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Müller unterstützt Petitionen der Bodenseefischer

Wasserburg / Lesedauer: 4 min

Kampf gegen Fischräuber und Fischmast: Schiffskorso im Konstanzer Trichter für Oktober geplant
Veröffentlicht:18.09.2020, 13:16

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Die EU-Abgeordnete Ulrike Müller hat am vergangenen Freitag Bodenseefischer in Wasserburg besucht. Mit Roland Stohr, Vorsitzender der Genossenschaft Bayerischer Bodenseeberufsfischer, traf sich Müller zum politischen Fachgespräch. Drängende Probleme der Bodenseefischer sind die wirtschaftlichen Schäden durch wachsende Kormoran-Kolonien und die drohende Bewilligung einer Felchenzucht mit Netzgehegen im Bodensee . Müller sagte ihre Unterstützung zu, wie sie in einer Pressemitteilung schreibt.

Die Abgeordnete hat demnach vor, die Anliegen der Bodenseefischer durch Petitionen auf Länder- und Bundesebene zu unterstützen und das Thema auch im Bundesrat auf der Agenda zu platzieren. „Die bayerische Politik muss sich praktikable Lösungen überlegen, wenn man das Fischrecht im Bodensee nicht aufgeben will”, so die Allgäuer Europapolitikerin.

Roland Stohr äußerte bei dem Treffen große Sorge angesichts eines von der Genossenschaft Regio-Bodensee-Fisch geplanten kommerziellen Netzgeheges zur Felchenzucht im Fauna-Flora-Habitat Schutzgebiet (FFH) Überlinger See und der Bodenseeuferlandschaft. Mehrere Verbände fordern in einer Petition die Einhaltung der Bodenseerichtlinie der Internationalen Gewässerschutzkonvention für den Bodensee (IGKB) und ein gesetzliches Verbot der Fischmast. Um ihren Forderungen Aufmerksamkeit zu verschaffen, planen die Fischer für Samstag, 10. Oktober, einen Schiffskorso im Konstanzer Trichter.

Ulrike Müller bekräftigte bei dem Treffen den Wert und die Nachhaltigkeit traditioneller Bodenseefischerei: „Natürlicher, nachhaltiger und ökologischer Fang von Fischen aus Binnenfischerei hat den besten ökologischen Fußabdruck. Bis die Wildfelchen mit Netzen gefangen werden, leben sie in ihrer natürlichen Umgebung, fressen natürliche Nahrung aus dem See und können sich dort natürlich fortpflanzen, das garantiert maximales Tierwohl.” Die IGKB lege für alle verbindliche Richtlinien fest. Darin stehe unter anderem, dass Netzgehege-Anlagen im Bodensee und in seinen Zuflüssen nicht zuzulassen sind, so Müller weiter.

Gegen das Vorhaben stellen sich neben den Berufsfischern zahlreiche weitere Verbände, Vereine, Organisationen und Politiker, die auf die Gefahren für das sensible Ökosystem Bodensee hinweisen. Außerdem gehe es um den Schutz des Bodensees auch als Trinkwasser-Reservoir. Welche Auswirkungen kommerzielle Aquakultur auf das empfindliche ökologische Gleichgewicht des Sees hat, sei völlig ungewiss, so Stohr: „Falls Baden-Württemberg Fischmast-Anlagen im See erlauben sollte, sind Nachahmer zu befürchten, mit unübersehbaren Folgen für ein einzigartiges Biotop und das Trinkwasser.” Stohr betonte weiter: „Unsere Wildfelchen sind eine besondere regionale Ressource. Fast alle wild gefangenen Felchen sind Blau- und Silberfelchen. Wir fordern, die Lebensbedingungen für Wildfische im See zu verbessern, damit die Bestände wieder zunehmen.”

Netzgehege seien anfällig für gefährliche Fischkrankheiten, außerdem könnten sich entkommene Zuchtfische mit Wildfelchen kreuzen, wodurch die Genetik der Wildtiere negativ beeinflusst werden könne. Fischfutter, Kot und Urin gelangen örtlich begrenzt in den See. In Netzgehegen müssten die Fische entgegen ihrer Natur permanent in dichtem Schwarm im Kreis schwimmen, statt ihre Nahrung in kleinen Gruppen am Gewässergrund zu suchen. Dies sei nicht artgerecht, so der Vorsitzender der bayerischen Bodenseefischer.

Ulrike Müller ließ sich von Stohr auch über die Lage am bayerischen Teil des Bodensees ins Bilde setzen und wird eine Petition der Berufsfischer unterstützen. Kormoran-Kolonien auf baden-württembergischer Seite machen den bayerischen Bodenseeberufsfischern den Fang schwer.

Der Sachverständigenausschuss der Internationalen Bevollmächtigtenkonferenz für die Bodenseefischerei (IBKF) schätzte den Schaden durch Kormorane im Jahr 2016 auf 300 000 bis 600 000 Euro, heißt es in der Pressemitteilung weiter. Laut Stohr haben sich diese Zahlen in der Zwischenzeit noch einmal deutlich zu Ungunsten der Berufsfischer verändert: „Im Jahr 2019 kommen alle Berufsfischer am Bodensee-Obersee nur noch auf 208 Tonnen Fang, während die Kormorane ungefähr 300 bis 350 Tonnen jährlich entnehmen!”

Bisherige Maßnahmen konnten das Problem nicht eindämmen. Dazu zählen etwa bis zu 700 sogenannte Vergrämungsabschüsse jährlich direkt am See und im Hinterland. Die Bodenseefischer formulieren daher klare Ziele zum Erhalt ihrer Lebensgrundlage. Sie fordern einen besseren Schutz gefährdeter Fischpopulationen durch aufeinander abgestimmte prophylaktische und vergrämende Maßnahmen. Auch in Schutzgebieten solle man in die Kormoran-Populationen eingreifen dürfen, fordern die Bodenseefischer, vor allem dort, wo die Kormorane besonders hohen Schaden anrichten. Nach dem Vorbild Bayerns solle auch Baden-Württemberg Kormoranbeauftragte einsetzen. Ein Großversuch unter Beteiligung europäischer Interreg-Partner solle empirische Erkenntnisse liefern, die in ein wissenbasierten Kormoranmangement einfließen.