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Hoßkircher Mordprozess: Staatsanwaltschaft plädiert auf schuldig

Hoßkirch / Lesedauer: 5 min

Am Montag gibt es weitere Plädoyers und eventuell schon das Urteil
Veröffentlicht:20.07.2018, 17:02

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Das Ende des Hoßkircher Mordprozesses rückt näher. Am Freitagmittag hat Staatsanwalt Peter Spieler sein Plädoyer gehalten. Wie zu erwarten plädierte er auf schuldig im Sinne der Mordanklage, verzichtete aber auf den Zusatz der besonderen Schwere der Schuld.

Für den Staatsanwalt lassen die Fakten der Beweisaufnahme nur einen Schluss zu: Der Angeklagte hat seine Ehefrau am Abend des 25. Februars 2017 in der gemeinsamen Wohnung erwürgt, sie auf der Rückbank seines Fahrzeugs abgelegt und sie zu dem Gemeindeverbindungsweg zwischen Hoßkirch und Tafertsweiler gefahren. Dort habe er sie auf den Fahrersitz geschnallt und vom Beifahrersitz aus den Mercedes Vito gesteuert, um so einen Unfall zu inszenieren, bei dem es so aussehen sollte, dass die 30-Jährige dabei tödlich verunglückt ist. „Was er nicht bedacht hat, ist dass er sich dabei selbst schwerste Verletzungen zugezogen hat“, sagte Spieler. Als das laufende Fahrzeug am Morgen des 26. Februar von einem Spaziergänger gefunden wurde, die Frau tot auf dem Fahrersitz saß und der 35-Jährige schwer verletzt rund 100 Meter entfernt, sah es auf den ersten Blick noch wie ein Unfall aus. Aber weder ein Airbag war ausgelöst, noch gab es am Wagen Schäden, die auf einen Unfall hinweisen. Eine Obduktion ergab: Die Frau wurde erwürgt.

Als Tatort sieht der Staatsanwalt eindeutig die gemeinsame Wohnung. Den Angeklagten würden diverse Spuren dort belasten: Männerhandschuhe mit ausgerissenen Haaren und Blut vom Opfer. Spuren dieser Handschuhe an Hals und Brustbereich der Getöteten. Im Flur wurden relativ frische, aber entfernte Spuren vom Blut der 30-Jährigen nachgewiesen. In einer Kommode im Flur fand die Spurensicherung Frischhaltefolien mit Blut des Opfers. „Auf der Rückbank des Mercedes Vito waren großflächig Fasern des Sweatshirts des Opfers verteilt“, schilderte Spieler. Dies spreche dafür, dass sie dort lag und nicht saß. In der Whatsapp-Nachricht „Komm jetzt mal heim“ von 21.19 Uhr vom Handy des Angeklagten an die Getötete sieht der Staatsanwalt vor allem einen Sinn: Das Szenario mit dem Unfall zu beginnen, dass seine Frau unterwegs war und auf dem Heimweg verunglückte. „Nur der Täter kann Interesse daran haben, solch einen Eindruck zu erwecken“, sagte Spieler.

Einen dritten Beteiligten als Täter, den die Verteidigung immer wieder ins Spiel brachte, sieht er als deren Versuch, von Fakten abzulenken und Verwirrung zu stiften. Außer den schlafenden Kindern und deren Eltern sei niemand in der Wohnung gewesen und auch für einen zu erwartenden Besuch an dem Abend gebe es keine Hinweise. Auch dass ein Dritter als Täter schließlich den Angeklagten über den Acker vom Auto weggezogen und die Dose mit einer Frischhaltefolie in dessen Jacke platziert habe, nannte Spieler absurd, da dies ein mögliches Unfallgeschehen ins Wanken bringe.

Die schweren Verletzungen am Kopf sowie die Knochenbrüche des Angeklagten erklärte Spieler mit Aufprallen im Wageninneren. Die Verbrennungen am Oberkörper seien durch die voll aufgeheizten Lüftung entstanden, auf denen der Angeklagte nach dem Aufprall bewusstlos liegen blieb.

Als ein Motiv nannte der Staatsanwalt die „heillos zerrüttete Ehe“. Gegenüber seiner Freundin, mit der er schon seit Monaten ein Verhältnis gehabt habe, habe der Angeklagte gesagt: Der Gedanke, nur ein Wochenend-Papa zu sein, sei für ihn schier unerträglich. Auch dass seine Frau dann Unterhalt von ihm erhalten würde. „Mit dem Tod seiner Frau wäre der Weg für die neue Beziehung frei – mit Kindern und ohne Unterhaltszahlung“, sagte Spieler. Das konkrete Vorhaben seiner Frau, mit den Kindern nach Konstanz ziehen zu wollen, sei ursächlich für die Tat. Auch soll er seine Frau zuvor schon mal gewürgt haben als sie zu ihren Eltern ziehen wollte. „Die Tat ist nicht wesensfremd für den Angeklagten“, sagte Spieler. Mit der Tat habe er sich den niedrigen Beweggründen des Mordes schuldig gemacht. Das verabscheuungswürdige Motiv und das Verhalten des Angeklagten während der Verhandlung sah der Staatsanwalt kritisch. „Dass er grinsend und lachend die Verhandlung verfolgt hat, lässt keinerlei Betroffenheit oder Reue erkennen.“ Diese Gefühllosigkeit sei zwar erschreckend, aber dennoch plädierte er auf Mord, ohne den Zusatz der besonderen Schwere der Schuld zu verlangen. Unter anderem da der Angeklagte nicht vorbestraft ist.

Der Angeklagte selbst schweigt nach wie vor zu den Vorwürfen. Anfang Juli hatte ein psychiatrischer Sachverständiger, der die Beweisaufnahme begleitet hat, dem 35-Jährigen volle Schuldfähigkeit attestiert.

Vor dem Plädoyer drehte sich der Vormittag des achten Prozesstages um die Beweisanträge der Verteidigung sowie Ergänzungsanträge dazu. Diese lehnte die Kammer mit Ausnahmen von wenigen Teilaspekten ab, da sie beispielsweise eine Wiederholung der Beweisaufnahme wären oder zu den Punkten schon sachkundige Gutachter angehört worden seien. Auch zwei Zeugen wurden vernommen, die am Tatabend ein großes dunkles Auto mit hoher Geschwindigkeit auf einem Verbindungsweg zum Kieswerk gesehen haben. Vor Gericht gaben sie 20.30 als Uhrzeit an, in ihren Aussagen bei der Polizei vor über einem Jahr aber nannten sie 20.50 Uhr.