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American Dornier Machinery Corporation wird 40 Jahre alt

Lindau / Lesedauer: 4 min

Seit vier Jahrzehnten beliefert das Unternehmen die Textil- und Kunststoffindustrie – Ein Blick zurück von den Anfängen bis heute
Veröffentlicht:18.05.2018, 14:39

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Mehr als 240 Kunden, fast 8500 ausgelieferte Webmaschinen, ein globalisierungsbedingter Strukturwandel und eine weltweite Wirtschaftskrise mit Epizentrum in den USA – die 40-jährige Geschichte der American Dornier Machinery Corporation (AmDO) kennt Höhen und Tiefen. Und sie beginnt, wie so viele amerikanische Unternehmensgeschichten, in einer kleinen Straße. Deren Name könnte symbolträchtiger nicht sein.

„Wir waren zu neunt, als wir 1978 in die 900 Quadratmeter an der Performance Road in Charlotte, North Carolina, zogen“, erinnert sich Hans Geiger. Er hat die Geschicke des US-Ablegers der Lindauer Dornier GmbH 23 Jahre lang als Präsident gelenkt. Natürlich seien Webmaschinen vom Bodensee in den USA schon zuvor im Einsatz gewesen. „Lokale Weber, darunter Textilmagnaten wie der legendäre Roger Milliken, haben auf unseren Maschinen Bekleidung, Möbel- und technische Gewebe hergestellt.“ Doch zu einem Hauptlieferanten für den nord- und südamerikanischen Raum sei man erst mit der Gründung der American Dornier avanciert. Seitdem nehmen AmDO-Mitarbeiter die in Lindau hergestellten Maschinen in ganz Amerika in Betrieb, bauen sie um, optimieren sie. Außerdem erhalten Kunden von Kanada bis nach Argentinien von Charlotte aus ihre Ersatzteile.

Als in den 80er-Jahren die Herstellung von Folie für Nahrungsmittel, Videokassetten – genauer: deren Magnetband – und fotografischem Film boomt, liefert Dornier Dutzende Produktionsanlagen über den Atlantik. Für diese Folienreckanlagen sichert die AmDO seitdem die regelmäßige Wartung der bis zu 2600 Rollenkluppen, die die Folie durch die bis zu 150 Meter langen Maschinengiganten befördern.

Das Amerika-Geschäft floriert: 1984 und erneut 1998 wird die AmDO modernisiert und vergrößert – mechanische und elektronische Werkstätten werden eingerichtet, ebenso Schulungsflächen für Kunden und ein Demonstrationsraum für Webversuche. Doch Ende der 90er-Jahre gerät die US-Textilindustrie in den Sog der Globalisierung. Auf breiter Front wandert die Herstellung von Bekleidung und Heimtextilien gen Asien ab. Es ist der Beginn eines Existenzkampfes für die Textilhersteller – unter ihnen viele Weber, also Kunden von Dornier. „In den klassischen Textilstaaten der USA kennt fast jeder jemanden, der einen Job in der Textilbranche verloren hat“, sagt Peter Brust , der 2001 das Steuer bei der American Dornier übernimmt. Es sei, erinnert sich der AmDO-Geschäftsführer, ein herausfordernder Start gewesen.

Keine Neuinvestitionen mehr

Für die Tochterfirma des Traditionsmaschinenbauers folgen schwierige Jahre im Kielwasser einer geschwächten US-Textilindustrie. Um die Umsatzrückgänge zu kompensieren, übernimmt die AmDO, deren Schwerpunkte in Service und Vertrieb liegen, im Jahr 2004 die Betreuung des gesamten amerikanischen Kontinents. Hoffnung vermitteln auch technische Gewebe aus Carbon, Glas und Aramid, für deren Verarbeitung Webmaschinen von Dornier wegen ihrer technologischen Qualität zunehmend nachgefragt werden. 2008 trifft die globale Wirtschaftskrise die Textilindustrie mit voller Wucht. „Neuinvestitionen gingen gegen Null“, sagt Brust, der alle Hände voll zu tun hat, die AmDO-Mitarbeiter in Lohn und Brot zu halten. „Viele Unternehmen mussten Personal entlassen, auch viele Textilmaschinenbauer aus Europa.“ DORNIER hält die Mannschaft an Bord. „Arbeitsplatzsicherung hat Priorität“, sagt Brust. Nur so könne man schnelle Reaktionszeiten, erstklassigen Service und ständige Verfügbarkeit gewährleisten. Es ist ein Grundsatz des Familienunternehmens, etabliert von Firmengründer Peter Dornier.

Heute hat man auch andere Sorgen: „Der Nachwuchsmangel ist derzeit ein großes Problem; wir finden schlicht keine Leute“, sagt Brust. Dabei sei Charlotte eine Boomtown, allerdings eher für Banken, Versicherungen und Dienstleister. Kaum jemand interessiere sich indes für eine Branche, der der Ruf einer „toten Industrie von gestern“ anhänge, die „wenig innovativ“ sei. Zu Unrecht: Seit etwa 2014 steigt die Nachfrage in den USA wieder an. Inzwischen, so schätzt Brust, werden auf etwa 80 Prozent der Dornier-Webmaschinen technische Gewebe wie Filter, hochwertige Möbelstoffe und Reifencord hergestellt. Die altehrwürdige Technik des Webens ist längst in der Zukunft angekommen.

Nur: Wie überzeugt man davon den Nachwuchs? „Duale Ausbildung wie in Deutschland gibt es hier nicht flächendeckend“, sagt Brust, der solch ein „Apprenticeship“ nun kurzerhand mit einem lokalen Community College selbst auf die Beine stellen will, um Technikernachwuchs zu gewinnen und auszubilden. Auch die Mutterfirma aus Lindau hilft dabei, die Voraussetzungen für eine Facharbeiterausbildung am Standort Charlotte zu schaffen. Und so sagt Brust: „Mir ist nicht bange um die Zukunft.“