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Blumenkübel

„Die Stadt hat das Schlössle vergammeln lassen“

Lindau / Lesedauer: 4 min

Nach fünf Monaten Leerstand am Hoyerberg will die Verwaltung jetzt mit der Ausschreibung starten
Veröffentlicht:28.05.2013, 15:05

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Zerschlagene Blumenkübel, Unkraut, das zwischen den Steinplatten auf Lindaus schönster Sonnenterrasse wuchert, zerschlissenes Mobiliar, trostlose Tristesse: Am Hoyerberg-Schlössle – einst das bauliche und kulinarische Glanzlicht am Bodensee – nagt der Zerfall.

Knapp fünf Monate sind vergangen, seit die ehemaligen Pächter das Handtuch geworfen haben. Küchenchef Peter Eckmaier ist heute Herr über den Herd im Posthotel Weiler. Harald Marschall leitet inzwischen den Service im renommierten Waldhorn in Ravensburg. „Insofern muss man sich um uns keine Sorgen machen“, erklärt Eckmaier im Gespräch mit der Lindauer Zeitung.

Dennoch kann sich der Koch tiefe Seufzer nicht verkneifen. Und wenn er an die Stadt Lindau als Verpächter der exponierten Immobilie auf einem der Logenplätze am gesamten Bodensee denkt, steigt ihn ihm die Wut hoch: „Die Stadt hat das Hoyerberg-Schlössle vergammeln lassen. Systematisch“, schimpft Eckmaier.

Der Grund, warum die beiden Pächter am Ende des vergangenen Jahres aufgehört haben, liege allein an der „Hinhaltetaktik“ der Stadt. „Lindau hat 15 Jahre lang keinen Cent ins Hoyberberg-Schlössle investiert. Wir haben jeden Monat inklusive Nebenkosten 5000 Euro Pacht bezahlt. Da verleidet es einem irgendwann, wenn das Haus trotzdem verfällt“, klagt Eckmaier. Die Stadt habe stets Versprechungen gemacht – passiert sei überhaupt nichts. Anstatt wie jeder vernünftige Immobilienbesitzer von den Einnahmen etwas für Investitionen zurückzulegen, habe die Stadt das Geld aus der Pacht komplett in den Haushalt fließen lassen.

Bei der Lindauer Stadtverwaltung ist Wolfgang Natterer für die Liegenschaft Hoyerberg-Schlössle zuständig. Der sagt: „Kurz vor Jahresende haben die Pächter überraschend mitgeteilt, dass sie den Vertrag nicht verlängern wollen.“ Gründe dafür hätten Eckmaier und Marschall nicht genannt. Man habe aber auch nicht weiter danach gefragt. Der Finanzausschuss habe die Verwaltung jetzt beauftragt, eine Ausschreibung für das Gebäude zu erarbeiteten. Ob diese noch im Juni fertig werde, könne Natterer nicht sagen. Die Saison 2013 dürfte am Hoyerberg aber gelaufen sein – zumal auch die Stadt zugibt, dass beim Gebäude Investitionsbedarf vorhanden ist.

„Die Stadt stellt sich einen Pächter vor, der sich bei nötigen Investitionen auch selbst einbringt“, sagt Natterer. Wie konkret und in welchem Umfang, sei im Augenblick aber noch unklar. Bislang haben – auch ohne Ausschreibung – „etwa zehn“ Interessenten das Objekt besichtigt. „Da war die ganze Bandbreite der Gastronomie dabei“, erklärt Natterer. Sowohl Interessenten aus dem Feinschmecker-Milieu, als auch Gastronomen mit weniger hochklassigen Ansprüchen. Wie sich die Interessenten über das Schlössle in seinem heutigen Zustand geäußert haben, dazu sagt Natterer nichts.

Fakt sei aber, dass auf dem Hoyerberg nicht alles möglich sei – ein Betrieb, der die Massen anziehe, sei schwierig zu etablieren, allein schon weil ausreichende Parkmöglichkeiten fehlten. Potenzial für neue Parkplätze gebe es auch nicht. Die Stadt würde es begrüßen, wieder einen Vertreter der „gehobenen Gastronomie“ als Partner zu gewinnen, wobei nicht genau definiert sei, was denn „gehoben“ genau bedeutet.

Peter Eckmaier indes kann nicht glauben, dass sich unter den jetzt gegebenen Umständen ein vernünftiger Betreiber finden lässt: „Wir hatten zuletzt immer nur kurzfristige Pachtverträge, die jeweils nur ein Jahr lang liefen. Kein Pächter investiert viel Geld, wenn er nicht langfristig sicher sein kann, wieder gekündigt zu werden“, erklärt Eckmaier. Er und Marschall hätten durchaus Bereitschaft gezeigt, Geld in die Hand zunehmen. Doch die Stadt habe einen Vertrag mit längerer Laufzeit abgelehnt. „Wir hatten schon einen neuen Boden für das Restaurant ausgewählt und auch schon neue Lounge-Möbel ausgesucht.“

Ob das Hoyerberg-Schlössle in alter Besetzung langfristig erfolgreich hätte arbeiten können, bezweifeln ehemalige Gäste. In den vergangenen Jahren habe die Qualität geschwankt, die Glanzzeiten seien schon vorbei gewesen. In der Tat zeichneten renommierte Gastronomieführer in den vergangenen Jahren ein uneinheitliches Bild vom Restaurant – allerdings mit zuletzt positiver Tendenz. Der Gault Millau attestierte dem Haus in der Ausgabe 2013 noch eine „sehr gute Küche“. Mit 14 von 20 möglichen Punkten rangierte das Hoyerberg-Schlössle nur knapp hinter Schachener Hof und Villino. „Alle Zeichen standen wieder auf grün“, sagt Peter Eckmaier. „Wir waren 25 Jahre da oben. Das Schlössle war unser Baby.“