Auto

Er war neun Mal da

Lindau / Lesedauer: 4 min

Adolf Hitlers Aufenthalte in Lindau
Veröffentlicht:02.11.2015, 17:39

Artikel teilen:

Der Film „Er ist wieder da“ läuft seit Donnerstag auch im Lindauer Kino. In dem Film geht es um Adolf Hitler, der sich 69 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs mitten in Berlin wiederfindet. Im wahren Leben war Hitler neun Mal in Lindau .

Zum ersten Mal kam Adolf Hitler (1889–1945) im Sommer 1923 nach Lindau, und zwar im Rahmen eines Besuchs bei seinem Kameraden Fritz Strauß aus dem Ersten Weltkrieg, den er im Jahr zuvor bei einem Treffen ehemaliger Regimentsangehöriger in München wiedergesehen hatte. Der Handlungsgehilfe Fritz „Bums“ Strauß (1890–1965) aus Epersheim war nach dem Krieg (1914-1918) seiner dorthin verheirateten Schwester folgend nach Lindau gezogen, trat der im Februar 1922 gegründeten Lindauer Ortsgruppe der NSDAP bei, war kurzzeitig deren Vorsitzender und wurde in deren uniformierter Schlägertruppe SA (Sturmabteilung) Obertruppführer.

Erster Besuch im Jahr 1923

Der österreichische Postkartenmaler Adolf Hitler mit Heimatschein der Stadt Linz war 1919 in der Münchner Propaganda- und Spitzelabteilung der Reichswehr angestellt worden, trat im September 1919 der acht Monate zuvor gegründeten demokratiefeindlichen „Deutschen Arbeiterpartei“ DAP bei, welche sich im Februar 1920 in „Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei“ NSDAP umbenannte und wurde als deren bisher erfolgreichster Werbeobmann durch ein Erpressungsmanöver am 29. Juli 1921 ihr Vorsitzender und „Führer“.

Deren „ewiges“ 25-Punkte-Parteiprogramm forderte antidemokratisch und imperialistisch unter anderem „Land und Boden (Kolonien)“ und „Kein Jude kann Volksgenosse sein“.

Bei seinem ersten Lindaubesuch 1923 begleiteten Hitler rund ein halbes Jahr vor dem erfolglosen Münchner Hitler-Ludendorf-Putsch vom 9. November 1923 der Schlosser und inzwischen entmachtete frühere NSDAP-Vorsitzende Anton Drexler, der Chefredakteur der NSDAP-Tageszeitung „Völkischer Beobachter“ Hermann Esser und ein „adeliger Herr“. Im September 1923 stand die organisatorische Zusammenarbeit der NSDAP mit den anderen völkisch-militanten Verbänden in Deutschland in Form des „Deutschen Kampfundes“ unter Hitlers Führung an.

Nach der Niederschlagung des Putsches wurden die NSDAP samt ihrer Nebenorganisationen verboten, die Hauptverantwortlichen im Februar 1924 vor Gericht gestellt und am 1. Mai 1924 verurteilt, darunter Adolf Hitler zu fünf Jahren Festungshaft in Landsberg sowie 200 Goldmark. Dank einer großteils selbst nationalistisch und völkisch eingestellten bayerischen Justiz wurde er jedoch nach 13 Monaten und sieben Tagen wieder entlassen. Im Februar 1925 konnte er die NSDAP als Partei erneut gründen.

In Lindau war Hitler 1925 persönlich in der Wohnung von Fritz Strauß zur Wiedergründung der NSDAP-Ortsgruppe anwesend. Das deutschnationale Lindauer Tagblatt meldete am 12. Mai 1925: „Wie wir erfahren, hatte der Führer der bekannten Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei, Adolf Hitler, hier eine Besprechung. Er traf am Sonntag hier ein und fuhr heute vormittag im Auto wieder weiter.“

Dabei wurde der Chauffeur seines teuren Mercedes in einen Unfall vor Lindaus „Bayerischem Hof“ verwickelt. Der „Führer“ selbst hatte keinen Führerschein.

Der am Unfall beteiligte Schriftsteller Norbert Jacques erinnerte sich später daran: „Einem dort vorgefahrenen hünenhaften Mercedes Kompressor riss ich einen Kotflügel weg. Man war auf der anderen Seite entrüstet über die Entstellung des Wagens, der seine erste Fahrt hinter sich habe, nahm mit Lärm und Einspruch meine Nummer, Namen und Adresse – und ließ nichts mehr von sich hören. Denn in dem Wagen war gerade Hitler von seinem jüdischen Freund, dem Klavierfabrikanten B., zur Erholung von Landsberg in der Schweiz herumgefahren worden…“.

Mit B. war wohl Edwin Bechstein gemeint, ein früher Förderer der NSDAP, weitere Spender fanden sich auch in der Schweizer Oberschicht.

Gegner protestieren

Am 29. Juli 1932 traf Hitler von einer Wahlversammlung in Radolfzell und einem Aufenthalt in Friedrichshafen kommend mit drei großen Autos erneut in Lindau ein, um im Bayerischen Hof zu übernachten. Vor seiner Weiterfahrt nach Kaufbeuren trat er um 12 Uhr zusammen mit Lindaus Oberbürgermeister Ludwig Siebert (1874–1942), welcher zum Jahresanfang 1931 selbst in die NSDAP eingetreten war, vor das Hotel, wo ihn allerdings nicht nur begeisterte Lindauer Anhänger, sondern auch politische Gegner aus den Arbeiterparteien lautstark erwarteten.

Insgesamt sieben Mal übernachtete Hitler privat bei dem aus der Gegend von Bonn 1927 nach Lindau gezogenen Landwirt und NSDAP-Mitglied Josef Kehle auf dem „Klosterhof“ im Stadtteil Aeschach. Am 30. Januar 1933 ernannte Reichspräsident Paul von Hindenburg auf Drängen von Vertretern der Industrie, des Bankwesens und der Großagrarier Adolf Hitler zum Deutschen Reichskanzler.

In Bregenz wird am Samstag, 14. November, um 10.30 Uhr auf dem Sparkassenplatz das Deserteur- und Widerstandsdenkmal der Stadt eingeweiht. Im Stadtmuseum Kaufbeuren ist noch bis 31. Januar die Ausstellung „Euthanasie im Nationalsozialismus“ zu sehen.