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Kreistag einig: „Uns liegt der ÖPNV am Herzen“

Lindau / Lesedauer: 4 min

Neuer Nahverkehr kommt – Ab Herbst 2021 sollen Bahn und Buslinien aufeinander abgestimmt fahren
Veröffentlicht:31.07.2018, 18:29

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Sechs Fraktionen, 60 Kreisräte, eine Überzeugung: Der öffentliche Nahverkehr muss so gut werden, dass die Menschen im Landkreis Lindau gerne und freiwillig in Bus und Bahn umsteigen. Die Weichen dafür sind gestellt: Einstimmig quer durch alle Fraktionen hat der Kreistag jetzt die Weiterentwicklung des ÖPNV-Konzepts beschlossen. Ab dem Winterfahrplan 2021 sollen kreisweit nicht nur neun neu gestaltete Buslinien im Stundentakt unterwegs sein. Sie sollen dann auch in Lindau, Hergatz und Röthenbach Anschluss an die Züge haben.

Das Schweizer Verkehrsplanungsbüro Metron hat die bisherige Situation des öffentlichen Personen-Nahverkehrs zwischen Nonnenhorn, Scheidegg und Maierhöfen sehr genau unter die Lupe genommen, hat Pendlerströme genauso untersucht wie den Schülerverkehr, der bisher das Rückgrat des ÖPNV im Kreis Lindau bildet. Für den zuständigen Planer Peter Schoop ist klar: Will der Kreis Lindau das Interesse seiner Bürger am ÖPNV stärken, dann muss das Nahverkehrskonzept vor allem eines sein: klar und zuverlässig.

Auf festen Routen und im strikten Stundentakt

Das bedeute: Wenn die Buslinien A bis L ab Dezember 2021 durch den Landkreis rollen, dann müssen sie auf festen Routen und im Stundentakt unterwegs sein. Dreh- und Angelpunkt der Regionalbusse werden dann Lindenberg (fürs Westallgäu) und der neue Lindauer Bahnhof in Reutin sein. Auf die Insel fahren die RBA-Busse dann nicht mehr: Nach dem Beitritt zum Verkehrsverbund Bodo ist es nach Schoops Ansicht kein Problem mehr, in Reutin in den Stadtbus oder Züge auf die Insel umzusteigen.

Umstellen müssen sich dann die jungen Nutzer der Busse: Das neue ÖPNV-Konzept ist nicht mehr auf die Schüler ausgerichtet, wenngleich Metron in der Jahreskilometerleistung eine Reserve von zehn Prozent für den Schülerverkehr vorsieht. „Der Schülerverkehr ist weiter gewährleistet“, betonte Schoop im Kreistag.

Auch wenn die Jugendlichen künftig vereinzelt längere Wartezeiten in Kauf nehmen müssen, wenn der Landkreis deutlich mehr Geld investieren muss: Nach Ansicht des Schweizer Verkehrsplaners überwiegen die Vorteile eindeutig. Dass das neue ÖPNV-Konzept den Landkreis künftig jährlich bis zu 1,6 Millionen Euro kosten wird (einschließlich der Buslinien durchs Argental ab 2023), ließ zwar manchen Kreisrat zunächst etwas schlucken. Aber man habe von Anfang an gesagt, „es muss Ihnen bewusst sein, dass der Landkreis dafür richtig Geld in die Hand nehmen muss“, erinnerte Landrat Elmar Stegmann. Auch wenn sie letztlich einstimmig für das neue ÖPNV-Konzept stimmten: Die Kreisräte hatten zuvor noch viele Fragen. So erkundigte sich Kreisrätin Petra Seidl nach „einem Plan B“, falls es mit dem neuen Bahnhalt Reutin in Lindau Schwierigkeiten gebe. Eduard Stützle , der Verkehrsexperte des Landratsamtes, gab zu: „Die Situation in Reutin bereitet uns auch Bauchschmerzen.“ Aber einen Plan B gebe es nicht, betonte Stützle: Das Rückgrat des neuen Nahverkehrskonzepts, die Buslinie A, die Lindau über Hörbranz, Scheidegg und Lindenberg mit Weiler verbindet, werde nun mal in Reutin starten. Und an dieser wiederum hängen andere Westallgäuer Linien dran.

„Es ist wichtig, jetzt mal anzufangen“, fand Kreisrat Thomas Kühnel und fügte an: „Dann schauen wir, wie sich die Fahrgastzahlen entwickeln.“ Der Kreisrat und Landtagsabgeordnete Eberhard Rotter zeigte sich überzeugt. „Wir gehen auf Erfolgskurs.“ Dafür sei zum einen ein zuverlässiger Taktverkehr äußerst wichtig – aber auch die Anschlusskette Bahn-Bus. Dafür für den Zeitraum ab 2023, wenn die neuen Bahnhalte im Kreisgebiet eröffnet werden, die Fahrpläne abzustimmen, „wird schon noch eine schwierige Geschichte“. Das auf den Kreis zukommende höhere Defizit sah Rotter hingegen nicht so pessimistisch, weil Lindau ab diesem Jahr unter anderem zusätzliche Verbundfördermittel erhalte.

„Uns liegt der ÖPNV am Herzen“, so das eindeutige Plädoyer von Kreisrat Karl Schober für das neue Nahverkehrskonzept. Er zeigte sich überzeugt, dass dieses nach einer Übergangsphase von den Bürgern angenommen wird. Dieser Ansicht ist auch Alexander Kiss: Seine Fraktion, die Grünen, freuen sich, „dass endlich Fenster aufgestoßen werden und der alte ÖPNV-Mief verfliegt“. Er appellierte an seine Kreistagskollegen, „in die Rolle des Verbrauchers zu schlüpfen: Der will ein zuverlässiges Angebot.“ Und das biete das neue Konzept, das Walter Matzner als „überzeugend“, Angelika Eller-Wiedemann als Basis für „moderne Mobilität“ und Ulrike Lorenz-Meyer als „Quantensprung“ bezeichneten.

„Die Randgemeinden nicht vergessen“

Einige Kreisräte sorgten sich zwar, dass es für die Schüler künftig Nachteile mit sich bringe. „Aber wir versuchen, die Verbindungen so zu gestalten, dass sie den Schülern zuzumuten sind“, versicherte Stützle. Und auch den Appell der stellvertretenden Landrätin Margret Mader nehme sich die Verwaltung zu Herzen: Sie will im neuen Nahverkehrskonzept sichergestellt wissen, „dass die Randgemeinden in Zukunft nicht vergessen werden“.