StartseiteRegionalRegion LindauLindauIslanders-Vorsitzender Wucher: „Bei der Kaderplanung hängt einiges in der Luft“

Kaderplanung

Islanders-Vorsitzender Wucher: „Bei der Kaderplanung hängt einiges in der Luft“

Lindau / Lesedauer: 6 min

Bernd Wucher, Vorsitzender des Eishockey-Oberligisten EV Lindau Islanders, über die Planungen für die neue Spielzeit
Veröffentlicht:05.04.2020, 14:42

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Die Saison in der Eishockey-Oberliga Süd wurde ebenso abrupt beendet wie die in der DEL und DEL2 . Dazu einigten sich die Oberligisten zuletzt auf einen Transferstopp. Was das alles für die EV Lindau Islanders bedeutet, hat der Vorsitzende Bernd Wucher im Interview mit Martin Deck erzählt.

Herr Wucher, wenn Sie dieser Oberliga-Saison eine Schulnote geben könnten, welche wäre das?

Ich möchte das eigentlich nicht in Schulnoten bewerten, sondern nach dem Erreichten. Wir hatten das Ziel vorgegeben, ein erfrischendes Eishockey mit einer der jüngsten Oberligamannschaften zu spielen und den Klassenerhalt so früh wie möglich klarzumachen. Das haben wir am 28. Dezember geschafft. Da muss ich sagen, wir sind zufrieden – wenn man auch in den letzten Spielen gemerkt hat, dass die Mannschaft keine wirkliche Gegenwehr mehr geleistet hat und das Selbstbewusstsein gefehlt hat. Das hat natürlich auch den Gesamteindruck etwas geschmälert. Aber uns war es wichtig, dass die vielen jungen Spieler ausreichend Eiszeit bekommen und sich weiterentwickeln.

Auch mit Blick auf die kommende Saison, weil die Mannschaft so zusammenbleiben soll?

Wir wollen nicht wieder so einen großen Wechsel im Kader haben wie in den letzten Jahren. Wir haben ja im November und Dezember gesehen, dass diese Mannschaft ein großes Potenzial hat. Und wenn wir da noch die richtigen Mosaikstücke hinzufügen, dann bin ich mir sicher, dass es im nächsten Jahr gleich von Anfang an in die richtige Richtung gehen wird. Natürlich hängt jetzt bei der Kaderplanung aufgrund Corona einiges in der Luft.

Dabei wird aber auch viel vom neuen Trainer abhängen.

Natürlich, der Trainer ist ein sehr wichtiger Teil des Teams. Wir haben ein Vorstandsteam mit großem Eishockeywissen, das die Richtung vorgibt. Dazu suchen wir jetzt einen Trainer, der ins System und in die Situation passt. Das bedeutet auch, dass akzeptiert wird, dass wir hier semiprofessionell aufgestellt sind. Wir wünschen uns auch auf dieser Position Kontinuität. Das zu bekommen, ist aber nicht einfach, da wir halt „nur“ der EV Lindau sind. Unser finanzieller Rahmen ist leider begrenzt.

Sie haben die finanziellen Beschränkungen des EV Lindau angesprochen. Weshalb sind andere Oberligaclubs da besser aufgestellt?

Hier muss ich widersprechen: Andere Vereine sind vielleicht vom Volumen besser aufgestellt, hier jedoch mit sehr viel mehr Risiko im Budget. Wir denken in Lindau als Gesamtverein, das heißt auch an die Jugend. Wenn ich sehe, wie viel Geld manche Vereine nur in die erste Mannschaft stecken, dann wird es mir ganz schwindelig. Wir sehen es ja jetzt in der Krise: Eigentlich sind einige Vereine aus meiner Sicht bereits insolvent, wenn in einer Saison zwei Play-off-Spiele wegen Corona ausfallen. Da stellt sich mir die Frage, wie diese Vereine planen. Wir haben es ja deutlich an Sonthofen gesehen: Ein Kader, der sicher 30 Prozent mehr Kosten verursacht hat als der des EV Lindau, um dann im Januar Insolvenz anzumelden, obwohl einige Spielergehälter länger ausständig waren. Hier denken wir als EVL anders und das ist derzeit gut so. Die Oberliga ist für mich eine Ausbildungsliga, das sehen leider viele Vereine in der Oberliga nicht so.

