winter kommen die Figuren nämlich endgültig in die Garage. Sie machen Platz für einen Christbaum, den dazugehörigen Nikolaus und einige Schneemänner. „Alles, was so zum Winter dazu gehört“, meint Osi Dachs. Und im Frühjahr folgen die Osterhasen. Im ganzen Garten liegen dann auch bunte Eier. Die Dekoration also immer passend zur Jahreszeit – und passend zum Familiennamen. Denn im Garten stehen auch zwei ausgestopfte Dache. Die beiden brauchen allerdings dringend neue Augen. Die will Karl Dachs demnächst im „Internets“ bestellen, wie er scherzhaft sagt.

Auf der Gartenbank der Dachses vergeht die Zeit wie im Flug. Langsam wird es dann auch Zeit für die Geburtstagsfeier. Bald kommen die Gäste. Und eines ist sicher: Die Gartenfiguren bekommen heute ganz bestimmt noch Zuwachs. Der Platz auf der Gartenbank wird jetzt also wieder frei für den nächsten Besucher. Einer der Zwerge – welcher es denn nun war, ist immer noch nicht klar – pfeift noch einmal zum Abschied.