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Schneechaos

Schneechaos am Bodensee: Viele Schulen bleiben heute geschlossen

Lindau / Lesedauer: 8 min

Schneechaos in Lindau: Lebensgefahr für Anwohner und Helfer
Veröffentlicht:06.01.2019, 10:58

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Es hat einfach nicht aufgehört zu schneien. Der Wintereinbruch hat in Lindau am Wochenende jede Menge Chaos verursacht. Feuerwehr , THW, Rettungsdienst, Polizei und Bauhof waren im Dauereinsatz. Neben unzähligen Unfällen mit Sachschaden gab es auch einen Verletzten. Der Schnee in Lindau ist gefährlich. Denn er ist nass und sehr schwer.

So schwer, dass viele Äste unter der Last brachen. Einer von ihnen traf am Sonntagmittag einen 50-jährigen Mann, der in der Schachener Straße unterwegs war. Laut Polizei fiel ihm der etwa 2,70 Meter lange und knapp zehn Kilo schwerer Ast auf den Kopf. Er erlitt eine große Platzwunde und Amnesie: Er hatte keine Erinnerungen mehr an den Vorfall. Der Rettungsdienst brachte ihn ins Krankenhaus.

Auch für die Einsatzkräfte war der Schneebruch ein großes Problem, wie Max Witzigmann , Kommandant der Lindauer Feuerwehr, im Gespräch mit der LZ erklärt. „Das war äußerst kritisch. Es gab Bereiche, da konnten wir nicht mehr hin, weil wir uns selbst in Gefahr gebracht hätten.“ Der Lindauer Polizei wurden am Samstag und Sonntag mehr als 40 Verkehrsbehinderungen durch umgestürzte Bäume gemeldet.

Verkehr kommt zum Stillstand

Feuerwehr und THW waren seit Samstagnachmittag im Dauereinsatz. „Es begann mit umgestürzten Bäumen und ging dann weiter mit festhängenen Lastwagen“, sagt Witzigmann. Querstehende Lastwagen hatten am Samstagnachmittag für einen mehr als 20 Kilometer langen Stau auf der A 96 gesorgt, Autofahrer waren darin mehrere Stunden gefangen. Während die Fahrtrichtung Lindau laut Polizei schon bald wieder befahrbar war, musste die Fahrtrichtung München bis gegen 21 Uhr gesperrt bleiben.

Auf der Fahrbahn hatten sich große Eisplatten gebildet, die die Autobahnmeisterei mit Salzlösungen beseitigte. Am Sonntagmorgen war die A96 dann schon wieder gesperrt, weil Einsatzkräfte dort einen Baum fällen mussten, am Nachmittag wurde dann die LI 6 zwischen Oberreitnau und Weißensberg gesperrt, ebenso wie die Strecke zwischen Heimesreutin und der Bodenseeresidenz.

 Auf der A 96 steht am Samstag ein Lastwagen quer und sorgt für Stau.

„Mit dem einsetzenden Schneefall kam der Verkehr teilweise völlig zum Stillstand“, schreibt die Polizei. So musste auch die B 31 auf Grund eines umgestürzten Baumes bereits am Samstagabend das erste Mal für mehrere Stunden gesperrt werden. Außerdem blieben dort mehrere Lastwagen auf der schneeglatten Fahrbahn liegen und blockierten diese. Gegen 19 Uhr rollte der Verkehr wieder, gegen 3.30 Uhr am Sonntagmorgen wurde die Straße dann für den gesamten Sonntag gesperrt, weil dort bereits mehrere Bäume umgefallen waren, beziehungsweise umzufallen drohten. Im gesamten Landkreis kam es zu Unfällen, von denen die meisten glücklicherweise glimpflich ausgingen. Das Polizeipräsidium Schwaben Süd/West, zu dem auch Lindau gehört, zählte am Samstag innerhalb von zwölf Stunden insgesamt 135 Verkehrsunfälle. Dabei wurden acht Menschen verletzt, einer davon schwer. Dazu kamen 128 Sachschäden.

 Die B31 ist mittlerweile gesperrt.

