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Jobverlust

Lindauer Arbeitsagentur will Jobverluste mit mehr Weiterbildung vermeiden

Lindau / Lesedauer: 3 min

Berufliches Qualifizieren betrachten die Arbeitsagentur als neuen Schwerpunkt neben der Stellenvermittlung
Veröffentlicht:13.12.2018, 12:07

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Hier eine Gruppe Jugendlicher fit machen für den Start in die Ausbildung, dort ältere Arbeitslose auf digitale Aufgaben im Berufsleben vorbereiten. Außerdem sich verstärkt um Menschen kümmern, die vermeintlich in der Arbeitswelt keinen Platz finden: „Qualifikation bedeutet Prävention in puncto Arbeitslosigkeit.” Davon ist Maria Amtmann überzeugt. Seit knapp zwei Jahren leitet die gebürtige Fränkin die Arbeitsagentur Kempten-Memmingen, ist dabei auch für den Kreis Lindau zuständig. Den hat Amtmann jetzt ein Jahr lang sehr genau beobachtet. Und ist überzeugt: „Der Arbeitsmarkt im Kreis Lindau – der ist robust.”

Die Allgäuer Regionalgeschäftsführerin holt eine Grafik hervor, bei deren Anblick so mancher ihrer Kollegen in anderen Teilen Deutschlands blaß vor Neid wird: In elf Monaten hat es im Kreis Lindau keine einzige Erwerbslosenquote mit einer „drei“ vorm Komma gegeben. „Von Arbeitslosigkeit betroffen waren im Kreis Lindau in diesem Jahr so wenig Menschen wie seit Jahren nicht mehr”, stellen Amtmann und die Lindauer Agenturleiterin Susanne Müller-Koberstein unisono fest. Mit 2,9 Prozent sei man ins Jahr gestartet, Ende November liegt die Quote trotz eines leichten Herbst-Anstiegs nur bei 2,4 Prozent. Und weil viele Firmen zwischen Westallgäu und Bodensee händeringend neue Mitarbeiter suchen, bezeichnet Müller-Koberstein den Arbeitsmarkt im Landkreis „als sehr aufnahmefähig”.

Trotzdem ist den beiden Frauen und Müller-Kobersteins Stellvertreter Björn Patzer bewusst: Einen Arbeitsplatz zu behalten, ist keine Selbstverständlichkeit. Die Agentur hat sich deshalb vorgenommen, in diesem Winter beispielsweise die saisonbedingt ausgestellten Kräfte aus Hotels und Gastronomie zu qualifizieren. Dabei kann es um Sprache genauso gehen wie um zusätzliches Fachwissen aus Küche und Service. „Den Kräften ist heute bewusst, dass diese Ausfallzeiten im Winter sich auf ihre Rente auswirken werden”, beobachtet Amtmann. Deswegen würden die Angebote der Arbeitsagentur zur Weiterbildung vom Hoga-Beschäftigten gut angenommen. Müller-Koberstein hat zudem wahrgenommen, dass Hoteliers und Wirte die Qualifizierungsangebote der Agentur nutzen, damit ihr Personal die Zeit, in der ihre Häuser geschlossen sind, sinnvoll nutzen können.

Doch auch in Gewerbe und Produktion setze sich langsam das Bewusstsein durch, dass eine ursprünglich abgeschlossene Ausbildung nicht für das ganze Berufsleben ausreiche, schildern die Agenturvertreter. „Die Arbeitsagentur ist inzwischen nicht mehr nur Vermittler von neuen Stellen”, sagt Amtmann: „Die Qualifizierung von Beschäftigten beschäftigt uns in der Agentur zunehmend genauso stark.” Und das sei wichtig, ist die Regionalgeschäftsführerin überzeugt: Nur wer sich ständig weiterqualifiziere, könne Arbeitslosigkeit vermeiden. Und Amtmann fügt an: „Gelder sind dafür heute ausreichend vorhanden.”

Agentur geht heute individueller auf Kunden ein

Was aber auch wichtig sei: Keine Massenmaßnahmen mehr – sondern individuell mit den Berufstätigen und Arbeitslosen arbeiten. So würden Stellensuchende, die 50 Jahre und älter sind, heute vorwiegend in kleinen Gruppen betreut, damit die Kursleiter intensiver auf die Fähigkeiten und Defizite der Einzelnen eingehen können. Damit sei man erfolgreich, sagt Müller-Koberstein: So hätten bei einer Fördermaßnahme im Herbst drei ältere Arbeitslose über ein Praktikum einen neuen Arbeitsplatz gefunden, zwei weitere sich dort das Rüstzeug für die Selbständigkeit geholt.

Trotz des Engagements der Agentur sind Ende November vier von zehn Arbeitslosen älter als 50 Jahre gewesen – für Firmen und Personalchefs oft „zu alt“, um ihnen eine neue berufliche Chance zu geben. Unverständlich angesichts des auch im Kreis Lindau drohenden Fachkräftemangels. Wobei Müller-Koberstein erkennt: „So mancher Arbeitgeber ist heute schon eher kompromissbereit.“

Für Amtmann ist klar: Für Ältere oder auch Langzeitarbeitslose „sind die Chancen, wieder auf dem Arbeitsmarkt einzumünden, derzeit so groß wie nie zuvor“. Und ganz gleich, ob es sich um Beschäftigte, Arbeitslose oder die sogenannte stille Reserve handelt, also etwa Frauen in Elternzeit: „Weiterbildung ist das Thema der Zukunft.“