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Kriminalfall

Aufwändige Kriminalfälle bündeln Kräfte der Kripo

Lindau / Lesedauer: 4 min

Wegen der Soko Eichwald können die Beamten 2017 weniger Fälle bearbeiten
Veröffentlicht:11.05.2018, 20:01

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Das vergangene Jahr ist für die Lindauer Kriminalpolizei ein anstrengendes gewesen: Die Beamten ermittelten im Tötungsdelikt in Weißensberg, im Fall des sogenannten Postkartenräubers und gingen gegen Enkeltrickbetrüger und falsche Polizeibeamten vor. Ganz besonders viele Kräfte gebündelt hat das Tötungsdelikt in Zech Anfang März.

So etwas wie die Soko Eichwald hat es in Lindau noch nie gegeben, zumindest nicht, seit ich hier bin“

sagt Kripo-Chef Kurt Kraus . Und immerhin ist er schon seit gut 35 Jahren bei der Lindauer Kriminalpolizei. Doch das Tötungsdelikt im alten Bahnwärterhäuschen in Zech sei eben schon ein „spektakuläres Verbrechen“ gewesen.

Im März vergangenen Jahres war das ehemalige Bahnwärterhäuschen plötzlich in Flammen aufgegangen. Darin befand sich der leblose Körper des 76-jährigen Bewohners. Kurze Zeit später stellte sich heraus, dass der Mann bereits vor dem Brand getötet wurde. Bald darauf nahm die Polizei einen 47-jährigen Slowaken fest, der zur Tatzeit am Haus gesehen wurde.

„Aber die Polizisten hatten kein gutes Gefühl dabei“, sagt Kraus heute. Zwar habe es objektive Kriterien für die Festnahme des Verdächtigen gegeben. „Aber wir haben uns entschlossen, kein Ei drüber zu hauen und weiter zu ermitteln.“ Die Sonderkommission war damals nötig geworden, weil es in dem komplett ausgebrannten Haus jede Menge Spuren gab, die ausgewertet werden mussten.

Das Gefühl der Beamten war richtig, denn es stellte sich heraus, dass der Slowake nichts mit der Tötung und der Brandlegung zu tun hatte. Mittlerweile sind zwei Männer in Haft, die zu einer rumänischen Bettlerbande gehören. „Aber es waren wahrscheinlich mehr als zwei“, sagt Kraus.

Die Staatsanwaltschaft Kempten klagt den 36-jährigen Hauptverdächtigen des Mordes an. Daneben wirft sie ihm besonders schwere Brandstiftung sowie versuchten schweren Bandendiebstahl vor. Der zweite Tatverdächtige, ein 26-Jähriger, der wahrscheinlich das Fluchtauto gefahren hat, ist wegen versuchten schweren Bandendiebstahls angeklagt. Die Verhandlung vor dem Kemptener Landgericht beginnt im Juli.

Monatelange Ermittlungim Drogenmilieu

Ausnahmslos jeder Lindauer Kriminalpolizist war Teil der Soko Eichwald, zu der zusätzlich Beamte aus Kempten gehörten. „Wir haben zusätzlich nur noch die Fälle übernommen, bei denen die Kripo nötig war“, erklärt Kraus. Das schlägt sich in der Jahresstatistik nieder : Mit 300 Fällen haben die Polizisten mehr als 40 Prozent weniger Fälle bearbeitet, als noch 2016. Dazu gehörte das Tötungsdelikt in Wildberg im Juni vergangenen Jahres, sowie mehr als 50 Falschgelddelikte und ein großer Rauschgiftfall aus dem oberen Landkreis.

Einige Monate ermittelten die Beamten gegen einen 30-jährigen Mann aus Lindenberg, der im Verdacht stand, mit Drogen zu dealen. Schließlich observierten die Beamten eine „Beschaffungsfahrt“ von mehreren Personen nach Straßburg. Die Täter reisten dann in zwei getrennten Fahrzeugen, darunter einem französischen Taxi, nach Deutschland zurück. Polizisten hielten das Taxi am frühen Morgen des 6. März im Bereich Sigmarszell an und kontrollierten es. In dem Fahrzeug waren mehr als vier Kilo Marihuana. Bei der Durchsuchung einer Wohnung fand die Polizei schließlich noch 1,4 Kilo Amphetamin.

Inzwischen wurden zwei Täter zu Freiheitsstrafen von viereinhalb und sechseinhalb Jahren verurteilt. Vier weitere Beteiligte kamen mit Bewährungsstrafen davon. Insgesamt hat die Kriminalpolizei der Staatsanwaltschaft Kempten im vergangenen Jahr 79 Rauschgiftdelikte vorgelegt. Das waren nur etwa halb so viele, wie im Vorjahr.

Im Herbst vergangenen Jahres endete eine Verfolgungsjagd, die die Lindauer Kriminalpolizei, aber auch die Kollegen der Polizeiinspektionen Lindau und Lindenberg, die Schleierfahnder, die Kemptener Polizei und das Landeskriminalamt in Bregenz bereits seit Mitte 2016 beschäftigt hatte. Der so genannte Postkartenräuber wurde geschnappt. Der 54-jährige Mann wurde festgenommen, als er eine Bankfiliale in Heimenkirch überfallen wollte.

Dabei geholfen hatte ein Bankkunde, der dem Räuber seine Waffe abnahm und ihn in der Bank festhielt. Später stellte sich heraus, dass der Postkartenräuber lediglich eine Spielzeugpistole dabei hatte. Er hatte seit 2008 mehr als ein Dutzend Überfälle geplant und durchgeführt. Inzwischen hat der Mann die Taten gestanden und wartet im Gefängnis in Feldkrich auf seinen Prozess.

Lindau ist noch immer ein sicherer Landkreis

Neben all diesen spektakulären Fällen musste die Lindauer Kripo im vergangenen Jahr mit einem Phänomen kämpfen, das Kripo-Chef Kraus besonders ärgert: Enkeltrickbetrüger und falsche Polizeibeamte. „Wir haben fast jeden zweiten Tag einen Fall von einem falschen Polizeibeamten“, sagt Kraus. Dieses Phänomen geben sich Betrüger als Polizisten aus, warnen zum Beispiel vor bevorstehenden Einbrüchen und bieten an, Wertsachen in Verwahrung zu nehmen.

„Es ist das Schlimmste, was uns passieren kann.“ Denn mittlerweile gebe es schon Menschen, die an der Echtheit der wirklichen Kripo-Beamten zweifelten. „Wenn das Grundvertrauen in die Polizei gestört ist, dann ist das schrecklich“, sagt Kraus. Trotzdem wollen er und seine Kollegen auch in Zukunft dazu beitragen, dass der Landkreis Lindau zu den sichersten Regionen Bayerns zählt. Und das tue er – trotz der großen Fälle im vergangenen Jahr.