Stadtwerke-Chef Thomas Gläßer stellte den Stadtbusverkehr am Sonntag ein. „Weder kommen unsere Fahrzeuge auch nur im Ansatz über die Lindauer Straßen, noch können wir es riskieren, Leib und Leben unserer Fahrgäste und der Mitarbeiter zu gefährden“, begründete er die Entscheidung. Die Fahrtstrecken seien zum Teil kaum zu räumen, die meisten Haltestellen zugeschüttet, weil die Bauhof-Mitarbeiter Wichtigeres zu tun hätten. Gläßer dankte allen Helfern von Bauhof, Feuerwehr und anderen, die allesamt ihr Bestes gäben.

Auch die Regio-Busse fuhren am Sonntag nicht, wie Thomas Bühle, stellvertretender Betriebsleiter der RBA Lindau mitteilte: „Auch wir stellen zur Sicherheit von Personal und Fahrgästen den Busbetrieb im Westallgäu aufgrund der Witterungsverhältnisse ein.“

Alle Schulen im Stadtgebiet geschlossen

„Die Äste hängen über die Schulwege, da kann man fast schon von Lebensgefahr sprechen“, sagt Meinrad Gfall, Leiter des THW. Aus diesem Grund bleiben am Montag alle Schulen und Kindergärten im Lindauer Stadtgebiet geschlossen. „Wegen der starken Schnee- und Regenfälle der letzten Stunden und der unsicheren Wetterentwicklung heute Nacht ist es nicht zu verantworten, die Kinder morgen früh auf den Schulweg zu schicken“, schreibt Patricia Herpich von der Pressestelle der Stadt.

Landrat Elmar Stegmann ist nach einer Lagebesprechung mit Feuerwehr, THW und Busunternehmern am Sonntagnachmittag zum gleichen Ergebnis gekommen. „Aufgrund der schlechten Straßenverhältnisse im Stadtgebiet Lindau und nichtgeräumter Gehwege und Haltestellen sowie der großen Gefahr von Schneebruch bei Bäumen wurde gemeinsam entschieden, dass eine sichere Schülerbeförderung zumindest am Montag nicht gewährleistet werden kann. Daher findet morgen im Stadtgebiet Lindau an allen Schulen kein regulärer Schulbetrieb statt.“ Eine Betreuung von Kindern, die trotzdem in die Schule kommen, sei allerdings gewährleistet. Im restlichen Landkreis Lindau werden die Schüler befördert. Allerdings weisen Stadt- und Regionalverkehr darauf hin, dass die gesamte Personenbeförderung je nach Witterungslage stark eingeschränkt sein wird.

Stadtwerke-Chef Thomas Gläßer weiß bereits am Sonntagabend, dass die Stadtbuslinie 4 vom ZUP in Richttung Alwind und Gitzenweiler Hof am Montagmorgen nicht fahren wird. „Alles andere entscheiden wir morgens um fünf“, sagt er.

Rund um die Uhr im Einsatz

Auch die Mitarbeiter des Bauhofs waren am Wochenende rund um die Uhr unterwegs. „Das hab ich in 20 Jahren noch nicht erlebt“, sagt Bauhof- Chef Danny Hemkens. Er ist mit mehr als 30 Leuten und allen Fahrzeugen seit Samstagnacht im Einsatz. „Wir kämpfen, dass der Verkehr nicht ganz zum Liegen kommt.“ Doch die Situation verschärfte sich im Laufe des Sonntags, denn der Schnee wurde immer schwerer.

Hemkens und seine Männer stießen bei diesen Wetterverhältnissen an ihre Grenzen. Da die kleinen Traktoren dem extrem schweren Schnee nicht gewachsen sind, musste er sie umbauen. Und er hat soviel Salz verbraucht, dass er sich Sorgen macht, es könnte nicht reichen.

