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Gedächtnis

Gedächtnis für einen Bad Waldseer Künstler

Bad Waldsee / Lesedauer: 3 min

Ausstellung „Das tänzerische Schwarz“ zu Paul Heinrich Ebells 110. Geburtstag im Museum Kornhaus
Veröffentlicht:02.09.2018, 17:28

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Im Jahr 1948 kam der 1908 in Charlottenburg geborene und im niederschlesischen Haynau aufgewachsene Paul Heinrich Ebell als Kunsterzieher an die Oberschule nach Bad Waldsee. 1943 hatte der zwischen den beiden Weltkriegen an der Universität und der Akademie von Breslau und am Lehrerseminar in Leipzig und Berlin zum Künstler und Kunsterzieher ausgebildete Ebell, der 1940 eingezogen und an der Ostfront verwundet worden war, durch sozusagen glückliche Umstände nach Kißlegg gefunden. Am Verlust seiner Heimat, von sämtlichen künstlerischen Arbeiten sowie mehreren Freunden durch Krieg und Flucht trug er sein Leben lang.

Mit Jazz- und Swingmusik, die Ebell sehr geschätzt hat, umrahmten die beiden jungen Saxophonistinnen Luisa Hochdorfer und Nicole Rickert die sonntägliche Vernissage im voll besetzten Kornhaus. Ernst Langer übernahm neben der Begrüßung der zahlreichen Ehrengäste, darunter auch der Leihgeberin Ursula Hirrlinger, einen kurzen Abriss über die Vita des Künstlers, der genau 50 Jahre lang als Künstler in Bad Waldsee gewirkt hat. Neben seiner pädagogischen Tätigkeit – zu seinen Schülern gehörten auch Axel F. Otterbach, Jörg Eberhard und Elisabeth Klass – war er Mitbegründer der Sezession Oberschwaben-Bodensee und gründete 1965 die Kleine Galerie im Elisabethenbad.

Uwe Degreif, der in die Ausstellung einführte und bei der Auswahl der Werke beraten hatte, ging es um die Entwicklung Ebells von seinem „Frühwerk“ der späten 1940er- und 1950er-Jahre bis zu seinen graphischen Arbeiten ab den 1970er-Jahren. Das frühe Werk sei bereits das Werk eines reifen Gestalters, dem von Motivik und Malweise her eine Verbindung von Figürlichem und Abstraktem anzusehen sei. In den schwebenden Engeln, in Gartenlandschaften mit Tieren und märchenhaften Szenen würde Ebell Reminiszenzen an seine schlesische Heimat knüpfen und durch die Aufgabe der Zentralperspektive gleichsam das Realistische der im Osten länger wirksamen Volkskunst aufnehmen.

Eine weitere stilistische Einordnung zwischen Figuration und Abstraktion nahm Degreif mit der Analyse von Ebells Gemälde „Die schwarze Tänzerin“ von 1955 vor, das durch die Aufteilung in eine dunkle und eine helle, farbige Hälfte und durch die schwarzen Umrisse sowohl erzählerisch wirke wie farblich abstrakt sei.

Die Farbe Schwarz nannte Degreif als drittes prägendes Element und verwies auf ihre Bedeutung als Modefarbe der Sechzigerjahre in Paris, der Existenzialisten, des Jazz. Bei Ebell sei das Schwarz in Aquarellen und Graphiken der späteren Jahrzehnte, von denen übrigens eine Sondermappe zum Verkauf angeboten wird, so wie auch ein sehr schmaler Streifen Weiß zum Trennen der Farbflächen wichtig. In den großformatigen Holzschnitten dagegen dehnt sich das Schwarz zu großen Flächen mit kraftvollen abstrahierten figürlichen Zeichen aus. Oft sind es weibliche Körper in extremer Längung – die Druckstöcke sind in der Nähe zu sehen – oder auch stilisierte vegetabile Formen.

Insgesamt vermittelt sich der Eindruck eines eigenständigen künstlerischen Werks, trotz aller Assoziationen an die klassische Moderne, an Georges Rouault, Marc Chagall oder Paul Klee. Zum graphischen Werk wird dann ab 16. September auf Schloss Mochental bei Ebells Galeristen Ewald Schrade noch Weiteres zu sehen sein.