In dem Fall sehen Sie den Transferstopp, den der DEB während der Corona-Krise für die Oberliga verhängt hat, vermutlich positiv?

Ich war absoluter Befürworter dieser Aktion. Man kann es den Mitgliedern, Sponsoren und Gönnern nicht zumuten, Transfers zu tätigen, ohne dass man weiß, wie man das im September noch verantworten kann. Wenn ich sehe, wie zum Beispiel Selb Spieler abgeworben hat und mit Summen geworben hat, dann frage ich mich, ob die Corona-Krise Teile von Deutschland noch nicht erreicht hat? Wir als EVL haben einen Plan B in Arbeit und planen mit einem Worst-Case-Szenario. Da ist es uns auch egal, ob andere Vereine begriffen haben, was hier in dieser Welt gerade passiert. Wir sehen es auch als Chance, neue und unkonventionelle Wege zu gehen und wir freuen uns, dass unsere bisherigen Spieler Verständnis haben für die Situation und alle mit uns den dualen Weg mit Arbeit und Eishockey gehen wollen – das hat Zukunft!

Es bleibt aber festzuhalten, dass Sie ihr Ziel, in ganz Lindau und der Region eine Euphorie fürs Eishockey auszulösen, verfehlt haben. Die Zuschauerzahlen sind sogar leicht zurückgegangen.

Natürlich sind wir darüber enttäuscht, aber wir kennen auch die Gründe: Wir haben ein infrastrukturelles Problem, viele Parkplätze sind durch den Bau der Therme weggefallen. Das wird in der nächsten Saison besser, wenn der Stadtbus wohl direkt vor dem Stadion hält. Dann hatten wir das Problem mit dem Nebel, als ein Vorbereitungsspiel abgesagt wurde und zwei Saisonspiele kurz vor dem Abbruch standen. Auch da hat uns die Stadt eine Lüftungsanlage versprochen, sodass es in der nächsten Saison keine Probleme mehr geben sollte. Dazu kam natürlich, dass wir teilweise ein furchtbares und unattraktives Eishockey gespielt haben. Unsere Ziele aus dem Sommer waren dadurch schon im Oktober kaputt. Und in der Mitte der Saison gewinnt man die Zuschauer nicht mehr zurück.

Liegt das nicht auch am Modus? Dadurch, dass Lindau in der Saison sechsmal gegen Memmingen spielt, verliert doch selbst so ein Derby an Reiz.

Das ist auf jeden Fall ein Thema. Natürlich leiden die Derbys darunter, dass die Teams gefühlt alle zwei Wochen aufeinandertreffen. Aber aus finanzieller Sicht brauchen wir diese Doppelrunde. Und generell gilt: Wenn du nicht oben mitspielt, hast du Probleme, dein Stadion vollzubekommen. Das ist nicht nur in Lindau so. Es bleibt spannend, wie die Ligen nach Corona aussehen und welchen Modus wir dann spielen. Da hat der DEB sicher noch eine große Herausforderung vor sich.

Ist der Zuschauerandrang vielleicht auch deshalb so gering, weil es an Identifikationsfiguren fehlt?

Ich denke schon, dass wir Spieler haben, die seit Langem hier sind und mit denen sich die Fans identifizieren – die Farnys zum Beispiel, Florian Lüsch oder Simon Klingler, mit denen wir jetzt auch verlängert haben. Und es kommen auch ein paar Junioren hoch, die schon in der Jugend für den EV Lindau gespielt haben. Manchmal braucht so etwas ein bisschen Zeit, aber ich denke schon, dass wir Identifikationsfiguren die nächsten Jahre schaffen.

Dazu braucht es aber auch Erfolge. Welche Ziele verfolgt der EVL für die kommende Oberligasaison?

Nächstes Jahr sollte unter normalen Vorzeichen sportlich etwas on top kommen. Da wollen wir auch nach dem Dezember noch etwas Positives auf dem Eis und in der Tabelle sehen. Das Team ist im Schnitt nächstes Jahr voraussichtlich mindestens ein Jahr älter und muss dann auch sportlich mehr zeigen und Verantwortung übernehmen. Wir wollen auf das nächste Level. Aber wie gesagt, das alles unter normalen Umständen und mit finanziellem Bedacht, falls wir die Corona-Krise ligentechnisch und vereinstechnisch gut überleben.