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Narrengilde

Ein neuer Maskenschnitzer in Bad Waldsee

Bad Waldsee / Lesedauer: 5 min

Norbert Madleners erste „Goißa“ sind bereits im Einsatz – SZ-Besuch in der provisorischen Werkstatt
Veröffentlicht:13.02.2017, 13:41

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Die Narrengilde Schussentäler Reute hat allen Grund zur Freude: Seit Kurzem können sie mit einem eigenen Maskenschnitzer in ihren Reihen aufwarten. Norbert Madlener schnitzt, schleift und beizt die „Goißa“-Maske selbst. Dazu ging und geht er in die Lehre beim bekannten Maskenschnitzer Jogi Weiß. Die SZ hat Madlener in seiner provisorischen Werkstatt in Bad Waldsee besucht.

„Eigentlich ist das hier unser Esszimmer“, erklärt der 36-Jährige und betritt seine derzeitige Werkstatt. Dort, wo normalerweise der große Familientisch steht, ragt nun eine Werkbank weit in den Raum hinein. Etliche Spachtel und Schnitzeisen liegen ordentlich nebeneinander gereiht und warten auf ihren nächsten Einsatz. Und eines ist sicher: lange müssen sie nicht warten. Seit Oktober verbringt Madlener jede freie Minute mit dem Maskenschnitzen. Die Feierabende und ganze Samstage widmet er seinem neuen Hobby.

Während er so von den Anfängen erzählt, funkeln seine Augen, seine Lippen formen sich zu einem Lächeln und die Leidenschaft ist beinahe greifbar: „Ich habe die Fasnet quasi mit der Muttermilch aufgesogen und Masken haben mich schon immer fasziniert.“ Als er als Kind erstmals vom Beruf des Maskenschnitzers hörte, war es um ihn geschehen. Der Gedanke, einmal selbst Masken zu schnitzen, loderte wie ein Feuer in ihm, kam aber nie gänzlich zum Ausbruch. Bis, ja bis seine Frau Yvonne ihm ein Starter-Set schenkte und ihn seine Schwester bei einem VHS-Kurs anmeldete. „Das hat einfach so viel Spaß gemacht und ich dachte, ich schnitze jetzt halt ein paar Figuren.“ Es sollte anders kommen.

Lehrmeister Jogi Weiß

Sein erstes Schnitzwerk war im April 2016 fertig: eine Schrättele-Maske für den Patenonkel. Diese Handarbeit nahm sein Vater Ludwig Madlener zum Anlass, ihn bei der Narrengilde ins Gespräch zu bringen. Schließlich war die Zunft auf der Suche nach einem Nachfolger von Maskenschnitzer Eugen Schmid. „Ich wurde gefragt und habe ja gesagt. Ich wollte es einfach probieren“, erinnert sich der gelernte Steinmetz. Er organisierte sich Holz und fing an, Konturen in das Material einzuarbeiten. Doch nach einiger Zeit wusste Madlener technisch nicht weiter und wandte sich an Jogi Weiß. „Er hat mir sofort geholfen, mir Tipps gegeben und mir Erfahrungswerte vermittelt. Ohne ihn würde es die Goißa-Maske von mir nicht geben“, betont der Bad Waldseer die für ihn unbezahlbare Hilfe. Immer und immer wieder bittet Madlener den Experten um Rat. Speziell die Übergänge von Maskenkopf zu den Hörnern und der Schwung der Ohren stellten den damaligen Laien Madlener vor Herausforderungen, die er mit fachkundiger Anleitung und unbändigem inneren Antrieb zu meistern vermochte.

Es kommt auf den Ausdruck an

Im November stellte er der Narrengilde seine erste Goißa-Maske zur freudigen Überraschung vieler Vereinsmitglieder vor. Schnell gingen die ersten Aufträge bei ihm ein. Die ersten vier Masken sind bereits an ihre neuen Besitzer übergeben und haben ihre ersten Sprünge bei Umzügen hinter sich. Ein Glücksgefühl für Madlener? Er nickt und schüttelt gleichzeitig den Kopf: „Klar ist das ein super Gefühl. Aber man ist schon auch etwas wehmütig, wenn man die Masken abgibt. Schließlich sind die Masken Teil von einem selbst und man entwickelt Gefühle zu der Maske. Aber wenn man sieht, wie sehr sich die Leute darüber freuen, dann ist das das schönste Kompliment.“ Wie er von seinem Lehrmeister und mittlerweile Freund Jogi Weiß beigebracht bekam, achtet Madlener darauf, die Augenlöcher großzügig zu gestalten und die Abstände auf das Gesicht anzupassen. „Dadurch können die Maskenträger besser sehen“, verdeutlicht er. Jede handgeschnitzte Maske stellt dabei ein Unikat dar – der Ausdruck variiert: „Wenn ich mich schlecht fühle, schaut die Maske traurig, bin ich gut drauf, ist der Ausdruck fröhlich. Das ist der Reiz, ich kann meine ganze Kreativität einbringen.“

Ein gutes Team

Diese Kreativität liegt in der Familie, gemeinsam mit seiner Frau Yvonne (32) verkauft er unter der Marke „Hölzlie & Stöfflie“ Selbstgenähtes, Holzdekorationen und Holzspielzeug. Für das Holz ist der Mann, für das Genähte die Frau zuständig. Die Narrengilde nutzt diese Kombination ebenfalls für sich. Seit November näht Yvonne Madlener die Häser der Zunft. „Wir sind ein gutes Team“, ist sich das Ehepaar einig und lacht.

Dieser Tage bearbeitet Madlener bereits die nächsten drei Goißa-Masken. Auf lange Sicht könnte er sich auch vorstellen, weitere Masken anderer Zünfte zu modelslieren. „Aber das ist Zukunftsmusik“, sagt der zweifache Familienvater, „ich finde das Brauchtum wichtig und möchte meinen Teil dazu beitragen.“ Um auch den Kindern den Spaß an der Fasnet zu vermitteln und ihnen die Angst vor den Masken zu nehmen, ging Madlener im Januar sogar in den Kindergarten seines Sohnes und gab den Sprösslingen einen Einblick in sein neuerworbenes Handwerk. Er präsentierte dem Nachwuchs allerlei Masken, zeigte sie von vorn und von hinten. „Sie sollen sehen, dass es eigentlich nur ein Stück Holz ist, das in Form gebracht ist und sie sich davor nicht zu fürchten brauchen“, hebt Madlener das Anliegen sämtlicher Fasnetsumzüge hervor, den Spaß.

Interessierte können per E-Mail Kontakt zum Hobby-Maskenschnitzer aufnehmen:

[email protected]

Einen interaktiven Besuch in der Werkstatt eines Maskenschnitzers in Ravensburg machen Sie hier.