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Motorboot

Motorboot verband Insel und Eichwald

Lindau / Lesedauer: 4 min

Strandbadlinie von der Insel über den See gab es in Lindau immerhin bereits 35 Jahre lang
Veröffentlicht:08.01.2017, 17:30

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Nach gut 25 Jahren Vorbereitungszeit eröffnete die Stadt Lindau am 14. Juli 1929 das für rund 300000 Reichsmark (RM) erbaute städtische Reutiner Strandbad am Eichwald mit einer Strandlänge von vorerst 400 Metern, 150 Umkleidekabinen, einem Café mit Restaurant, eigener Konditorei und einem Eintrittspreis für Erwachsene von 30 Pfennigen sowie 15 Pfennigen für Kinder. Da damals private Autos noch Seltenheitswert hatten, wurde nicht nur der Stadtbus bis zum Strandbad verlängert. Vielmehr band das Motorboot das Eichwaldbad in Reutin an.

Der 1925 gegründete Stadtbus Lindau erhielt nun für seine Linie auf der Bregenzer Straße nach und von Bregenz am Eichwald eine zusätzliche Bushaltestelle. Die Stadtbuslinie von Schachen wurde in den Sommermonaten zusätzlich über Aeschach bis zum Strandbad und wieder zurückgeleitet. Mit Beginn des Badebetriebes verkehrte für die „Insulaner“ und Touristen auf der Insel außerdem vom Lindauer Hafen aus zu einem extra errichteten Landesteg westlich des Strandbades Eichwald eine Motorbootverbindung der Deutschen Reichsbahn ( DR ): Zur DR gehörten damals die Eisenbahn in Deutschland und die deutsche Bodensee-Schifffahrt. Die öffentliche Personenbeförderung per Bus, Zug und Motorboot funktionierte gut, da ein Privatauto noch ein Luxusgut einer wohlhabenden Minderheit darstellte und im Lindauer Stadtgebiet im Jahre 1929 erst 128 Krafträder sowie 127 PKW angemeldet waren.

Höchstgeschwindigkeit von 21 Stundenkilometern

Das auf der Deggendorfer Werft für rund 35000 Reichsmark erbaute Motorboot Reutin, ursprünglich für den Betrieb auf dem Genfer See vorgesehen, trat am 23. Juli 1929 im Lindauer Hafen seinen Dienst zum Strandbad an. Es hatte eine Länge von 16,67 Meter, eine Breite von 3,25 Meter und bei voller Beladung einen Tiefgang von gut einem Meter. Die maximal 80 Personen auf dem Boot wurden zunächst von einem schwachen 60-PS-Deutz-Dieselmotor befördert, ab 1935 nach einem umfänglichen Umbau von einem 150-PS-Maybach-Vergasermotor, was eine Höchstgeschwindigkeit von 21 Stundenkilometern ermöglichte.

Fünf Tage nach Beginn des Bootsbetriebes musste dieser erstmals für wenige Tage unterbrochen werden, da bereits ein erstes Mal die Fahrrinne zum Reutiner Bootssteg wegen des sommerlichen Niedrigwasserstandes vertieft werden musste.

Die einfache Fahrt zum rund vier Kilometer entfernten Strandbad kostete anfangs ab Hafen für Erwachsene 40, für Kinder 15 Pfennige. Die Abfahrt am Schwimmsteg vor dem Finanzamt erfolgte für die rund fünfzehnminütige Fahrt bei schönem Wetter in der Sommersaison fahrplanmäßig zwischen neun und 18 Uhr alle 40 Minuten.

Als kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs im April 1945 die meisten der Bodenseeschiffe von Lindau und Bregenz sicherheitshalber in die friedliche Schweiz überführt wurden, war auch die Reutin dabei. Am 17. Mai 1945 wurde sie im Rahmen der Schiffsrückführungen der französischen Armee für deren Transportzwecke übergeben.

Vermutlich 1949 erhielt sie ein neues Steuerhaus und wurde nun zusätzlich zum Strandbadverkehr für Rundfahrten verwendet. Nachdem bis Frühjahr 1951 die neue Bundesbahn ihre Bahn-Haltestelle Strandbad mit Personenzügen bedient hatte, pendelte die Reutin als Boot der Deutschen Bundesbahn beispielsweise 1953 zwischen 9.45 Uhr und 19.20 Uhr für den „Lokalverkehr“ für 0,30 D-Mark pro Person zwischen Strandbad und Platz 8 im Lindauer Hafen. Die jeweilige Gegenfahrrichtung wurde phasenweise von den DR-Motorbooten „Neptun“, „Forelle“, „Adler“, „Bayern“, „Silberhecht“, „Arthur“ und „Glückauf“ bedient.

Doch die rasante Verlagerung des Personenverkehrs hin zu den Autos – in Lindau waren 1961 bereits 3742 motorisierte Fahrzeuge angemeldet – ließen diese Form der Mobilität langsam unrentabel werden. So kam im Jahre 1964 das Ende der Strandbadlinie des Schiffsverkehrs. Laut Lindauer Zeitung vom 27. Mai begründete Hafenvorsteher Pemsel dies unter anderem so: „Wir haben beim Motorbootverkehr zum Strandbad in den letzten Jahren durchschnittlich 15000 bis 20000 Mark pro Saison draufbezahlt.“ Zur vollen Kostendeckung hätte man die den Omnibustarifen angepassten Fahrpreise für die Hin- Und Rückfahrt von 60 Pfennige auf eine bis 1,20 D-Mark erhöhen müssen.

Aus des Bootes nicht nur aus finanziellen Gründen

Neben den monetären Erwägungen waren aber auch personelle Gründe ausschlaggebend: Der Fahrplan wurde oft durch das Wetter ad absurdum geführt, wodurch „die Einteilung des Fahrpersonals schwierig geworden sei…“.

Die Reutin selbst wurde nach 35 „Lindauer Jahren“ an die Motorbootfirma Keller in Gaienhofen am Untersee verkauft und dort als MB Santa Maria bis 1980 ganzjährig auf der Linie Gaienhofen-Steckborn eingesetzt.