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Der Fall der Kinder, die einen Stammzellenspender brauchen, bewegt viele Menschen. Doch mancher zweifelt, ob er sich als Spender anbieten soll. Rainer Krauß hat bereits durch seine Spende einem Menschen das Leben gerettet.
„Mit so wenig Aufwand ein Leben zu retten, ist fantastisch“, sagt Nonnenhorns Bürgermeister auf Anfrage der LZ. So hofft er wie die Verantwortlichen der Helfer vor Ort Nonnenhorn/Wasserburg , dass sich bei der laufenden Suche nach Stammzellenspendern möglichst viele Menschen als mögliche Spender in die Datenbank der Knochenmarkspenderdatei (DKMS) aufnehmen lassen. Denn es ist immer noch so, dass jeder zehnte an Blutkrebs Erkrankte keinen passenden Spender findet.

Was geschieht, wenn man sich registrieren lässt und dann tatsächlich für einen anderen Menschen zum sehnlich gesuchten Treffer – zum genetischen Zwilling – wird, das hat Krauß vor sechs Jahren erlebt. „Natürlich macht es auch mich tief betroffen, wenn ich höre, dass ein kleines Mädchen aus unserem Dorf an einer so schlimmen Erkrankung leidet“, sagt Krauß.
Und auch wenn für Laura bereits ein passender Stammzellenspender gefunden sei, wolle er doch allen Mut machen, sich an der Registrierungsaktion zu beteiligen. Denn „es kann nie genug potenzielle Stammzellenspender geben, wenn der Blutkrebs besiegt werden soll.“
Krauß selbst hat sich vor etwa neun Jahren bei einer öffentlichen Typisierungsaktion registrieren lassen. „Dort wurde ein Stammzellenspender für einen Erkrankten in Maierhöfen gesucht.“ Zwei Jahre später bekam er einen Anruf, er würde genetisch für einen Patienten passen, ob er noch zu einer Stammzellenspende bereit wäre. Krauß war bereit und bekam eine persönliche Ansprechpartnerin bei der DKMS, die ihn durch die folgenden Wochen begleitete.
Lebensgefährliche Blutkrankheit: Plötzlich ist das Leben beider Kinder in Gefahr
Die DKMS setzte sich mit seinem Hausarzt in Verbindung. Dieser nahm ihm in spezielle Sets der DKMS Blut ab. Nach diesen Bluttests war klar, er passte immer noch – er war wirklich der genetische Zwilling für einen Blutkrebspatienten. Krauß wurde für einen Tag in die Uniklinik nach Tübingen bestellt.
Dort wurde bei ihm ein großer Gesundheitscheckup durchgeführt, um zu sehen, ob er auch fit für die Stammzellenspende ist. „Das war auch für mich eine gute Vorsorgeuntersuchung. Es sah alles bestens aus, und ich wurde ein weiteres Mal gefragt, ob ich immer noch zu einer Spende bereit sei“, erinnert er sich. Krauß bejahte erneut.
Nun wurde mit ihm der Terminplan festgesetzt. Ab diesem Moment durfte nichts mehr dazwischenkommen – immerhin wurde in den folgenden Wochen der Empfänger isoliert und sein Immunsystem auf Null gefahren, sein Knochenmark und die erkrankten Stammzellen zerstört.
Es hat überhaupt nicht weh getan. Das ist nicht schlimmer als Blutspenden. Es gibt keinen Grund, es nicht zu tun.
Rainer Krauß
Rainer Krauß bekam ein Paket von der DKMS. Eine Woche vor der geplanten Stammzellenentnahme musste er sich morgens und abends selbst eine winzige Spritze – „die habe ich gar nicht gemerkt“ – in das Unterhautfettgewebe am Bauch setzen. Das Medikament (Wachstumsfaktor) hat die Bildung von Stammzellen in seinem Knochenmark so gesteigert, dass sie in die Blutbahn übertraten und sich dort anreicherten. Für Krauß fühlte es sich zwei Tage vor der Entnahme an, wie ein leichter, beginnender Infekt: „Überhaupt nichts Dramatisches“, betont er.
Es war der Pfingstmontag 2014, als er nach Tübingen fuhr und in einem schönen Hotel eincheckte. „Für alles wurde gesorgt. Die DKMS ist super organisiert und kümmerte sich sehr professionell um alles. Bezahlte auch Sprit, Übernachtung und Essen.“ Am Tag darauf trat er in der Uniklinik an. Es wurden ihm zwei venöse Zugänge gelegt.
Nach vier Stunden ist alles vorbei
Aus einem trat das Blut aus, und die Stammzellen wurden herausgelöst, über den anderen Zugang floss sein Blut wieder in seinen Körper zurück. „Es hat überhaupt nicht weh getan. Das ist nicht schlimmer als Blutspenden. Es gibt keinen Grund, es nicht zu tun“, sagt Krauß und erzählt, dass er währenddessen gut und superfreundlich verpflegt wurde, mit Schokoriegeln und Getränken.
Krauß berichtet, dass es auch die Möglichkeit gint, die Stammzellen durch Punktion aus dem Knochenmark des Beckenkamms zu entnehmen, aber diese Methode, so habe man ihm gesagt, werde nur noch sehr selten angewendet.
Nach etwa vier Stunden sei die Prozedur vorbei gewesen. „War das schon alles?“ habe er gefragt. „Ich bekam Pflaster auf die Stellen und wurde zum Essen gehen geschickt. Ich solle mir noch einen schönen Tag machen, sagte man mir.“ Eine weitere Nacht sollte er im Hotel verbringen, damit er gleich greifbar wäre, sollte mit der Transplantation etwas schief gehen und eine zweite Entnahme nötig sein.
„Aber die Transplantation war erfolgreich. Ich habe erfahren, dass ein 70-jähriger Mann meine Stammzellen erhalten und gut angenommen hat“, freut sich Krauß noch heute und ergänzt: „Ich würde es jederzeit wieder tun.“ Drei Jahre nach der Transplantation habe er gefragt, wie es seinem Empfänger denn gehe, und da sei alles in bester Ordnung gewesen.
Krauß selbst fuhr nach zwei schönen Tagen in Tübingen wieder nach Hause und erhielt zwei Monate lang alle zwei Wochen einen Anruf seiner DKMS-Ansprechpartnerin, ob bei ihm gesundheitlich alles in Ordnung sei. Ganz zum Schluss habe er nochmal ein Paket von der DKMS erhalten, erinnert sich Krauß: „Dieses Mal waren keine Spritzen drin, sondern als Dankeschön Delikatessen von Käfer.“