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Schulnote

Ohne Deutsch wird’s mit der Lehre schwierig

Lindau / Lesedauer: 3 min

Rund 15 Prozent der Flüchtlinge brechen ihre Ausbildung ab. Das Problem ist oft die Sprache. Dabei sind viele Ausbildungsbetriebe auf sie angewiesen.
Veröffentlicht:18.03.2018, 14:03

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Ein halbes Jahr lang hat Said Azizi versucht, es durchzuziehen. Jetzt hat er seine Ausbildung zum Restaurantfachmann abgebrochen. Zwar hat ihm die Lehre Spaß gemacht, doch seine Schulnoten waren schlecht. So schlecht, dass er das Schuljahr vermutlich nicht geschafft hätte. Sein Problem: Er spricht zwar Deutsch, aber das Lesen und Schreiben fallen ihm schwer.

Azizi ist nicht der einzige, dem die Sprachbarriere zu schaffen macht. Laut IHK haben im vergangenen Jahr zehn Prozent der Flüchtlinge im Landkreis Lindau ihre Ausbildung abgebrochen. Im Bereich der Handwerkskammer für Schwaben war es sogar jeder Fünfte. Seine Abschlussprüfung geschrieben hat noch keiner. „Dieses Jahr werden die ersten fünf ihre Ausbildung beenden“, schreibt Anna Rommel, die bei der IHK Schwaben für den Fachbereich Ausbildung zuständig ist.

Flüchtlinge füllen Lücke in den Betrieben

„Die meisten schreiben im ersten Lehrjahr einfach schlechte Noten“, erklärt Rommel. Meist bessere sich das im zweiten Lehrjahr – wenn der Flüchtling so lange durchhält. Manchmal helfe auch ein Wechsel des Ausbildungsbereichs: Bei der Ausbildung zum Koch zum Beispiel sei der Berufsschulunterricht vergleichsweise anspruchsvoll. Kreishandwerkermeister Uli Kaiser hat bereits einen Syrer ausgebildet. Zurzeit beschäftigt er außerdem einen Afghanen im zweiten Lehrjahr und einen Palästinenser im ersten Lehrjahr. „Das größte Problem ist sicher der Berufsschulunterricht“, sagt er. Kaiser beobachtet auch, dass sein afghanischer Flüchtling viel weniger Unterstützung beim Deutschlernen bekommt, als es bei seinem Azubi aus Syrien der Fall war. „Bei ihm greift die 3+2-Regelung. Er bekommt keinerlei Unterstützung vom deutschen Staat“, so Kaiser. Denn Flüchtlinge, die noch nicht anerkannt sind, sind derzeit nur während ihrer Ausbildung und zwei Jahre danach vor einer Abschiebung geschützt. Weil Afghanistan als sicheres Herkunftsland gilt, ist die Bleibeperspektive für Kaisers afghanischen Azubi schlecht. Das macht Uli Kaiser sauer. Schließlich füllen seine Azubis eine große Lücke. „Wir haben Nachwuchsprobleme, immer“, sagt er. Die Flüchtlinge lösten das Problem des Generationenwechsels im Bau. „Es wird die nächsten zehn Jahre einen gehörigen Schwund geben“, prophezeit Kaiser. Er will versuchen, seinen afghanischen Azubi auch nach der Ausbildung zu behalten. Das Schlimmste wäre, wenn er abgeschoben würde. „Wir sind ein Familienbetrieb. Sie schieben dann ein Familienmitglied ab.“

Die IHK Schwaben reagiert mittlerweile auf das Problem, das viele ausländische Azubis mit der deutschen Sprache haben. Das Projekt „Junge Flüchtlinge in Ausbildung“ bietet Geflüchteten Unterstützung, zum Beispiel über Online-Deutschkurse. „Es gibt eine Studie, die zeigt, dass bei den Flüchtlingen, die nicht eng begleitet sind, die Abbrecherquote bei einem Drittel liegt“, sagt Rommel . Mithilfe des IHK-Projekts oder vergleichbaren Projekten läge sie noch bei zehn Prozent.

Laut Rommel wurde das Projekt bereits allen betreffenden Lindauer Betrieben vorgestellt, die Inhaber sollten die Informationen darüber an ihre Angestellten weitergeben. Said Azizi hat noch nie davon gehört. Er hat schon jede Menge Bewerbungen geschrieben. Und versucht sein Glück nun auf dem freien Arbeitsmarkt. Ohne Ausbildung.