Armut im Landkreis Lindau wird älter. Die Caritas muss immer weniger jungen Menschen helfen, dafür steigt der Anteil der Menschen über 50 Jahren. Auch viele Senioren sind darunter, die von einer kleinen Rente oder der Grundsicherung leben müssen. Oft fehlen ihnen nicht mal 50 Euro pro Monat, um über die Runden zu kommen.
Die gute Nachricht zuerst: Die Caritas-Sozialberatung musste im vergangenen Jahr weniger Menschen im Landkreis in Notlagen helfen. Die Zahl der Klienten ist um ein Zehntel auf 202 zurückgegangen. Caritas-Geschäftsführer Harald Thomas berichtet, dass vor alle die Zahl der Fälle der Menschen in Not unter 30 sowie zwischen 40 und 50 Jahren deutlich zurückgegangen ist. Das ist für ihn ein deutliches Zeichen dafür, dass die anhaltend gute Konjunktur auch bei den Schwächeren angekommen ist.
Das gelte aber nicht für Menschen, die den 50. Geburtstag hinter sich haben. Denn da steige die Zahl der Fälle deutlich: Waren es vor drei Jahren noch 76 im Jahr, vor zwei Jahren 88, so musste die Caritas im vergangenen Jahr 98 Menschen helfen. Was zudem auffällt: Viele dieser Betroffenen brauchten gleich mehrfach im Jahr Hilfe. Denn während die Zahl der Klienten zurückgegangen ist, ist die Zahl der Gespräche um fast ein Drittel auf mehr als 500 gestiegen.
„Altersarmut wird jetzt auch bei uns zunehmend messbar“, sagt Thomas. Dabei trügen diese Menschen keine großen Schuldenberge mit sich. Das sei ein Problem junger Menschen. „Diese Leute sind sparsam, die haben alle das Sparen noch gelernt“, sagt der Caritas-Chef und fügt hinzu: „Sie kommen mit ihrer kümmerlichen Rente oder der Grundsicherung einfach nicht klar.“ Oft reiche das Geld in normalen Monaten ganz knapp, wenn aber Zuzahlungen für Medikamente anstehen oder eine kleine Anschaffung, weil im Haushalt etwas kaputt gegangen ist, dann reicht es nicht.
Oft fehlen den Menschennur 30 Euro im Monat
Thomas berichtet auch von Menschen, die regelmäßig am 24. oder 25. eines Monats kommen, weil der Kühlschrank buchstäblich leer ist. Wenn die Caritas nicht helfen würde, hätten sie für den Rest des Monats nichts mehr zum Essen. Sie bekommen dann Gutscheine für kostenlosen Einkauf im Tafelladen und ein bisschen Bargeld für die Produkte, die es im Tafelladen nicht gibt.
Die Caritas hilft aus eigenen Mitteln oder bindet Aktionen wie „Wir helfen“ mit ein. Froh ist Thomas, dass es in München eine Stiftung gibt, die betroffenen Rentner 30 oder 50 Euro im Monat gibt. Denn diese Kleinbeträge reichen meist schon aus, damit die Menschen würdig leben können.
Der Caritas-Chef ärgert sich vor diesem Hintergrund darüber, dass viele Firmen lieber über den Facharbeitermangel klagen, aber Stellen nicht mit Bewerbern besetzen, die den 50. Geburtstag hinter sich haben. Oft bekämen die nicht mal eine Absage auf ihre Bewerbung. Das werde das Problem der Altersarmut verschärfen, denn wenn diese Menschen keine Arbeit haben, haben sie später auch keine gescheite Rente. Dieses gesellschaftliche Problem ließe sich nur entschärfen, wenn Personalverantwortliche umdenken.
Dabei verweist Thomas auf durchwegs gute Erfahrungen der Caritas selbst mit älteren Mitarbeiter. Im Tafelladen hat er mehrfach Menschen dieser Altersgruppe eingestellt: Sie seien immer pünktlich und voll motiviert und einsatzbereit gewesen. Zum Glück habe mancher über diesen Umweg sogar den Weg zurück in eine Festanstellung in der freien Wirtschaft gefunden, freut sich Thomas.
Der Caritas-Chef verweist darauf, dass dieses kein Lindauer Problem ist. von Kollegen in anderen Landkreisen weiß er, dass auch dort die Altersarmut zunimmt. Er hat deshalb die klare Forderung an die Politik, die Rente so auszugestalten, dass Menschen mit dem zur Verfügung stehenden Geld in Würde alt werden können. Dieses Thema habe in der politischen Diskussion immer noch ein zu geringen Stellenwert.