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Volksmusik

Volksmusik ist gar nicht so schlimm

Lindau / Lesedauer: 2 min

Christine Lauterburg und ihre Band bieten im Zeughaus alpenländische Musik jenseits der Konvention
Veröffentlicht:10.05.2011, 17:45

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Es ist ein schon (Gipfel-)kreuz mit der alpenländischen Volksmusik. Entweder sie wirft sich in ihr dümmliches Gewand und kommt als volkstümliche Musik daher, zumeist in Begleitung solcher Gestalten wie Marianne und Michael oder Hansi Hinterseer. Oder aber sie verharrt ehern in der Tradition, hat dann aber keinerlei Bezug zur aktuellen Lebenswelt und Musikentwicklung mehr.

Es geht aber auch anders, wie der Auftritt von Christine Lauterburg und ihrer Band Aerope im Lindauer Zeughaus eindrucksvoll bewies. Wenn Lauterburg singt und jodelt und ihre Band loslegt, dann ist Schluss mit falscher Idylle, Bergkitsch und verlogenem Sentiment.

Schon das Auftaktstück, „Der Lawinenjodler“, zeigt, wo der Abend langgeht: Konventioneller Anfang, dann ein harrscher Bruch, der die Musik in kakophonische Gefilde treibt, bevor eine fast geisterhafte Ruhe einkehrt. In fünf Minuten erzählen Lauterburg und Band so eine komplette Geschichte, mischen Tradition mit Gegenwart und machen schnell klar: Jodeln ist alles andere als eine überkommene Musikform.

Jodeln hat vielmehr Kraft. Es erzählt unmittelbar von Freud und Leid. Gesungener Text schafft Klarheiten, Jodeln hingegen lässt auch den Zwischentönen, dem Unsagbaren den Raum. Befreit von der Korsage von Phantasiedirndln und der Muffigkeit von Designer-Lodenjankern entfaltet die Musik von Aerope einen vitalen Sog. Was nicht zuletzt an der ausgezeichneten Band liegt.

Michel Poffet am Kontrabaß legt den jazzigen Grund, auf dem sich die Musik dann entweder im Blues oder im Folk wiederfindet, Elemente von Post-Wave einbaut oder in schlichten eingängigen Melodien schwelgt. Dabei pickt sie sich weltläufig immer wieder Elemente aus unterschiedlichen Stilen, bleibt aber gleichzeitig hörbar im Alpenraum verwurzelt. Dabei setzt Markus Flückinger, der als bester Schwyzerörgelispieler der Schweiz gilt, immer wieder Akzente, verliert sich aber nicht in virtuosen Kunststückchen.

Hank Shizzoe gilt dem „Rolling Stone“ als der „beste Roots-Rock-Songwriter und Gitarrenstylist, der außerhalb der USA geboren wurde. Dies zeigt er immer wieder, wobei auch er sich ganz in den Dienst der Band stellt. Sein erdiger Blueston beweist, dass Melancholie und Trauer in jeder Musik ihre ganz eigene Note haben.

Schlagzeuger Andi Hug, ansonsten bei Patent Ochsner an den Trommelstöcken, lotet die Möglichkeiten seines Instruments immer wieder aus, legt sowohl den Rhythmusteppich, reißt aber auch mit seinen Soli mit.

Lauterburg weiß um das musikalische Vermögen ihrer Band, lässt den Musikern viel Raum. Dennoch ist sie eine präsente Frontfrau, die auch optisch die Akzente setzt. Es ist also gar nicht so schlimm mit der Volksmusik.