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Wendelinsritt

Hoch zu Ross zum heiligen Wendelin

Sigmarszell-Niederstaufen / Lesedauer: 3 min

Reiter aus Niederstaufen und Scheidegg erreichen den Kinberg beim Wendelinsritt gemeinsam
Veröffentlicht:11.10.2015, 14:33

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Beim traditionellen Wendelinsritt auf dem Kinberg zwischen Niederstaufen und Scheidegg haben am Sonntag zahlreiche Reiter mit ihren Pferden teilgenommen. Sie haben sich von Altabt Paulus Maria Weigele den Segen geben lassen.

Ein langer Zug biegt um die Ecke und bietet einen beeindruckenden Anblick für die Gäste, die schon gespannt auf die Reiter gewartet haben. Angeführt von Fahnenträgern auf imposanten schwarzglänzenden Pferden schlängelt sich der Reitertross am Waldrand entlang und dann auf das Publikum zu. Eine große Vielfalt ist vertreten: Vom schweren Arbeitspferd mit traditionellem Kopfschmuck über Turnierpferde, blonde Haflinger und kleine Ponys ist alles dabei. Manch ein Reiter sitzt in Turnierkleidung auf dem Pferd, andere in Tracht, die nächsten in Jeans und Pullover. Der Wendelinsritt ist seit 1931 in Niederstaufen und Scheidegg ein Treffpunkt für Reiter aus der Umgebung, und ist mit der Zeit immer bunter geworden. „Als ich als kleines Mädchen zum ersten Mal mitgeritten bin, waren noch viele ältere Männer dabei und nur ganz wenige Mädchen“, erzählt Theresia Specht. „Heute ist es fast halb-halb.“

Heuer reitet ihre Tochter Johanna mit. „Sie liebt das und geht auf alle Umritte in der Umgebung.“ Leider mussten schon zwei davon dieses Jahr wegen des Wetters abgesagt werden. Am Kinberg jedoch herrscht typisches „Wendelins-Wetter“, wie Michaela Hehle findet. Es ist neblig, Wolken ziehen vorbei und ein kalter Wind weht – aber vielleicht bricht ja später doch noch die Sonne durch. „Sonst muss uns das Wort Gottes und der Glauben einheizen“, sagt Paulus Maria Weigele, Altabt aus Ottobeuren, vor dem Gottesdienst auf dem freien Feld, an dem auch die Reiter teilnehmen. Seine Predigt richtet Weigel vor allem auf den Verzicht auf Reichtum aus. Man müsse nicht alles fortgeben, aber sich eine innere Distanz und Freiheit bewahren. „Denn Reichtum kann auch versklaven“, so Weigel.

Nach der Predigt segnet der Altabt Pferde und Reiter, bevor diese sich wieder auf den gemeinsamen Heimritt machen. „Das besondere ist, dass wir hier an einer Prozession teilnehmen, nach der es gleich wieder nach Hause geht“, sagt Hans Achberger aus Scheidegg, der dem organisierenden Kapellenverein angehört. Zuerst würden die Pferde versorgt, dann treffe man sich später in einer Gaststätte wieder. Achberger ist mit 15 Jahren zum ersten Mal mitgeritten, heute sitzt er nicht mehr selbst zu Pferd. „Früher hat man sich abends dann noch im Wirtshaus zum Tanz getroffen“, erinnert er sich. Jeder, der ein Pferd auf dem Hof hatte, war beim Ritt dabei. Pferde hat die Familie Achberger auch heute noch – und heuer ist die Schwiegertochter hoch zu Ross unterwegs zur Kapelle.