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Dorfladen

Gemeinderat sagt ja zum Dorfladen

Sigmarszell / Lesedauer: 4 min

Turnraum in der Alten Schule in Niederstaufen soll an Interessengemeinschaft vermietet werden
Veröffentlicht:15.02.2019, 14:38

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Der Sigmarszeller Gemeinderat hat zugestimmt, den Turnraum in der Alten Schule in Niederstaufen an die Interessengemeinschaft zu vermieten. Allerdings nur, wenn die anderen Nutzer des Gebäudes damit einverstanden sind. Damit hat zumindest das Gremium den Weg für ein weiteres Vorgehen in Richtung Dorfladen freigemacht. Eine Miete muss die Gemeinde jedoch auf jeden Fall verlangen.

„Im Moment haben wir in Niederstaufen nicht einmal die Möglichkeit, uns mit Brot zu versorgen“, schilderte Verena Ritter von der Interessensgemeinschaft Dorfladen die Versorgungssituation, bevor sie dem Sigmarszeller Gemeinderat jenes Konzept vorstellen sollte, das Bürgermeister Jörg Aghte zuvor als „klein, aber fein“ bezeichnet hatte.

Demnach will die Interessensgemeinschaft im rund 60 Quadratmeter großen Turnraum der Alten Schule in Niederstaufen einen Laden einrichten, in dem nicht nur Waren des täglichen Bedarfs verkauft werden. Vielmehr soll er auch als „Treffpunkt“ für die Bürger dienen und damit eine soziale Komponente haben.

Mehr als nur Markt sein

Ein Schwerpunkt des Angebotes kommt dabei der „Brotzeit“ zu. Denn, so erklärte Ritter, der alte Dorfladen habe einen nicht unwesentlichen Umsatz mit den „Brotzeitkunden“ gemacht. Das übrige Sortiment solle „am liebsten nur regional, nur biologisch und nur faire Ware“ umfassen. „Aber wir wissen, dass das nicht realisierbar ist“, räumte Ritter ein. Ein kleines Sortiment an frischem Obst und Gemüse runde das Angebot ab. „Wir möchten aber noch viel mehr sein. Wir wollen Lebensmittelpunkt statt Lebensmittelmarkt sein.“ Und zwar mit einem Cafébereich samt kleiner Kinderspielecke, einer Art schwarzem Brett, das über alle Veranstaltungen in der Umgebung informiert, Lebensmittellieferungen, Abholservice für Senioren, Reparaturcafé, Paketannahme und Geldautomat. Zudem solle der Laden Raum für Veranstaltungsreihen bieten.

Bei alledem will sich die Interessensgemeinschaft nicht als wirtschaftliches Unternehmen sehen. „Nicht der wirtschaftliche Erfolg, sondern der Nutzen für die Gemeinschaft steht im Vordergrund“, betonte Ritter, verhehlte jedoch nicht, dass es trotzdem gelte den Laden wirtschaftlich zu betreiben: „Wir brauchen eine schwarze Null.“

Finanzieren soll sich der Laden deshalb erst einmal über ein Genossenschaftsmodell. Für die errechneten 65 000 Euro Kapital, das für ein Herrichten der Räumlichkeiten und die Ausstattung des Ladens nötig sind, sollen die Bürger mit ins Boot geholt werden, indem sie Anteile im Stückwert von 250 Euro kaufen.

Für Ratsmitglied Theresia Gsell stellte die Wirtschaftlichkeitsberechnung jedoch einen Knackpunkt dar. Patricia Wölfel hatte nämlich errechnet, dass der Laden mit Mietzahlungen in den ersten beiden Jahren ein kleines Minus einfahren würde und „ohne Miete ein leichtes Plus“. Was also eine finanzielle Beteiligung der Gemeinde hätte bedeuten können. Bürgermeister Jörg Aghte hatte jedoch schon in Erfahrung gebracht, dass die Gemeinde auf jeden Fall eine Miete verlangen müsse, weil sie sonst gegen die Gemeindeordnung verstoße.

Nicht alle Räte sind dafür

Im Verlauf der anschließenden Diskussion sah es dann nicht so aus, als würde das Gremium für das engagierte Projekt stimmen. Hatte Ratsmitglied Rainer Schmidt klar gestellt, „ich bin grundsätzlich gegen einen Laden in Niederstaufen“, argumentierte Alois Neulinger dagegen, weil ein Laden etwaigen Entwicklungsmöglichkeiten der Gemeinde entgegenstehe. So deutete er an, dass der Gemeinderat eigentlich einen Supermarkt im Gemeindegebiet anstrebe. Würde dieser kommen, stünde die Gemeinde in einer moralischen Verantwortung gegenüber den Anteilseignern des Dorfladens. Und Ute Kaeß wollte lieber, dass die Niederstaufener mit dem Bus zu anderen Einkaufsmöglichkeiten fahren: „Es gibt den Ländlebus, der kostet die Gemeinde jedes Jahr 16 000 Euro.“

„Es ist unsere Aufgabe als Kommune dafür zu sorgen, dass eine Infrastruktur da ist“, fand dagegen Roswitha Richter Gottschalk und machte ihre Ratskollegen darauf aufmerksam, dass andere Gemeinden, wie etwa Gestratz, „viel Geld dafür ausgeben. Und uns kostet es nichts.“

„Ich würde ihnen schon gern eine Chance geben. Das Risiko für die Gemeinde ist sehr gering“, sagte Monika Hartmann. Auch Bürgermeister Jörg Aghte plädierte dafür. Aus Erfahrung wisse er, „Leute, die wirklich etwas wollen, schaffen das auch“. Und Sebastian Seigerschmidt erinnerte seine Ratskollegen: „Es geht darum einen Raum zu vergeben, für den wir aktuell auch kein Geld kriegen und der uns nur Geld kostet.“

Letztendlich stimmte der Rat dann doch mit neun Für- und fünf Gegenstimmen für die Vermietung. Allerdings erst, wenn die Interessensgemeinschaft mit dem Musikverein, dem Turnverein, dem Heimatmuseum und den Mietern des Gebäudes abgeklärt hat, ob diese mit dem Laden einverstanden sind. Ist das geklärt, kann die Interessensgemeinschaft in die Gründung gehen und im September den Dorfladen eröffnen. Bis dahin wird es einen Notverkauf auf dem Dorfplatz geben. Der Gemeinderat hatte zugestimmt, dass die Interessensgemeinschaft ab dem 12. März einen Verkaufswagen aufstellen darf, aus dem täglich Bot- und Backwaren verkauft werden.