Die Welt geht demonstrieren, und Lindau ist dabei. Rund 300 Demonstranten zogen am Freitag im Rahmen der weltweit angesetzten „ Fridays for Future “-Demonstrationen lautstark über die Insel, um für einen besseren Umwelt- und Klima-schutz zu demonstrieren. Ihre Parolen wie „Hopp. hopp, Kohlestopp“ oder „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut“ hallten auf den Plätzen und in den Gassen der Altstadt. Und sie wurden beachtet.
Zahlreiche Passanten blieben während des halbstündigen Marsches stehen, klatschten Beifall oder gingen sogar einige Schritte mit. Spontan entstanden am Rand des Demonstrationszuges kleine Diskussionsrunden. Satzfragmente wie „Sie haben doch recht“ oder „Ist denn das wirklich alles so schlimm?“ ließen sich im Vorübergehen vernehmen.
Spontane Effekte, die die sieben Organisatoren der „Fridays for Future“-Ortsgruppe Lindau umso mehr freuten, hatten sie im Vorfeld doch mit weniger Aufmerksamkeit gerechnet. „Wir dachten, es würden weniger Leute kommen, weil die Schulen diesmal schon Konsequenzen angedroht haben“, erklärte Emiliy Schneider vom Organisatorenteam. Wie diese Folgen aussehen sollen und ob sie sich von den Strafen für die vergangenen zwei Demonstrationen unterscheiden sollen, wusste vor Ort allerdings niemand. Und abgeschreckt hatte es offensichtlich auch nicht viele. „Diese Demo war ein voller Erfolg. Wir waren wieder mehr als beim letzten Mal und vor allem auch lauter. Nach fast zwei Monaten Organisation ist es ein tolles Gefühl, wenn die Leute spontan mitlaufen, klatschen und unsere Slogans mitrufen“, freute sich Organisator Jonathan Kindermann.
In seiner Rede von der Dachterrasse des Fotogeschäfts am Alten Rathaus machte Micah Heyse dann auch gleich zu Beginn deutlich, was die jungen Demonstranten von der „Erlaubt-oder-nicht“-Diskussion halten: „Man hat das Gefühl, die Debatte, ob wir demonstrieren dürfen, ist wichtiger als der Grund, warum wir demonstrieren. Das stört mich.“ Sie wollen als Demonstranten das Sprachrohr der Wissenschaftler sein, die seit Jahren vor den Folgen des Klimawandels warnen, aber nur selten Gehör finden. An die Politik gewandt forderte Heyse: „Wir wollen keine Tweets sehen, wir wollen Taten sehen“ und schickte gleich noch eine Warnung hinterher: „Die meisten derjenigen, die jetzt auf die Straße gehen, dürfen in wenigen Jahren wählen. Und wir vergessen und vergeben nicht.“
Ein emotionaler Moment folgte, als Frieder Fahrbach von den „Parents for Future“ das Mikrofon übernahm. „Meine Generation hat bereits vor 50 Jahren das erste Mal vom Klimawandel gehört. Und wenn ich mir anschaue, was wir bisher dagegen getan haben, bin ich zutiefst beschämt“, erklärte er mit brüchiger Stimme. „Meine Generation ist abgestumpft und wir sehen nicht, wie grausam unser Lebenswandel für den Rest der Welt ist. Daher bin ich umso stolzer darauf, was die Jugend sich traut, um uns aufzurütteln.“ Fahrbach versprach der „Fridays for Future“- Ortsgruppe Lindau für das kommende Jahr 200 Euro pro Monat aus seiner Tasche. „Damit haben sie endlich eine Portokasse. Das ist doch das mindeste, was ich als ausgesorgter Erwachsener tun kann. Diese Bewegung soll und muss jetzt wachsen. Deshalb muss man sie auch gießen. Sie brauchen sowohl guten Zuspruch als auch ein bisschen Geld, denn in dieser Welt läuft auch bei den Guten nichts ohne Geld.“
Dass sie die Zuwendung gebrauchen können, machten die jungen Aktivisten dann auch gleich deutlich. Sie blicken schon wenige Augenblicke nach dem Ende der Demonstration wieder in die Zukunft. Als nächstes wollen sie die Zusammenarbeit der einzelnen „Fridays for Future“-Ortsgruppen der Region intensivieren, um gemeinsam jede Woche eine Demo in einer der Städte zu organisieren. Lose schwirrt dafür mit dem 5. Juli auch schon ein Termin im Raum. „Ob wir das allerdings schaffen, und wo es dann sein soll, werden erst die nächsten Wochen zeigen.“ Dass sie auch in Zukunft für ihre Zukunft und die Zukunft der Menschheit auf die Straße gehen werden, steht für alle Beteiligten außer Frage.