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Ministerium schickt Pflegeheimen FFP2-Masken – Doch die bleiben im Karton

Lindau / Lesedauer: 4 min

Einheitsgröße passt nur auf wenige Gesichter – „Die gefährden mein Personal“
Veröffentlicht:28.11.2022, 12:00

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Ruza Kosic schüttelt vehement den Kopf. „Das geht gar nicht – die sitzt überhaupt nicht.“ Die Fachfrau aus dem Lindauer Pflegeheim probiert gerade eine neue FFP2-Maske aus. An die 1000 Stück hat das Hospital davon erhalten, kostenlos vom Bundesgesundheitsministerium. Doch das Geschenk hat Tücken. Und Heimleiter Klaus Höhne hat entschieden: „Die muss niemand von meinem Personal tragen.“

„Entenschnabel“ haben sie die Maskenform getauft. Das hört sich erst mal niedlich an. Doch dieses Geschenk aus Berlin löst in drei Lindauer Senioren- und Pflegeheimen alles andere als Freude aus.

Pro Monat braucht Heim 1000 Masken

Grundsätzlich ist in solchen Häusern wie auch Kliniken und Arztpraxen wegen der anhaltenden Gefahr einer Corona-Infektion das Tragen einer FFP2-Maske gesetzlich vorgeschrieben. Und das geht natürlich ins Geld: „Pro Monat brauchen wir mit unseren 80 Mitarbeitern im Hospital an die 1000 Stück“, schildert Heimleiter Klaus Höhne.

Kopie von  Wohnbereichsleiterin Ruza Kosic wird die von Berlin gespendeten FFP2-Masken im Arbeitsalltag nicht tragen: Sowohl im Kinnbereich als auch (trotz Bügel) oberhalb der Nase liegen diese Masken nach ihren Worten überhaupt nicht am Kopf an – un
Kopie von Wohnbereichsleiterin Ruza Kosic wird die von Berlin gespendeten FFP2-Masken im Arbeitsalltag nicht tragen: Sowohl im Kinnbereich als auch (trotz Bügel) oberhalb der Nase liegen diese Masken nach ihren Worten überhaupt nicht am Kopf an – un (Foto: Evi Eck-Gedler/Schwäbische.de)

Ähnlich sehe es im städtischen Altersheim Reutin aus, für das er ebenfalls verantwortlich ist. „Das ist finanziell betrachtet schon eine Hausnummer.“ So gesehen hat sich Höhne zunächst gefreut, als er erfuhr, dass sowohl das Hospital als auch das Haus Reutin jeweils drei große Kartons mit FFP2-Masken erhalten haben.

Unterm Kinn kommt überall Luft durch.

Wohnbereichsleiterin Ruza Kosic

Die Ernüchterung kam, als er zusammen mit Pflegekräften die ersten Tüten öffnete: Sowohl die Form der Masken als auch ihr Material löste Kopfschütteln aus. Wohnbereichsleiterin Ruza Kosic zeigt der LZ, wo die Probleme liegen: „Hier über der Nase liegt sie trotz Bügel nicht an. Da kann ich rumbiegen, so viel ich will.“ Der um den Hinterkopf geführte Befestigungsgummi sei zwar vielleicht gut gemeint vom Hersteller. „Aber unterm Kinn kommt überall Luft durch.“

Einheitsgröße passt nur auf wenige Gesichter

Höhne hat verschiedene seiner Mitarbeitenden gebeten, diese Masken auszuprobieren. Die Bilanz: „Dieser Schnitt passt nur auf ganz wenige Gesichtsformen.“ Und es gibt sie nur in einer Größe.

 Auch Kosics Kollegin Erika Schoser hält die dem Hospital zugeschickten Masken für eine Fehlkonstruktion. Denn beim Einatmen würden diese am Mund regelrecht angesaugt, so dass sie nur schwer Luft bekomme.
Auch Kosics Kollegin Erika Schoser hält die dem Hospital zugeschickten Masken für eine Fehlkonstruktion. Denn beim Einatmen würden diese am Mund regelrecht angesaugt, so dass sie nur schwer Luft bekomme. (Foto: Evi Eck-Gedler/Schwäbische.de)

Kosics Kollegin Erika Schoser zeigt ein weiteres Problem: Beim Sprechen mit Maske saugt sich das Material so fest ans Gesicht, dass sie das Vlies im Mund hat. Und bei ihr kneift zudem das Geschenk aus Berlin am Hals unterm Kinn, dafür steht es seitlich vom Kopf ab.

 Hospital-Hausmeister Daniel Gierer bleibt lieber bei seinem bisherigen Maskenmodell: „Das liegt durch seine Form rundum sauber an und lässt nichts durch.“
Hospital-Hausmeister Daniel Gierer bleibt lieber bei seinem bisherigen Maskenmodell: „Das liegt durch seine Form rundum sauber an und lässt nichts durch.“ (Foto: Evi Eck-Gedler/Schwäbische.de)

Hausmeister Daniel Gierer hat gleich nach dem Anprobieren des „Entenschnabels“ wieder seine gewohnte große „Kaffeefilter“-Maske aufgesetzt: „Die gibt’s in mehreren Größen, und die liegt perfekt überall an.“

Maske vermittelt trügerische Sicherheit

Für Höhne ist klar: „Das Modell Entenschnabel werden meine Mitarbeitenden nicht tragen.“ Das vermittelt in seinen Augen eine trügerische Sicherheit: „Die gefährden mein Personal“, befürchtet er. Was Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in seinem Begleitschreiben als Unterstützung und Dank für die Pflegearbeit anbiete, betrachtet Höhne keineswegs als Hilfe für Pflegeheime: „Die schützen einfach nicht vor dem Einatmen möglicher Corona-Viren in der Luft.“

Mit dieser Ansicht steht er übrigens nicht allein: Auch im Maria-Martha-Stift, das ebenfalls eine solche Masken-Lieferung erhalten hat, nutzt bis auf eine Kraft niemand diese „Entenschnäbel“, hat die LZ auf Nachfrage erfahren.

Der Hospital-Heimleiter hat die Kartons mittlerweile ins Lager bringen lassen. „Vielleicht ist in Berlin eine Depotverkleinerung notwendig gewesen“, hakt er das Thema ab und macht sich eine Bestellung der gewohnten FFP2-Masken in den erforderlichen Größen.