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Gemeinderäte von Sigmarszell kassieren aufgrund der Corona-Pandemie die Tagesordnung

Sigmarszell / Lesedauer: 3 min

Gemeinderäte von Sigmarszell kassieren aufgrund der Corona-Pandemie die Tagesordnung
Veröffentlicht:21.12.2020, 05:00

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In ihrer öffentlichen Sitzung am Donnerstagabend sind die Sigmarszeller Gemeinderäte nicht weit gekommen: Mit einer Mehrheit von acht zu vier Stimmen beschloss das Gremium, fast alle vorgesehenen Themen von der Tagesordnung zu streichen. Grund dafür war Corona.

„Die Sitzung sollte auf das Notwendigste begrenzt werden“, sagte Ratsmitglied Martin Rädler und beantragte, die meisten Tagesordnungspunkte zu streichen. Insbesondere Ratsmitglied Jürgen Hartmann machte sich nachdrücklich für diesen Antrag stark: „Wir werden von allen Seiten angehalten, unsere Kontakte zu beschränken. Und an Weihnachten müssen wir auf unsere Familien verzichten“, sagte er. Deshalb sei es nicht nachvollziehbar, dass Gemeinderäte einen Abend lang bei einer Sitzung zusammen sind.

Die meisten Ratsmitglieder sahen dies ebenso und kippten die Tagesordnung. Aus ihren Reihen kam der Vorschlag, in Zukunft die Themen einer Sitzung auf digitalem Weg vorzubesprechen und dann nur noch zur Beschlussfassung zu einer Präsenz-Sitzung zusammenzukommen. Ein weiterer Vorschlag lautete, das Gremium so zu splitten, dass sich immer nur die Hälfte zur Sitzung trifft. Dahinter steht folgender Gedanke: Sollte eine Hälfte aufgrund einer Corona-Infektion in Quarantäne müssen, so könnte das Gremium mit der anderen Hälfte handlungs- und beschlussfähig bleiben.

In den nächsten Tagen will Bürgermeister Jörg Agthe per Rundmail bei den Räten abfragen, ob jeder die Möglichkeit hat, an digitalen Konferenzen teilzunehmen.

Die Tagesordnung der öffentlichen Sitzung am Donnerstag war damit aber erst mal gesprengt. Agthe hatte vor der Abstimmung zwar zu bedenken gegeben, dass er nur wichtige Themen vorgesehen habe. Zudem könnten der Gemeinde auch finanzielle Nachteile entstehen, wenn nicht alle Punkte besprochen würden, so Agthe. Am Ende der Sitzung wies er noch darauf hin, dass er auch mit sogenannten „dringlichen Anordnungen“ viel entscheiden könne. „Aber das ist ein Verlust an Demokratie“, sagte der Bürgermeister.

Die Ironie des Ganzen: Ausgerechnet das Thema, das die Räte auf der Tagesordnung stehen ließen und dessentwegen auch einige Zuhörer zur Sitzung gekommen waren, hatte sich kurz vor der Sitzung von selbst erledigt. Es wäre um Anträge des Fördervereins Obstbauschule Schlachters im Zusammenhang mit dem Neubau eines Verwaltungsgebäudes und auch mit der Gartenschau gegangen.

Der Verein hatte ursprünglich beabsichtigt, einen vorhandenen Fußweg instand zu setzen, einen weiteren gekiesten Weg neu herzustellen sowie eine Mitarbeiterzufahrt zu schaffen. Offenbar gab es aber unter den Anwohnern Bedenken dagegen. Kurz vor der Sitzung hat der Vereinsvorsitzende Ulrich Pfanner deshalb sämtliche Anträge zurückgezogen. „Ihm sei nie daran gelegen gewesen, dass es einen Konflikt gibt“, berichtete Bürgermeister Jörg Agthe über Pfanners Mitteilung. Damit war dieses Thema vom Tisch.

Mit allen anderen Themen hat sich das Gremium gemäß dem Beschluss erst gar nicht befasst. Dabei wäre es unter anderem um die Bewilligung – und damit auch Bezahlung – von bereits beschafften Notstromaggregaten und Schläuchen für die Feuerwehren der Gemeinde gegangen. Auch über die Annahme eine Spende hätte beschlossen werden sollen, da der Bürgermeister selbst nur für Beträge bis 200 Euro eine Spendenquittung ausstellen darf. Außerdem hätte die Gemeinde Sigmarszell Stellungnahmen zu Bebauungsplanverfahren der Nachbargemeinden Weißensberg („Rothkreuz-Mitte“) und Hergensweiler („Stockenweiler“) abgeben sollen. Das weitere Vorgehen bei der Sanierung der Alten Schule Bösenreutin hätte besprochen werden sollen, ebenso die Einrichtung von geeichten Messstellen für die Abrechnung des Stromverbrauchs der Straßenbeleuchtung.