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Wellpappe

Vier Künstler beziehen konträre Positionen

Wasserburg / Lesedauer: 3 min

Wasserburgs Kunst-Bahnhof zeigt in seiner Ausstellung „4 Räume – 4 Künstler“ viermal Malerei
Veröffentlicht:03.07.2016, 18:42

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„4 Räume – 4 Künstler“ mit vier unterschiedlichen malerischen Ansätzen sind seit Freitag im Kunst-Bahnhof (KUBA) in Wasserburg zu sehen. Figuratives auf Wellpappe von Commendatore Himi Burmeister aus Bregenz neben Rastertechniken von Hubertus Bordfeld aus Paderborn, farbenfrohen Gärten und Wiesen von Regina Stadler aus Feldkirch, die im nächsten Raum auf überdimensionale Porträts von Angelica Rother aus Oberreute treffen. Das schafft starke optische und inhaltliche Kontraste, die zur Auseinandersetzung mit Kunst anregen.

Glaubt Hubertus Bordfeld ernsthaft, dass seine dreiteilige Kleinplastik mit dem vielsagenden Titel „ DAX “ etwas am Verhalten deutscher Aktienmärkte ändern könnte? Nein, kein Gedanke daran. Vielmehr sind die drei aus Plexiglas gegossenen Buchstaben eine ironisch gemeinte Metapher für den Status quo. Im „D“ seien die eingegossenen Heuschrecken noch intakt, im „A“ laufe schon etwas Blut heraus und im „X“ seien die Tiere tot, erklärt er mit einem Schmunzeln im Gesicht.

Darüber hängt sinnigerweise das Porträt namens „PEP“ (Guardiola) in nachdenklicher, ratlos wirkender Pose. Gegenüber reihen sich die Konterfeis von „Der Alte“ alias Konrad Adenauer und „Gerhard“ (Schröder). Dazwischen ein Vogelhäuschen in Schwarz-Rot-Gold, aus dessen Loch ein Schweinskopf herausschaut und das unten versehen ist mit dem Hinweis „besetzt“. Blickfang sind die mittels Rastertechnik verfremdeten Porträts: 30000 gemalte Einzelpunkte schätzt er pro Bild. Auf drei Ebenen über die Leinwand verteilt, was zu fragilen Schattierungen und perspektivischen Blickwechseln führt.

Ganz anders dagegen verhält sich die gestisch angelegte Malerei von Regina Stadler. In kraftvollen gegen- und übereinander gesetzten Farbbahnen entstehen abstrahierte Naturräume. „Apfeltanz“, „Wie im Märchen“, „Am See“ oder „Blumiges“ titeln sie und beschreiben in vorherrschend Grün-, Gelb- und Rottönen eine leuchtende, energiegeladene Bildwelt. Mit dem Handy fotografiert sie ihr Umfeld und nimmt so Gesehenes zum Anlass für ihre Malerei.

Wer vorzugsweise aus der Erinnerung und dem Gedächtnis schöpft, ist Himi Burmeister. Seine mit Industrielack bearbeiteten Wellpappen bespielen den ersten Raum. Dicht an dicht gleich einer „Petersburger Hängung“ bedecken sie die Wände und widerspiegeln Burmeisters Sinn für Unkonventionelles. Schönes zu machen liegt ihm am Herzen, und dazu gehören vor allem Frauen. Grazil und elegant bis hin zu seltsamen Verrenkungen bevölkern sie die Lang- und Querformate.

Flächig angelegt und farbleuchtend ist seine Malerei, die sich gewagte Aufsichten zur Regel macht. Neben den Frauen sind es Hunde verschiedener Rassen, denn die liebt Burmeister genauso. So typisiert seine Dargestellten wirken mögen, kennt er sie doch alle mit Namen aus vergangenen Begegnungen. Angekommen ist er mittlerweile bei Bild Nummer 1100. Ein Ende ist nicht in Sicht für den Commendatore, der bis 2006 über 30 Jahre Direktor des deutschen Künstlerhauses Villa Romana in Florenz war.

Gesichter in perfektem Styling

Im vierten Raum haben sich die großformatigen Porträts von Angelica Rother eingerichtet. Sie hat fünf Jahre in Shanghai gelebt, und so treffen hier die Kulturen aus Ost und West malerisch aufeinander. Große ausdrucksstarke Gesichter – mal mehr asiatisch, mal mehr europäisch angelegt – schauen dem Betrachter vor monochromen Hintergründen unverhohlen entgegen. Die roten Lippen, die scharfe Kontur der Augenbrauen, das Leuchten der Haarfarben und insbesondere der Iris stechen hervor. Eine hyperglatte, faltenlose Gesichtshaut scheint ewige Jugend zu versprechen. „Bilder unserer selbst“ nennt sie diese Serie und konfrontiert mit Menschlichem hinter perfekt Gestyltem.

Die Ausstellung „4 Räume – 4 Künstler“ im Wasserburger Kunst-Bahnhof, Bahnhofstraße 18, dauert bis 31. Juli. Sie ist von freitags bis sonntags von 15 bis 18 Uhr geöffnet. Nähere Informationen gibt es im Internet unter www.ku-ba.org