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Rechtsstaat

„Extrem unangenehm, aber hinzunehmen“

Aichstetten / Lesedauer: 2 min

Aichstettener Bürgermeister äußert sich zu Konzert der Rechtsextremen – Initiative fordert weitere Infoabende in der Region
Veröffentlicht:19.07.2018, 11:32

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Es sei „extrem unangenehm, aber in einer freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat hinzunehmen.“ Auf Anfrage eines Bürgers hat der Aichstettener Bürgermeister Dietmar Lohmiller ( CDU ) in der Gemeinderatssitzung am Mittwochabend Stellung zum Konzert rechtsextremer Kreise am vergangenen Samstag in Stockbauren genommen.

Juristisch hätte die Gemeinde gegen das Konzert nichts unternehmen können, auch wenn sie davon gewusst hätte – was aber nicht der Fall war, so Lohmiller. Er sagte, dass ihm die Polizei am Montag berichtet habe, das Konzert sei in ihren Augen nicht unter das Veranstaltungsrecht gefallen. Nur dann aber hätte es genehmigt beziehungsweise untersagt werden können.

„Unsere Verfassung hat beim Versammlungsrecht extrem hohe Hürden für Verbote gesetzt“, so Lohmiller, und das sei auch gut so. „Unwohlsein und Nichthabenwollen sind da noch ganz weit weg von Verbotsgründen.“ Die Rechtsextremen wüssten dies auch genau, ahnt Lohmiller: „Die testen ihre Grenzen aus und werden dabei juristisch sehr gut beraten.“

Die Teilnehmer werden über Flugblätter, in sozialen Medien und per Whats-App über die Konzerte informiert. Daraufhin können sich Interessierte per E-Mail anmelden und Eintrittskarten kaufen.

Dass die Verwaltungsgemeinschaft Memmingerberg, ursprünglich als Veranstaltungsort von den Rechtsextremen geplant, die Versammlung untersagt hat, bezeichnete Lohmiller als „sportlich“. Er bezweifelt, dass dieses Verbot vor Gericht Bestand gehabt hätte.

Die „Initiative gegen Rassismus im Westallgäu“ hat sich am Donnerstag in einem offenen Brief an die Bürgermeister von Aichstetten, Aitrach und Bad Wurzach sowie an den Oberbürgermeister von Leutkirch gewandt. Sie fordert diese nach dem nunmehr zweiten rechtsextremen Konzert in der Region (Oktober 2017 bei Seibranz) auf, alle zur Verfügung stehenden Schritte zu unternehmen, um künftig solche Veranstaltungen auf ihrem Gemeindegebiet zu verhindern.

Konzerte wie das zuletzt in Stockbauren seien „für die rechtsradikale Szene ein wichtiges Rekrutierungsfeld und dienen in den meisten Fällen nicht nur dazu, die Anhängerschaft zu neuen Taten anzustacheln, sondern auch dazu, die entsprechenden Strukturen mit zusätzlichen finanziellen Mitteln auszustatten. Zudem werden dadurch rassistische und potenziell gewalttätige Personen aus dem ganzen Bundesgebiet in unsere Region geführt und die Vernetzung mit rechtsradikalen Strukturen bei uns in Oberschwaben weiter vorangebracht“.

Die Initiative gegen Rassismus im Westallgäu warnt davor, dass sich in der Region ein rechtsradikaler Brennpunkt entwickelt. Daher komme den vier angeschriebenen Rathauschefs eine besondere Verantwortung zu. Sie bittet mit Blick auf die kürzlich in Bad Wurzach stattgefundene Infoveranstaltung über Rechtsextremismus „hieran anknüpfend und vertiefend tätig zu werden und ebenfalls Informationsveranstaltungen sowie Jugendpräventionsmaßnahmen zum Thema Rechtsradikalismus, Rechtspopulismus und Neonazismus zu initiieren und zu unterstützen“.