StartseiteRegionalRegion AllgäuAmtzellErst Fahrradunfall, dann Schulden - wie ein Mentor dem geflüchteten Moustafa zur Hilfe kam

Fahrradunfall

Erst Fahrradunfall, dann Schulden - wie ein Mentor dem geflüchteten Moustafa zur Hilfe kam

Amtzell / Lesedauer: 3 min

Private Spendenaktion hilft jungem Syrer aus großer finanzieller Not
Veröffentlicht:10.01.2021, 12:00

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Für Moustafa Al Odat aus Daraa hat sich ein Weihnachtswunder ereignet. Der junge Syrer, der vor fünf Jahren als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Oberschwaben kam, ist eine große Last losgeworden. Zu verdanken hat er das seinem Freund und einstigen Betreuer Werner Jäger-Franke aus Amtzell sowie einer großen Zahl ihm völlig unbekannter Wohltäter.

Der Reihe nach: Vor gut zwei Jahren war Moustafa mit dem Fahrrad auf der Heimfahrt von einem Putzjob, den er neben seiner Vollzeitausbildung zum Krankenpfleger am Klinikum Friedrichshafen machte. Dabei krachte er auf ein Auto und wurde mit einer heftigen Kopfverletzung bewusstlos in „sein“ Krankenhaus eingeliefert. Er konnte sich bald erholen und seine Ausbildung fortsetzen.

Eine Welt bricht zusammen

Doch er galt als Unfallverursacher und hatte keine Haftpflichtversicherung, die die Schadensregulierung übernommen hätte. Der Schaden am anderen Fahrzeug war auf 13 500 Euro taxiert worden.

Für den gut integrierten, um sein eigenes Auskommen bemühten, jungen Syrer brach eine Welt zusammen. Unmöglich konnte er so eine Summe aufbringen. Doch Werner Jäger-Franke ließ nichts unversucht, um seinem Schützling aus der Patsche zu helfen. Mit der Unterstützung eines befreundeten Rechtsanwalts gelang es ihm, die Forderungen der Versicherung bis Ende 2020 hinauszuschieben.

Doch im November drohte der gerichtliche Mahnbescheid. In zahllosen Telefonaten mit dem zuständigen Sachbearbeiter gelang es, die Gesamtforderung zu reduzieren. Bedingung: Moustafa Al Odat müsse im Januar eine größere Summe als Abschlag zahlen und die Restschuld dann in Raten von seinem Ausbildungsgehalt tilgen.

Große Resonanz

Woher die „größere Summe“ nehmen? Da besann sich Werner Jäger-Franke seines großen Freundeskreises. Die Vorweihnachtszeit wirkte sich offenbar günstig auf seine in einer Rund-Mail geäußerte Spendenbitte aus, um Moustafa einen Teil des massiven finanziellen Drucks zu nehmen.

Es ereignete sich eine wunderbare Bescherung, wie Jäger-Franke noch kurz vor Weihnachten in einer Dankes-Mail an seinen großen Verteiler mitteilen konnte: „Auf Moustafas Konto sind 3555 Euro eingegangen! Moustafa ist schlichtweg überwältigt. Er sagt, ich solle in seinem Namen allen ganz herzlich danken.“ Fassungslos und weinend vor Freude habe er gefragt: „Wie können mir so viele Menschen etwas schenken, wenn sie mich überhaupt nicht kennen?“

Doch das Beste kommt noch. Nach einem weiteren Telefonat mit dem Versicherungsmann konnte Jäger-Franke erreichen, dass mit der Überweisung von 3000 Euro die komplette Restschuld erlassen wird. „Da kann man doch auch mal ein bisschen menschlich sein“, habe der letztlich zuständige Entscheider angemerkt. Eine Kombination aus „Flüchtlingsschicksal, Corona und Weihnachten“ habe ihn offenbar nach einem guten Gespräch zu dieser großherzigen Geste veranlasst.

Doppelte Bescherung

Diese doppelte Bescherung ist für alle Beteiligten ein unglaubliches Weihnachtswunder. Dass die als Spendenziel anvisierten 3000 Euro noch überschritten wurden, macht Moustafa Al Odat selbst zum Spender. Das verbliebene Geld von 555 Euro möchte er an eine Organisation spenden, die sich um Flüchtlinge kümmert, an „Pro Asyl“.