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Es weht ein frischer Wind in der Feuerwehr

Lindau / Lesedauer: 5 min

2017 war für die Einsatzkräfte ein bewegtes Jahr – 22 Mitglieder für Engagement geehrt
Veröffentlicht:30.01.2018, 18:56

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Vor weniger als einem Jahr hat die Lindauer Feuerwehr Max Witzigmann zu ihrem Kommandanten gewählt. Viel Zeit, sich mit seinem neuen Posten anzufreunden, hatte er nicht. Denn die Einsätze kamen 2017 teilweise Schlag auf Schlag, wie Witzigmanns Rückschau bei der Hauptversammlung der Feuerwehr am Montagabend in Oberreitnau zeigte. Für den neuen Kommandanten und seinen Stellvertreter kein Problem. Sie haben ihre Mannschaft sicher geführt – und für jede Menge frischen Wind unter den Kameraden gesorgt.

„Wir sind jetzt bei Facebook“, erklärte Witzigmann stolz. Auf ihrer Seite veröffentliche die Feuerwehr nun alle Einsätze so schnell wie möglich. „Hoffentlich finden wir so Anklang bei den Jugendlichen.“ Denn wie viele andere Vereine hat auch die Feuerwehr Schwierigkeiten, Nachwuchs zu finden. Aus diesem Grund hatten die Mitglieder kurz vorher eine Änderung der Vereinssatzung beschlossen: Künftig dürfen Jugendliche bereits ab zwölf Jahren der Lindauer Feuerwehr beitreten.

Dass es sich hierbei allerdings um ein zeitaufwendiges Ehrenamt handelt, machte Witzigmann an ein paar Zahlen fest. Rund 300 Alarme sind im vergangenen Jahr bei der Lindauer Feuerwehr eingegangen, fast 5000 Stunden waren die Feuerwehrleute insgesamt im Einsatz. Zählt man die Übungsstunden dazu, dann kommt man auf das Doppelte. „Wir haben 20 Personen gerettet, drei tot geborgen, vier waren tot in ihrer Wohnung“, resümierte Witzigmann.

Frage nach der Gefahr kommt erst im Nachhinein

Darunter war zum Beispiel der 76-jährige Rentner, der im ehemaligen Bahnwärterhäuschen in Zech gewohnt hatte. Das Haus brannte Anfang März, die Lindauer Feuerwehr, damals noch unter Kommandant Robert Kainz, löschte es. Mittlerweile steht fest: Der Rentner wurde vor dem Brand getötet. „Hätte man das vorher gewusst, hätte man sich schon gefragt: ,War ich da selber in Gefahr?“, sagte Witzigmann. Nur wenige Tage später wurde die Polizei in die Heyderstraße gerufen. Dort hatte sich ein Mann auf der Flucht vor der Polizei in seiner Wohnung verschanzt. Die Gefahr bestand, dass er aus dem Fenster springt. „Da haben wir uns gefreut, als wir das Sprungpolster am Ende wieder abbauen konnten.“ Denn die Polizei hatte den Mann nach etwa einer Stunde festnehmen können.

Im August kam dann der Sturm. „An den erinnert sich wahrscheinlich jeder noch“, so Witzigmann. Am Abend war über Lindau ein kurzes, aber extrem heftige Gewitter gezogen. Mehrere Bäume kippten um, fielen teilweise auf Autos. Besonders bedrohlich war die Lage am Campingplatz Gitzenweiler Hof. Auch dort fielen einige Bäume um, landeten auf Wohnwagen. Lange stand im Raum, ob der Campingplatz evakuiert werden müsse. Am Ende ging alles glimpflich aus.

Kurz darauf sank ein Motorboot im Kleinen See, einen Monat später brannten innerhalb von drei Tagen auf der A 96 gleich zwei Autos. Nach einigen weiteren schweren Unfällen auf der B31 musste die Feuerwehr kurz vor Jahresende noch einmal zwei Tote bergen: Mitte Dezember kam eine Frau bei einem Brand Im Vogelsang ums Leben, einen Tag vor Heilig Abend starb der Verursacher eines Unfalls auf der B 31. Witzigmann und seine Kollegen mussten ihn aus dem Auto schneiden.

Die Arbeit der Feuerwehr ist oft gefährlich. Aus diesem Grundgibt es in Lindau nun eine „Auswahl von persönlichen Schutzmaßnahmen für Einsätze der Feuerwehr“. In sie fließt ein Teil des Geldes aus der Eberhard-Oesterle-Stiftung.

Doch die Feuerwehr investiert nicht nur in Ausrüstung, sondern auch in die Ausbildung ihrer Mitglieder: Neben einem Workshop zur Befreiung von Personen aus einem Auto, den die Lindauer mit den Kollegen aus Lochau veranstaltet hatten, gab es im vergenenen Jahr Feuerwehrfitness und einen Workshop zur Amok- und Terrorlage. Mit Chris Reifges hat die Feuerwehr nun außerdem einen Sicherheitsassistenten. Doch Wtizigmann erinnerte auch daran, dass die Gefahren für die Feuerwehrleute heutzutage längst nicht mehr nur während Einsätzen präsent sind. „Ich wünsche mir für die Zukunft, dass Rettungskräfte vor Gewalt verschont bleiben.“

Oberbürgermeister Gerhard Ecker lobte in seinem Grußwort den Führungsstil von Witzigmann und seinem Stellvertreter Florian Kainz. „Sie holen die Meinung der Kameraden ein, das ist gut“, sagte er. Thomas Steur, Vizechef der Lindauer Polizeiinspektion, dankte den Ehrenamtlern für ihre Arbeit, bei der sie oft die Polizei unterstützen.

Man müsse möglichst alles tun, um neue Mitglieder zu akquirieren, sagte Kreisbrandrat Friedhold Schneider und fragte: „Wer von der Stadtverwaltung ist in der Feuerwehr?“ Und der stellvertretende Landrat Johann Zeh verwies darauf, dass auch die am besten ausgestattete Feuerwehr nichts nütze, wenn sie keine engagierten Mitglieder habe.

Kommandanten verstehen sich gut

Dass Max Witzigmann mit seinen Feuerwehrleuten zufrieden ist, das wurde am Montagabend deutlich. Und, dass er sich auf seinen Stellvertreter Florian Kainz voll und ganz verlassen kann. Ihm dankte er ganz besonders für die Zusammenarbeit im vergangenen Jahr: Mit einem Stift, einem Buch und einem Phasenmesser – drei Utensilien, die dessen Vorgänger Gerhard Birk offenbar immer bei sich hatte. Damit es bei Kainz mindestens genau so gut läuft, war die Ausrüstung komplett in Gold.