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Hexenstein

Lindau im TV: Mythen von Rosen und Hexensteinen

Lindau / Lesedauer: 4 min

In einem Beitrag auf BR3 dreht sich am Montagabend alles um Legenden rund um die Insel
Veröffentlicht:05.07.2020, 13:54

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Im Mittelpunkt einer besonderen Sendung stehen am Montag, 6. Juli, Sagen und Mythen rund um Lindau. Darauf macht Lokalhistoriker Karl Schweizer in einer Ankündigung aufmerksam. Demnach sendet das Bayerische Fernsehen auf BR3 den ersten Teil einer kleinen Reihe über Legenden im südlichen Bayern.

Dazu weilten im Sommer 2018 Regisseur Florian Guthknecht , sein Kameramann sowie sein Tontechniker zwei Tage in Lindau. Viele Minuten Aufnahmen an zwei der historischen Lindauer Plätze mit Laienschauspielerinnen vom Lindauer „Podium 84“, im Stadtarchiv, mit Interviewpartnern sowie mit Unterstützung der Stadtgärtnerei füllten anschließend die digitalen Speicher des TV-Teams. Insbesondere eine Lindauer Legende, jene der ehemals zwei „Hexensteine“ rund um die Insel sowie die Sage von den Degelsteiner Rosen rund um die Ruine im Lindenhofpark erregten dabei ihre Aufmerksamkeit. Letztere wurde aus diesem Anlass dem „Lindauer Sagenbüchlein“ entnommen und hier erneut erzählt.

Darin heißt es: „Nicht weit von der mittelalterlichen freien Inselstadt Lindau entfernt und noch innerhalb ihres Blutgerichtsbezirkes gelegen, stand in alter Zeit das Weiherschlösschen Degelstein. Dort, wo heute um das Friedensmuseum herum sich still und schön der große alte Park der Villa Lindenhof ausbreitet, finden wir in dessen Westecke beim Lindenhofbad die Ruine des früheren Schlösschens.

Auf ihm wohnte in alter Zeit die adelige Familie von Degelstein. Ihr Hochmut war bekannt von Nonnenhorn bis an die Laiblach. Das einfache Volk wurde von ihnen nicht mehr geachtet als das Vieh, welches ihnen die Pächter ihrer Ländereien jedes Jahr ablieferten. Drei Töchter und ein Sohn des Ehepaares waren inzwischen gesund herangewachsen und in das jugendliche Alter eingetreten. Auch sie hatten bereits begonnen, die Hochnäsigkeit ihrer Eltern gegenüber dem arbeitenden Volk nachzuahmen.

Eines Tages, mitten in der Erntezeit, kam eine der armen Pächterfrauen in Trauerkleidung und erzählte der Hausherrin unter Tränen: ‚Gnädige Frau, in der letzten Nacht ist unsere einzige Tochter gestorben. Sie zählte erst 18 Jahre und war eine große Freude unseres Lebens. Erlauben sie mir doch bitte, von den wild wachsenden Rosen an ihrer Hauswand welche abzuschneiden. Ich möchte wohl um ihre schwarzen Locken einen Kranz aus weißen Rosen flechten.’ Doch die herzlose Degelsteiner Herrin rief der flehenden Mutter in höhnischen Worten zu: ‚Für deinen elenden Balg ist ein Kranz von Brennnesseln gut genug. Rosen geziemen sich nicht für euch Bettelvolk, die sind nur für unseres Gleichen!’ Voller Schmerz und Wut ging die arme Bäuerin wieder von dannen und rief noch auf der Schlossbrücke zur Herrin zurück: ‚So sollen Eure Rosen doch besser zu lauter Totenkränzen für Eure eigene Familie werden!’ Aber die Herrin hörte dies bereits nicht mehr.

Zwei Tage später war die Beerdigung der kleinen Bauerntochter. Viel Volk aus den Bauernhöfen und Fischerhütten Degelsteins, Enzisweilers, Schachens und Alwinds kam zum Friedhof gezogen, um den verzweifelten Eltern durch ihre Teilnahme stillen Trost zu spenden. Niemand arbeitete an diesem Nachmittag auf den Feldern. Auch die Fischer hatten das Seeufer verlassen und waren bei der Trauerfeier. Die Edlen von Degelstein aber zeigten sich nicht.

Ihre drei Töchter unternahmen an diesem schwülen Sommertag eine Bootsfahrt auf dem Bodensee. Weit hinaus waren sie gefahren und beachteten lange nicht, wie sich im Rheintal ein Gewitter zusammenbraute. Als dieses mit mächtigem Sturm über den See gezogen kam, war es bereits sehr spät für eine sichere Rückkehr. Nahe dem Schachener Ufer wurden die Wellen immer rasender und höher. Da alle Bediensteten der Degelsteiner Herrschaft bei der Beerdigung waren, wurde der Bruder von den Eltern an den See geschickt, seine drei Schwestern nach Hause zu holen. Am Ufer angekommen sah er das Boot noch auf den Wellen tanzen bevor es in den Fluten versank. Die Edelfräulein ertranken vor seinen Augen.

An diesem Abend ergriff die Eltern die helle Verzweiflung. Doch nun erschien kein Pächter zur Beerdigung ihrer Töchter. Jedes Jahr im Sommer schnitten die einst überheblichen Eltern nun Rosen von ihren Hauswänden und legten sie auf das Grab ihrer drei Töchter am Ufer. Die Herrin selbst starb vor lauter Gram wenige Jahre später. Viele Jahre legten nun alle Herren von Degelstein auf die Gräber ihrer Verstorbenen dornige Rosenkränze.“

Der Name Degelstein rührt von dem im See vor Alwind liegenden und bei winterlichen Niedrigwasser teils sichtbaren großen Steinblock, dem „Tegerstein“ (großer Stein), später auch Torkel- oder Nixenstein genannt. Bereits seit dem Jahre 1332 durch eine Urkunde des Klosters St. Gallen als Lehensherrin verbürgt, wurde das kleine Wasserschlösschen erst im Rahmen der Errichtung des heutigen „Lindenhofparks“ in den späten 1830er-Jahren im Auftrag des Lindauer Fernhandelskaufmannes Friedrich Gruber zu einer Ruine rückgebaut, um den damaligen Vorstellungen einer englischen Parklandschaft besser zu entsprechen.