Weltmusikalbum
„Wir wollen weniger kompliziert werden“
Aulendorf / Lesedauer: 5 min
Die Irish-Folkband „Cúl na Mara“ hat beim 32. Deutschen Rock- und Pop-Preis gleich drei erste Plätze belegt. Das Album „Current Tales“ ereichte den Titel bestes zeitgenössisches Weltmusikalbum und siegte in den Kategorie bestes Folkrockalbum. Mit „Carrowkeel“ wurde ein Stück der Platte zudem als bester Folkrocksong gekürt. Der Zollenreuter Musiker Martin Waibel hat Paulina Stumm erzählt, wie die Band auf die Auszeichnung reagiert hat, ob bereits Angebote von großen Konzertagenturen eingegangen sind und woran „Cúl na Mara“ aktuell arbeiten.
Herr Waibel, über welche der drei Auszeichnung freuen Sie sich am meisten?
Das ist schwer zu beantworten, wir freuen uns über alle drei ersten Plätze sehr. In der Kategorie Folkrockalbum hatten wir mit „Current Tales“ schon Hoffnung auf eine Platzierung, aber beim besten Folkrocksong hat es mich wirklich sehr überrascht. Als wir uns beworben haben, war „Carrowkeel“ nur in einer Vorversion fertig. Es ist auch weniger ein Hit, eher ein Klanggemälde. Das Lied handelt von einem mystischen Ort im Norden von Irland bei Sligo. Normalerweise hätten wir „Irish Lullaby“ eingereicht, aber das hat traditionelle Melodielinien und es sollte ja etwas Neues und Eigenes sein.
Sie waren als einziges Bandmitglied bei der Preisverleihung in Siegen vor Ort. Wie haben sie den Abend erlebt?
Wir waren ja eher pessimistisch und meine Bandkollegen haben von vorne herein gesagt, sie fahren nicht mit. Vor zwei Jahren waren wir vier Mal nominiert und haben nur drei zweite und einen dritten Platz erreicht. Als abends die Gewinner bekannt gegeben wurden habe ich sofort meine Bandkollegen angerufen. Die haben es erst gar nicht geglaubt. Sie dachten ich scherze und fanden es gar nicht lustig. Dann haben sie sich aber sehr gefreut.
Welche Bedeutung haben die Auszeichnungen für Ihre Band?
Das ist nicht leicht einzuschätzen. Auch Bands wie Pur und Mundstuhl haben zu Beginn ihrer Karrieren hier Preise gewonnen. Aber es schaffen jedes Jahr nur zwei, drei Bands ins Profilager. Und da wollen wir ja nicht hin. Es hat mehr eine persönliche Bedeutung. Manchmal zweifelt man ja auch als Musiker an seiner Arbeit, und von einer fachkundigen Jury ausgezeichnet zu werden, ist das schon etwas wert.
Welchen Stellenwert hat der Rock- und Pop-Preis in ihrem Musikgenre?
Im Folkrockgenre und bei den Weltmusikalben hat es schon einen recht hohen. Denn in den Bereichen gibt es wenig vergleichbare Preise. Das Folkrockgenre ist ja auch übersichtlicher. Rockgruppen gibt es viel mehr. Bands, die in vergangenen Jahren gewonnen haben, waren auf Festivals sehr gefragt.
Gab es denn schon Anfragen?
Nein, aber wir rechnen damit, dass sich die kommenden Wochen etwas tut. Wir haben per Email und auf Facebook viele Glückwünsche erhalten. Ganz große Konzertagenturen haben aber noch nicht angerufen, damit rechnen wir in unserem Genre aber auch nicht wirklich.
Hat die Jury gesagt, warum „Current Tales“ auf Platz ein gelandet ist?
Eine Urteilsbegründung gibt es nicht. Die Kritiker entscheiden nach festgelegten Kriterien, etwa textliche Qualität, Aufbau und Stimmhaftigkeit. Auch die zweit- und drittplatzierten Alben von Nobody Knows und Wendrsonn sind hervorragende Alben. In der Instrumentierung sind sie sehr unterschiedlich, deshalb finde ich es schwer, sie zu vergleichen. Was wir von Kritikern öfter hören ist, dass uns die Verbindung von alten Liedern und modernen Themen sehr gut gelingt.
„Current Tales“, das zweite Album, ist im Herbst erschienen. Woran arbeiten sie gerade?
Jetzt im Winter befassen wir uns mit den größeren Konzerten im kommenden Jahr. Vor 90 bis 150 Leuten zu spielen, das gelingt uns schon gut. Hier haben wir einen starken Publikumsbezug. Aber wir müssen noch ein Programm und Bühnenshow erarbeiten für größere Livekonzerte und Festivals. Die Italiener haben uns entdeckt. Wir sind zum großen Interceltic-Festival in Trieste eingeladen. Gerade arbeiten wir an vier bis fünf neuen Stücken mit bekannten Melodielinien. Wir wollen damit für ein breiteres Publikum einfacher, weniger kompliziert und fetziger werden.
Die Band „Cúl na Mara“
Übersetzt heißt der Name der Folk-Rockband „Winkel am Meer“. Die vier Musiker von „Cúl na Mara“ sind im oberschwäbischen Raum keine Unbekannten: Sonja Bumiller (Bass, Akkordeon, Gesang), Sylvia Häufle (Schlagzeug, Gesang), Eckard Lehmann (Uilleanpipe, Flöten, Highlandpipes, Gesang) und Martin Waibel (Bouzouki, Gitarren, Mandoline, Gesang) musizieren seit drei Jahren als Folkband zusammen. Sie verbinden traditionell keltische Melodien mit modernen Rockelementen und zeitgenössischen Texten. Vor zwei Jahren erschien ihre erstes Album „As we went out“. Im Oktober 2014 folgte „Current Tales“. Das Album befasst sich mit aktuellen Themen wie Krieg, Flucht und Vertreibung. „Wir unterstützen mit jeder verkauften CD mit drei Euro die Kinder von Asylbewerbern in Aulendorf“, sagt der Zollenreuter Martin Waibel.
Der Deutsche Rock- und Popmusikerverband (DRMV) lobt seit 1983 jährlich den Deutschen Rock- und Pop-Preis aus. Eine Fachjury zeichnet Nachwuchsmusiker unterschiedlicher Genres aus, wie Rock, Pop, Country, Alternative, Reggae und viele andere. Insgesamt gibt es 124 Musikkategorien. Neben den acht Hauptkategorien, etwa die Sonderkategorie bestes Weltmusikalbum und die Nebenkategorie Folkmusik.