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Junge Deutsch-Türken auf der Suche nach Heimat

Lindau / Lesedauer: 3 min

„Taksi to Istanbul“ begeistert im Stadttheater Lindau
Veröffentlicht:09.02.2018, 16:28

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Eine weiße Kiste wird vom Auto zum Kiosk, steht in Köln in Ungarn und zuletzt in Istanbul. Sibel Polat, Faris Mertehan Yüzbasiolgu und Harun Ciftci fesseln die jungen Zuschauer im Stadttheater Lindau mit ihrer fiktiven Reise zu ihren Wurzeln nach Istanbul. Sie wollen erfahren wie sich Heimat anfühlt.

Gleich zu Beginn des Theaterstücks diskutieren die drei, unter welchem Motto der Roadtrip stehen soll. Sibel und Faris sehen die Fahrt als eine Heimreise. Sie wollen aber typisch deutsche Dinge wie Schwarzbrot und den Fan-Schal des 1. FC Köln einpacken. Harun möchte einfach nur in den Urlaub. Er brauche nur eine Badehose und Sonnencreme. Die drei einigen sich schließlich auf Heimaturlaub.

Auf der Reise erzählt Sibel, die wie die anderen im Stück ihren echten Namen trägt, wie ihre Großeltern nach Deutschland kamen. Sie bringt dem Publikum ihre Gefühle und Gedanken vom Heimatgefühl in Köln und der Sehnsucht nach Istanbul nahe. Das Erzählte spielen Faris und Harun im Hintergrund nach. Sie beschreiben, wie es sich anfühlt, als „der Türke“ gesehen zu werden, ohne selber zu wissen, wer man eigentlich ist.

Schon die Musik im Auto, ob türkischer oder deutscher Sender, wird zur Identitätsfrage. Als Harun bemerkt, dass sie immer noch nicht losgefahren seien, begegnen ihm die andern zwei: „Dann stell’s dir einfach vor!“, Sie stellen sich eine Zollkontrolle an der deutschen Grenze vor, bei der der Zollbeamte die Frage nach der Identität zu klären versucht, und Sibel fühlt sich hilflos, als sie sich ausmalt, wie es ist, in Ungarn die Sprache nicht zu sprechen: „Es fühlt sich an, als ob jemand mir den Boden unter den Füßen wegzieht.“

Schüler stellen Schauspielern viele Fragen

Während des Stücks sitzen die etwa 200 Schüler mit ihren Lehrern gebannt auf ihren Stühlen. Sie lachen, als Sibel Kölner-Karnevalslieder zum besten gibt oder Faris in die Rolle eines Autoradios und Navigationssystems schlüpft. Eine Lehrerin sagte, so still habe sie ihre Schüler lange nicht mehr erlebt.

Die Möglichkeit, den Schauspielern nach der Vorstellung Fragen zu stellen, nehmen die Schüler super an und zeigen mit Komplimenten und vielen Fragen ihre Anerkennung.

Der Regisseur Manuel Moser hat mit seinem Team bei der Entwicklung des Stücks drei Monate Kinder und Jugendliche mit ausländischen Wurzeln befragt. Die dadurch gewonnenen Informationen und Zitate ergänzte Moser durch Erfahrungen der Schauspieler, die ihre eigenen Geschichten und kulturelle Zugehörigkeit mit verarbeiten. Taksi to Istanbul ist mittlerweile zwar schon fünf Jahre alt, Harun Ciftici ist aber der Meinung, dass das Thema um die Frage von Identität und Heimat im Verlauf der Jahre sogar noch aktueller wurde.