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Integrator

Der große Integrator aus dem sagenhaften Bempflingen

Bad Waldsee / Lesedauer: 3 min

Bernd Kohlhepp macht gute Stimmung im Waldseer Haus am Stadtsee
Veröffentlicht:18.03.2018, 16:10

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Auf die Bühne im voll besetzten Haus am Stadtsee kommt Bernd Kohlhepp zur Begrüßung noch unverkleidet und macht erst mal den Moderator. Schließlich muss er seine Bühnenfigur Herr Hämmerle entsprechend ankündigen. Aber sowie er das Jackett gegen eine schauderöse Trainingsjacke getauscht und ein Deppenhütchen aufgesetzt hat, verwandelt er sich vor dem Videohintergrund und mithilfe von weiteren schrillbunten Jacken in alle möglichen Typen – vom Spießer bis zum Schlaule, vom Besserwisser bis zum Jugendversteher. Und wenn’s sein muss, kommt er auch als Riesendino – mit viel Luft unter der aufblasbaren Polyesterhaut – auf die Bühne.

Aber erst mal wärmt er in relativem Hochdeutsch das Publikum an: „Wer ist Schwabe?“, wenig Reaktion, „Wer ist Oberschwabe?“, da gehen die Hände hoch. Er greift sich ein paar Nahesitzende heraus, Paare am liebsten, die er dann den ganzen Abend über als “Mitspieler“ immer wieder in sein Programm holt. Die meisten machen mit – und ein wenig Vorführen und kleine Fiesheiten sind ja auch erlaubt bei Schwaben unter Oberschwaben, oder? Das Kennzeichen eines guten Entertainers ist nun mal die Geistesgegenwart, mit der eine spontane Pointe grade kurz vor dem Abschuss noch die Kurve kratzt. Und das kann der Vollprofi wirklich – scheinbar improvisieren, als wäre alles nur Geplauder, Situationskomik ummünzen in haltbare Aussage oder einfach trotz hörbar dicker Erkältung zwei Stunden volles Programm hinkriegen.

Um was geht’s darin? Ja, der biedere Herr Hämmerle aus Bempflingen (Achtung, realer Ort bei Tübingen!), jüngst von seiner Frau verlassen (man versteht sie gut), ist jetzt allein im Haus, aber voll digital. Tolle Chancen für die frustrierte Dumpfbacke, er ist ja lernfähig. Alles ist vernetzt, am Handgelenk eine Kombiuhr aus Schrittmesser, Smartphone und Chatanschluss. Die Hausgeräte sprechen in Reimen miteinander, wenn alles still ist in der Nacht, während der alte Kobold-Sauger zur Tanzpartnerin beim Cha Cha Cha auf den Super Mambo „Bitte bitte saug’ mit mir, saug’ mit mir ...“ wird.

Ein Dino als Ganzkörperkostüm

Das mit dem Dino – das Ganzkörperkostüm gibt’s auch online – ist übrigens superherzig: im Video lümmelt sich der “schwäbische Dinosaurier“ auf einem relativ kleinen Sofa, schmollt und faucht, während sein Erfinder Kohlhepp davor steht und Dinos Verhalten kommentiert. Beispiel: „Ein schwäbischer Dinosaurier ist jemand, der das Streusalz von der Butterbrezel abkratzt.“

Das Publikum amüsierte sich königlich und zu Recht – denn das meiste ist nachhaltig, zum Lachen und ebenso zum Nachdenken. Müsste man hingegen den Inhalt zusammenfassen, würde es eng. Viel ist atemlose Schnellreflexion über das Leben in Echtzeit, alte Fernsehserien, übers Chatten und Speeddating, über alte Leute und die alte Mutter, über Veganer („ich bin von der Erde“), über Frauen („Die Frau braucht ein Problem“) und Männer („Der Mann braucht eine Lösung“). Kunterbunt wie seine Sakkos ist alles durcheinander gemixt, aber zusammen mit den Oldies, die er mit seinen Schüttelreimen covert, wird doch eine schlüssige Botschaft daraus: „Es isch it wichtig, wie alt du wirschd, abr es isch wichtig, dass du it uuwirsch wirschd“, ist Kohlhepps abschließende Meinung zum Ernst des Lebens. Und wer würde ihm da nicht zustimmen?