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Missbrauch

Behinderte Kinder sollen besser geschützt werden

Lindau / Lesedauer: 3 min

Kreisrätin Ulrike Lorenz-Meyer (Bunte) stellt Antrag auf zusätzliche Begleitperson im Schulbus
Veröffentlicht:02.10.2015, 10:48

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Es ist ein Tabuthema: Sexueller Missbrauch von Schülerinnen mit Behinderung durch Busfahrer. Mindestens zwei Fälle sind in den vergangenen drei Jahren nach Informationen von Hermann Jehnes , Vorsitzender des Weißen Rings in Lindau, im Landkreis bekannt geworden. Wie hoch die Dunkelziffer ist, kann nicht einmal vermutet werden. Die Kreisrätin der Bunten Liste/Grüne, Ulrike Lorenz-Meyer unternimmt jetzt einen Vorstoß, mögliche Opfer besser zu schützen.

Sie fordert eine ständige Schulwegbegleitung für die Schülerinnen und Schüler der Sankt-Martin-Schule. Für den Antrag hat sie bereits Unterstützung aus allen anderen Kreistagsfraktionen bekommen. So haben nach ihren Angaben Karl Schober ( CSU ), die stellvertretende Landrätin Barbara Krämer-Kubas (SPD), Xaver Fichtl (ÖDP), Kreisrätin Petra Seidl (FB) und Jürgen Müller (FW) den Antrag mitunterzeichnet.

Auslöser war der Fall einer Schülerin der Sankt-Martin-Schule. Diese Förderschule wird von Kindern und Jugendlichen besucht, die erhebliche Einschränkungen haben. Ein Busfahrer hatte genutzt, dass das Mädchen allein im Bus saß und sich ihr sexuell genähert. „Die Eltern sind nun an uns heran getreten mit der Bitte um die Einrichtung einer ständigen weiteren Begleitperson auf dem Schulweg“, teilt Lorenz-Meyer, die auch Behindertenbeauftragte der Stadt Lindau ist, mit.

„Es geht um mehr Sicherheit für die Schutzlosesten in unserer Gesellschaft“, begründet sie ihren Vorstoß. Es sei bekannt, dass Menschen mit geistiger Behinderung oft als die „idealen" Opfer für sexuellen Missbrauch angesehen werden. „Auch die Tatsache, dass diese Menschen teilweise gar nicht in der Lage sind, über Geschehenes zu berichten und selbst wenn dies der Fall ist, diese Aussagen vor Gericht meistens nicht anerkannt werden, erleichtert es einem Täter, seine Neigungen auszuleben. Auch der Gesetzgeber hat reagiert und den sexuellen Missbrauch widerstandsunfähiger Personen gesondert festgelegt“, fügt sie an.

Erst letztens sei wieder ein Fall aus Norddeutschland bekannt geworden, als ein über 60-jähriger Busfahrer nachweislich mindestens sechs geistig behinderte Schülerinnen im Bus sexuell missbraucht hat. Er gab als Grund für seine Taten - neben seiner Neigung - an, dass es so leicht war.

Opfer sind in Gerichtsverfahren oft überfordert

Jehnes bestätigt Lorenz-Meyers Einschätzung. „In Gerichtsverfahren sind die Opfer dann meist vollkommen überfordert, können oft auch gar nicht ausdrücken, was ihnen passiert ist.“

Laut Lorenz-Meyer habe das Landratsamt eine ständige Schulwegbegleitung unter anderem damit begründet, dass man nicht alle Busfahrer unter Generalverdacht stellen könne. Dem widerspricht Jehnes: „Im Zweifelsfall könnte eine zusätzliche Begleitperson ja auch entlastend sein. Lorenz-Meyer ist auch der Meinung, dass das Schutzbedürfnis der Kinder und Jugendlichen höher eingestuft werden müsse, das Risiko, ein Busfahrer könnte sich beobachtet vorkommen.

„Die betroffenen Kinder und Jugendlichen sind oft unruhig, schreien, schnallen sich ab, manche leiden unter Krampfanfällen. Neben dem Schutz vor sexuellen Übergriffen ist eine Begleitperson auch für eine sichere Beförderung in verkehrsrechtlicher Hinsicht notwendig. So kommt es bei der Beförderung geistig behinderter Schüler erfahrungsgemäß immer wieder zu Situationen, in der Begleitpersonen nötig sind beziehungsweise nötig gewesen wären. Der Busfahrer darf hier nicht eingreifen, was er aber zwangsläufig müsste, wenn keine Begleitperson im Bus ist“, gibt sie zu bedenken.

Die Pressesprecherin des Landkreises Sibylle Ehreiser teilte auf Nachfrage mit, dass der Antrag geprüft werde. Über mögliche Kosten für das zusätzliche Begleitpersonal könne sie aber noch nichts sagen. Da gebe es noch keine Berechnungen. Diese sollen aber vorliegen, wenn am 26. Oktober der Ausschuss für Wirtschafts- und Regionalentwicklung vorliegt.