StartseiteRegionalRegion LindauLindauNeues Projekt bietet guten Rat bei kleiner Rente

Budgetberatung

Neues Projekt bietet guten Rat bei kleiner Rente

Lindau / Lesedauer: 4 min

Vor allem ältere Menschen leben im Kreis Lindau immer häufiger am Existenzminimum
Veröffentlicht:14.08.2016, 12:42

Von:
Artikel teilen:

Dass Menschen mit ihrem Geld nicht auskommen, ist für Christiane Norff tägliches Brot: Die 42-Jährige ist ausgebildete Schuldnerberaterin.

Seit vier Jahren ist sie im Auftrag des Lindauer Jugendamts Ansprechpartnerin, wenn junge Familien verschuldet sind. Immer häufiger trifft Norff aber auch Senioren, die in finanzieller Not leben. Und wenn die Lindauer Seniorenbeauftragte Renate Schmid mit älteren Semestern ins Gespräch kommt, dann dreht sich oft auch schnell alles um die Frage, wie man mit kleiner Rente finanziell über die Runden kommt. Vor diesem Hintergrund startet die Stadt Lindau ein neues Projekt: Sie bietet ab September Budgetberatung für ältere Bürger an.

„Zuhören, begleiten, Lösungen finden.“ Das hat sich Christiane Norff vorgenommen, als sie vor rund vier Jahren ihr „Elterncoaching zum Umgang mit dem Familienbudget“ gestartet hatte. Zu erfahren, wie man mit dem eigenen Einkommen auskommt, „dafür gibt es einen riesigen Bedarf im Landkreis Lindau“, hat Norff sehr schnell gemerkt. Denn auch, wenn so mancher meine, den Bewohnern im Kreis Lindau gehe es gut: „Es gibt viele Menschen hier, die am Existenzminimum leben“, schildert die Fachfrau.

Da drohen Stromabschalten und Zwangsräumung

Beispiele aus ihren Erfahrungen mit jungen Familien und Alleinerziehende hat sie schnell zur Hand: Da reicht das Geld – ob Gehalt und Kindergeld oder Hartz IV – nicht aus, um regelmäßig Miete oder Nebenkosten wie Strom, Wasser und Gas zu bezahlen. Da bleiben Rechnungen unbeachtet liegen, schaukle sich der finanzielle Notstand hoch, „bis die Stadtwerke verkünden, morgen wird der Strom abgeschaltet“. Oder der Gerichtsvollzieher eine Wohnung zwangsräumen will.

200 Beratungen hat Christiane Norff allein im Jahr 2015 kreisweit geleistet. „Und dann sind immer wieder auch ältere Menschen in die Beratungsstunden gekommen, die ebenfalls in finanzieller Not stecken und auf meine Hilfe hofften“, berichtet sie. In Gesprächen mit dem Sozialamt der Stadt, den Zuständigen der Caritas in Lindau und auch der Lindauer Seniorenbeauftragten Renate Schmid sei dann klar geworden: „Wir müssen Ähnliches auch für ältere Menschen anbieten.“

Petra Schönherr, in der Stadtverwaltung unter anderem zuständig für die Bereiche Soziale Stadt und Seniorenpolitik, war als Mitstreiterin schnell im Boot, genauso wie die Zecher Quartiersmanagerin Gaby Zobel: Als „Frauen der Tat“ wollten die beiden eine solche Budgetberatung für Senioren möglichst ohne lange Vorlaufzeit und große Hürden anbieten. Den Treffpunkt Zech wählten sie zusammen mit Norff dafür aus, „weil es für ältere Menschen leichter ist, dorthin zu gehen, denn das ist anonymer“, wie Schönherr feststellt.

Das Stadt finanziert das Projekt al seine Art Versuchsballon erst einmal für gut drei Monate bis zum Jahresende. Jeweils donnerstags zwischen 14 und 16 Uhr ist Christiane Norff im Zecher Mehrgenerationenhaus Ansprechpartnerin für Senioren mit Fragen zum Haushaltsbudget oder eben auch finanziellen Sorgen. Zudem wird sie ab Oktober jeweils am ersten Montag im Monat nachmittags auch in der Seniorenbegegnungsstätte Wallstüble auf der Insel ältere Bürger beraten.

Sie könne Hilfe anbieten und unterstützen, wenn die Rente für die alltäglichen Rechnungen nicht ausreicht, es darum gehe, Sozialleistungen oder Zuschüsse aus Stiftungen zu beantragen, oder wenn sogar Energiesperren drohen oder Obdachlosigkeit wegen Mietrückständen. „Viele Ältere wissen beispielsweise nicht, dass sie bei zu geringer Rente ein Recht auf aufstockende Grundsicherung haben“, hat Quartiersmanagerin Gaby Zobel immer wieder in Gesprächen mit älteren Treffpunkt-Besuchern gehört.

Norff will die Ratsuchenden aber auch sensibilisieren fürs Thema „Abzocke“, ob das nun über Werbebriefe geschieht oder am Telefon. Und wenn ein älterer Mensch bereits restlos überschuldet ist, dann biete sie an, ihn in die offizielle Schuldnerberatung des Landratsamtes zu begleiten.

Schönherr ist überzeugt: Nutzen die Senioren das neue Projekt Budgetberatung, „dann hilft das auch unserer Arbeit im städtischen Sozialamt“. Für Norff ist unterdessen klar: „Hinter der Not steckt fast immer eine Geschichte“ – da will sie „zuhören, begleiten, Lösungen finden“.

Die Budgetberatung für Senioren startet am 22. September und findet immer donnerstags von 14 bis 16 Uhr im Treffpunkt Zech statt sowie jeweils am ersten Montag im Monat von 14 bis 16 Uhr im Wallstüble auf der Insel. Sie ist kostenlos.