Landrat Elmar Stegmann dankt allen Einsatzkräften. „Ich habe großen Respekt vor den Kameraden“, sagt er im Gespräch mit der LZ. Stegmann war am Sonntagvormittag selbst mit der Lindauer Feuerwehr unterwegs und hat geholfen. Das THW musste, so der Landrat, am Sonntag das Valentin-Heider-Gymnasium „freischneiden“. Dort waren Bäume umgefallen, die den Weg zur Schule versperrt hatten. „Das Wochenende hat uns ein außergewöhnliches Schneeereignis beschert, dass mit einem normalen Schneefällen nicht zu vergleichen ist“, sagte Oberbürgermeister Gerhard Ecker. „Ich danke allen Einsatzkräften, den Kollegen der Garten- und Tiefbaubetriebe, der Feuerwehr, dem THW und dem BRK, die in den letzten beiden Tagen unermüdlich unterwegs waren. Ich möchte aber auch den Mitbürgern danken, die einfach die Schneeschaufel in die Hand genommen haben um für ältere Nachbarn den Weg frei zu räumen, oder gemeinschaftlich ihre Nebenstraße freigeschaufelt haben.“

Es schneit und schneit und schneit. Wer sein Auto braucht, der muss es erst einmal freischaufeln.

Polizei und Landratsamt mahnten die Lindauer am Sonntag, wenn möglich daheim zu bleiben. „Aufgrund des anhaltenden Schneefalles und der hohen Schneelast auf Dächern und Bäumen drohen Dachlawinen und Bäume umzustürzen“, schrieb die Polizei. Was die schweren Dachlawinen anrichten können, hat sich bereits in der Nacht zum Sonntag gezeigt, als der Schnee vom Dach der Kirche St. Stephan gefallen ist und die darunter parkenden Autos beschädigt hat. Der Bereich ist mittlerweile abgesperrt.

Turnhallen und Hallenbad geschlossen

Die Stadt Lindau hat sich am Sonntagmittag dazu entschieden, die städtischen Turnhallen und das Freizeitzentrum Oberreitnau zu sperren. „Die Bilder von Bad Reichenhall sind uns allen noch präsent“, sagte Pressesprecher Jürgen Widmer. Es werde so schnell wie möglich eine statische Prüfung geben. „Erst wenn wir sicher sind, geben wir die Hallen wieder frei“, so Widmer weiter.

Später wurden auch die Eissporthalle und das Hallenbad Limare geschlossen. „Im Limare waren etwa 100 Leute, die das Bad verlassen mussten“, sagt Patricia Herpich von der Pressestelle der Stadt. Die Besucher haben alle einen Gutschein bekommen und dürfen ein anderes Mal wieder zum Baden ins Limare. Das gesamte Wochenende über kam es von Lindau in Richtung Hergatz und Österreich zu Beeinträchtigung des Bahnverkehrs. „Es ist mit Verzögerungen zu rechnen. Auch kann es kurzfristig zu Zugausfällen kommen“, schrieb die Bahn und bat Kunden, sich aktuell im Internet zu informieren.„Das ist eine Extremsituation für Lindau, da kann ich nichts ändern“, sagt Hemkens. Am Nachmittag ist der Regen in Schneeregen übergegangen. „Das machte uns noch mehr Probleme in den Nebenstraßen.“ Durch den Regen setzte sich der Schnee, wenn dann Autos darüber fahren, werde dieser so verdichtet, dass ihn die Räumfahrzeuge kaum mehr von der Straße bekommen. Trotzdem konnte sein Team am Sonntagnachmittag etwas aufatmen. „ Wir haben es trotz widriger Bedingungen geschafft, die Hauptverkehrsadern aufzukriegen“, sagt Hemkens, der mit weiterem Regen in der Nacht rechnet.

Rund um das Lindauer Stadtgebiet waren die Zustände am Wochenende weit weniger chaotisch. „Der geographische Höhenunterschied im Landkreis zeigte bei dieser Wetterlage seine Auswirkung“, schreibt Kreisbrandrat Friedhold Schneider. In Sigmarszell gab es bis Sonntagmittag acht, in Wohmbrechts vier, in Bösenreutin drei, in Wasserburg, Gestratz, Weißensberg und Niederstaufen zwei Feuerwehr-Einsätze.

Die Lindauer Feuerwehr rückte insgesamt zu rund 70 Einsätzen aus. Am Sonntagabend nahm die Frequenz der Alarme langsam ab. „Aber der Schnee wird immer schwerer“, blickte Witzigmann mit Sorge auf die bevorstehende Nacht.